«Immer etwas zwischen Stuhl und Bank»

  16.08.2020 Bözen

Für Böztal wechseln Bözen, Effingen und Elfingen den Bezirk

Die Bedeutung der Bezirke nimmt ab. Immer mehr Aufgaben sind regional organisiert. Geblieben sind Traditionen und Emotionen, die mit der Zugehörigkeit zu einem Bezirk verbunden sind. Auf dem Weg zur Gemeinde Böztal verlassen drei Gemeinden den Bezirk Brugg und schliessen sich per 1.1.2022 dem Bezirk Laufenburg an.

Simone Rufli

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts dehnte Bern seine Herrschaft gegen Norden in den Jura aus und kam so in den Besitz mehrerer strategisch wichtiger Passübergänge ins damals vorderösterreichische Fricktal. Dass die Berner im Zuge der Eroberungen jeweils auch die Dörfer am Fusse eines eingenommenen Passes für sich beanspruchten, hatte mit ihrem Bedürfnis nach Sicherheit zu tun. «Die Bezirksgrenzen sind unter diesem Sicherheitsaspekt zu betrachten und für unser heutiges Verständnis recht zufällig gezogen», meint denn auch der Effinger Gemeindeammann Andreas Thommen gegenüber der NFZ. «Unsere Beziehungen reichen in fast allen Belangen des täglichen Lebens talabwärts in Richtung Frick.» Thommen hat deshalb vor Jahren schon einmal beim Regierungsrat angeklopft. Ein Bezirkswechsel von Effingen sei nicht möglich, hiess es damals. Einzige Ausnahme: bei Gemeindezusammenschlüssen.

Heute steht genau ein solcher Zusammenschluss kurz bevor. Mit der Zustimmung zum Zusammenschlussvertrag zwischen Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen zur neuen Gemeinde Böztal hat die Bevölkerung in den drei Gemeinden des Bezirks Brugg im November 2019 auch dem Bezirkswechsel zugestimmt. Der wird in einem eigenen Artikel im Vertrag geregelt. Hornussen gehört als einzige der vier Gemeinden bereits zum Bezirk Laufenburg. Für Andreas Thommen ist es höchste Zeit, die Korrektur vorzunehmen. «Wir sassen immer etwas zwischen Stuhl und Bank.»

Verträge neu aushandeln
Jetzt wo der Wechsel bevorsteht, was gibt es da konkret zu tun? «Wir kündigen Verträge mit Institutionen im Bezirk Brugg auf Ende 2021 und handeln im Bezirk Laufenburg neue Verträge aus», erklärt Thommen. So wird es beispielsweise mit den Sozialen Diensten geschehen. «Wobei es keine Pflicht gibt, sich den Sozialen Diensten jenes Bezirkes anzuschliessen, dem man angehört», präzisiert Robert Schmid, Gemeindeammann von Bözen und Vorsitzender der Fusions-Steuerungsgruppe. Da der Gerichtsstand aber Laufenburg sein wird, ist es naheliegend, sich den dortigen Sozialen Diensten anzuschliessen. «Dort, wo wir heute schon dazu gehören, wie bei der Regionalpolizei Oberes Fricktal oder bei der Regionalplanung Fricktal Regio, braucht es keine Neuverhandlung des Vertrages. Böztal tritt einfach die Rechtsnachfolge unserer bisherigen Gemeinden an», so Schmid weiter. Auch auf die Sitzverteilung im Grossen Rat hat der Wechsel der Einwohner aus Bözen, Effingen und Elfingen keinen Einfluss, wie Regierungssprecher Peter Buri, von der Staatskanzlei in Aarau auf Anfrage erklärt. Weder verliert Brugg einen Sitz, noch gewinnt Laufenburg einen dazu. Per 31.12.2019 handelte es sich um total 1718 Einwohner, die vom Wechsel betroffen sind.

Keine Bohnen mehr
Den reinen Fakten stehen Emotionen gegenüber. Beziehungen zu Brugg entstanden oftmals durch die Arbeit oder den Besuch der Bezirksschule und wurden in der Folge weitergepf legt. An einem Punkt schwingt auch bei Andreas Thommen Bedauern mit: «Mir wird das Bohnenessen im Brugger Salzhaus fehlen. Jeweils Anfang Dezember trafen sich die Gemeindeammänner- und scheiber zum ungezwungenen Austausch. Für uns war das wichtig, gerade weil wir sonst nur sehr wenige Berührungspunkte mit den Bruggern hatten. Als Gäste ohne Stimmrecht wurden wir aber auch immer zur Gemeindeammänner-Versammlung im Bezirk Laufenburg eingeladen», erklärt Thommen.

Die Zuständigkeit des Bezirksgerichts wechselt von Brugg nach Laufenburg. Das Grundbuchamt Laufenburg hingegen ist für die Bezirke Brugg, Laufenburg und Rheinfelden zuständig. Auch dem Planungsverband Fricktal Regio gehören die drei Gemeinden bereits an. Dort wo man die Zugehörigkeit frei wählen kann, liegt der Entscheid dann letztlich bei der Gemeindeversammlung von Böztal.

Der ÖV verbindet mit Brugg
Abgesehen vom Bohnen-Essen ist auch für Robert Schmid klar, dass weiterhin Interessen in Richtung Brugg bestehen bleiben. «Beim öffentlichen Verkehr ist das zum Beispiel ganz zentral. Der Anschluss Richtung Brugg ist für uns wichtig, wegen der Arbeitsplätze im Raum Zürich.» Unter dem Strich komme es zu Verlust und Gewinn bei diesem Wechsel. «Nur darf man nicht vergessen: geographisch bleiben wir am gleichen Ort. Der Austausch Richtung Brugg ist also weiter möglich. Er ist einfach nicht mehr institutionalisiert.»

Anfang November im Grossen Rat
Auch wenn es sich nach der Vorprüfung in Aarau und den durchwegs positiven Abstimmungen in den vier Gemeinden um eine Formalität handelt, erst die Zustimmung durch den Grossen Rat macht aus Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen die neue Gemeinde Böztal. Geplant war, dass das Kantonsparlament das Geschäft im Frühling behandelt. Dann kam Corona und der Terminkalender wurde zu Makulatur. Gemäss telefonischer Auskunft des Parlamentsdienstes in Aarau befasst sich bis Mitte September eine Kommission mit dem Geschäft. Anfang November soll es dann durch den Grossen Rat behandelt werden.


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