«Wir haben hier eine zweite Heimat»

  07.06.2020 Etzgen

Praktikanten aus Österreich haben die Schweiz ins Herz geschlossen.

Sophie Messerer (17) und Lukas Dabrova (19) aus Österreich waren für ein Jahr Gartenbau-Praktikanten in Etzgen. Am Ende dieses Jahres stellen sie fest: Sie kommen definitiv wieder. Und sie nehmen ganz viel aus der Schweiz mit.

Andrea Marti

Eine Woche habe es etwa gedauert, bis er sich ein bisschen zuhause gefühlt habe in der Schweiz, erzählt Lukas Dabrova. Nur die Sprache, dafür brauchte sie länger, lacht Sophie Messerer. Erst nach etwa drei Monaten hat die Österreicherin aus der Region um Wien das Schweizerdeutsch richtig verstanden. Doch in der Familie Leu, in deren Haus die beiden eine Wohnung haben und die «ein bisschen zur zweiten Familie» wurde, haben sich die beiden schnell eingelebt. «Wir hatten noch nicht viele Praktikanten, die so viel mitgemacht haben», freut sich Thomas Leu, Geschäftsleiter von Florian Gartenbau, bei welchem die beiden ihr Praktikum absolvieren. Gemeinsam ist die Familie Leu mit Lukas und Sophie häufig durch die Schweiz gefahren, so haben sie Zug, Luzern, La-Chaux-de-Fonds oder Bern besichtigt, sind in den Bergen wandern gegangen und haben das Fricktal kennengelernt. «Zug war schon ein Highlight für mich», meint Sophie. «Und die Berge waren toll», ergänzt Lukas, worauf Sophie strahlend meint: «Oh ja!»

Viele neue Herausforderungen
Doch auch wenn die beiden von Anfang an mit Begeisterung dabei waren, musste sich das junge Pärchen, das nun seit rund zwei Jahren zusammen ist, nach der Ankunft in der Schweiz vor einem Jahr an vieles gewöhnen. Nicht nur die Sprache war neu, sie hatten auch das erste Mal eine eigene Wohnung und arbeiteten praktisch in ihrem Beruf als Gartenbauer und Gartenbauerin.

Immer einfach war das alles nicht. Das erste Mal so alles allein machen – kochen, putzen, zu zweit zusammenleben – sei gar nicht so leicht gewesen, erzählen die beiden. «Es hat halt jeder seinen Dickschädel, und das ist nicht immer einfach», meint Lukas mit einem neckischen Blick zu Sophie. Und auch Sophie stimmt zu: «Eine solche Umstellung bringt Höhen und Tiefen, aber das ist wohl normal.»

Kein Besuch wegen Corona
Die Tiefen wurden denn auch in den letzten Monaten ein bisschen mehr als vorher: Corona hiess für die beiden, nicht mehr nach Hause zu können – und auf den Besuch ihrer Familien aus Österreich zu Ostern verzichten zu müssen, denn diese konnten wegen der Grenzschliessungen nicht einreisen. «Das war schon nicht einfach für mich», gesteht Sophie. Beide haben jeden Tag mit ihren Familien Kontakt. Die Corona-Zeit sei für alle nicht einfach gewesen, meint auch Gärtner Thomas Leu. Die Ausflüge fielen weg, die Ungewissheit, wann denn die Massnahmen ein Ende hätten, machten allen zu schaffen. «Wir haben uns schon Szenarien ausgemalt, wie die beiden nach Hause gekommen wären, wären die Grenzen auch über Mitte Juni hinaus geschlossen gewesen.», sagt Leu nachdenklich. Insgesamt sind die beiden aber froh, dass die Schweiz mit dem Virus wenigstens ein bisschen lockerer umgegangen ist als ihre Heimat Österreich: «Eine Ausgangssperre wäre schon schwierig gewesen. Und auch beim Arbeiten bei 25 Grad Masken zu tragen ist doch unangenehm», meint Lukas Dabrova.

Schoggi und Hasen
Dem sind die beiden nun entgangen. Und da inzwischen auch eine Grenzöffnung in Sicht ist, freuen sich die beiden auf die Rückkehr. «Auch wenn hier zu sein wirklich schön war, freut man sich ja auch wieder auf daheim», sagt Sophie ein bisschen wehmütig.

Mitnehmen werden die beiden viel: Praxiswissen aus dem Gartenbaubetrieb, unzählige Erinnerungen an Ausflüge mit der Familie Leu und zumindest ein bisschen Schweizerdeutschkenntnisse. Ausserdem wissen die Praktikanten jetzt schon, was sie neben ihren eigenen Sachen noch einpacken werden: Sophie will einen Vorrat an Schweizer Schokolade für zuhause, Lukas will Rivella mitnehmen. Ausserdem im Gepäck dabei: Ein junger Hase der Familie Leu, der vor kurzem zur Welt kam und von dem Sophie mit leuchtenden Augen erzählt. So werden die beiden jungen Österreicher, die in die Schweiz kamen, um Berufserfahrungen zu sammeln, nicht nur viel Wissen, sondern auch eine handfeste, lebendige Erinnerung mit nach Hause nehmen.


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