«Wir sind jetzt zehn Monate ohne Einnahmen»

  25.08.2020 Etzgen, Gewerbe

Etzger Schaustellerfamilie bangt um Existenz

Corona und der damit verbundene Lockdown haben die Schaustellerund Eventbranche stark getroffen. Roger und Sandra Hauri aus Etzgen blicken wenig optimistisch in die Zukunft.

Bernadette Zaniolo

«Wir haben keine Ahnung, wie es weitergeht», sagen Roger und Sandra Hauri von Hauri-Chilbi aus Etzgen (Gemeinde Mettauertal) im Gespräch mit der NFZ. «Jetzt sind wir zehn Monate ohne Einnahmen. Das tut weh», so die beiden. Sie sind mit ihrem Karussell und dem Büchsenwagen pro Jahr an 25 bis 30 Plätzen (wie etwa auch der Olma) im Einsatz; das letzte Mal war am Weihnachtsmarkt 2019 in Laufenburg. Ihre diesjährige Saison hätte offiziell am 1. März mit der Fasnacht in Brugg begonnen. Doch Anlässe mit über 1000 Personen waren da schon nicht mehr möglich. Und dann kam der Lockdown.

Als «tragisch» bezeichnet Roger Hauri diesen. Nicht nur für Hauri-Chilbi, sondern für die ganze Schausteller-Branche. Und das sind in der Schweiz rund 350 Unternehmen, notabene Familien-Unternehmen. «Was, wenn wir uns anders organisieren müssen», stellt Sandra Hauri eine Frage in den Raum und spricht ein Kulturgut an, das vielleicht plötzlich nicht mehr da ist. Auch Gedanken, ob sie es sich noch leisten können, «unser Kind in den Musikunterricht zu schicken», beschäftigen die zweifache Mutter.

Obwohl sie die Unterstützung in der Schweiz schätzen, stellen sie klar: «Die SVA-Beiträge reichen nicht aus, um die Lagerkosten zu decken.» Der Covid-Kredit sei bald aufgebraucht. So wie die anderen Chilbi- und Marktfahrer hoffen auch Hauris, dass sie vom Staat einen Beitrag à Fonds perdu erhalten. Bis in 14 Tagen sollten sie darauf eine Antwort erhalten.

Zum Glück haben der 54-jährige Roger und seine Frau Sandra Hauri (39) jedoch noch einen Nebenjob. Roger Hauri hat schon vor dem Lockdown einen 40-Prozent-Job in der Versicherungsbranche übernommen. «Das ist eine ideale Ergänzung zur Überbrückung der Wintermonate», sagt der Familienvater und Präsident des Gewerbevereins GMS (Gansingen-Mettauertal-Schwaderloch). Seine Frau ist selbständig in der Kosmetikbranche. Doch auch diese war vom Lockdown betroffen und «jetzt haben mir die Sommerkunden gefehlt», verrät Sandra Hauri. Denn wenn diese nicht in die Ferien an den Strand gehen, kämen sie auch nicht in die Kosmetik.

Hauris blicken skeptisch in die Zukunft. «Wir müssen jeweils zwei bis drei Jahre im Voraus planen», so Roger und Sandra Hauri. Die Anlässe im Frühjahr seien eh schon dünn gesät. Und wenn an zwei von vier Wochenenden schlechtes Wetter sei, «dann können wir knapp die Kosten decken», verrät Roger Hauri. Einige Anlässe wurden wegen planerischer Unsicherheiten auch bereits von den Veranstaltern abgesagt. Wenn dann mal noch ein Anlass auf der Agenda bleibe, so sei die Zahl der Mitbewerber aus der Schaustellerbranche für einen Platz grösser geworden.

Nachbarn zeigen, dass es möglich ist
Deshalb erhoffen sich – nicht nur Hauris – vom Bundesrat klare Fakten, wie es weitergehen soll. Damit man weiss, ob beispielsweise Weihnachtsmärkte und Fasnachtsanlässe durchgeführt werden können. «Andere Länder zeigen, dass es möglich ist», sagt Sandra Hauri. Sie spricht damit insbesondere den seit längerem geöffneten Europapark an. Dennoch wollen Hauris nicht jammern. Jedoch: «Wir müssen lernen, mit dem Virus umzugehen und ein Stück weit Normalität herbeiführen», sagt Sandra Hauri, die zusammen mit ihrem Mann die elfte Chilbi-Saison «bestreitet». Und sie betont: «Früher oder später ist jeder von der Pandemie betroffen.» So lebt auch der Metzger, der Bäcker, der «Stromer» oder das Security-Unternehmen ein Stück weit von der Chilbi. «Es ist also ein Rattenschwanz», unterstreichen Sandra und Roger Hauri. Sie freuen sich auf die viertägige Chilbi – vom 17. bis 20. September – in Aarau und über Anfragen für private Anlässe.


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