Ein Naturliebhaber geht in Pension

  11.05.2020 Hellikon

Fritz Müller liebt Natur, Menschen und Abwechslung

Viele Jahre sah man den Helliker Fritz Müller mit dem Lastwagen aus dem Wegenstettertal fahren und am Abend wieder hinein. Der Lastwagen wird in Zukunft immer noch fahren, Fritz Müller wird ihn aber nicht mehr steuern.

Hans Zemp

Wenn man Fritz Müller, er wurde am 1. April pensioniert, fragt, wie er sich fühlt, meint er spontan «gut, sehr gut». Auf seine Pensionierung hin hat er sich bereits vor deren Beginn Strukturen zurechtgelegt. Und er halte sie bis dato auch ein, lacht er. Den Tag beginnt er um sechs Uhr mit dem Aufstehen und einer Kurzverpflegung, bevor er sich mit dem Feldstecher auf seinen ungefähr einstündigen Marsch auf den Berg macht. «Die Natur zeigt mir viel. Reh, Fuchs und Hase treffe ich an», freut er sich. Nach dem Ausmarsch ist der Morgenkaffee mit seiner Gattin angesagt.

Fritz Müller verlebte seine Jugendjahre in Zuzgen und besuchte dort auch die Schule. In dieser Zeit gefiel ihm das Verweilen auf dem Bollhof bei seinem Onkel und bei seinem Grossvater aber besser als das im Schulhaus. Und in der Oberstufe besuchte er beinahe nach allen Ferien den Unterricht bei einem anderen Lehrer. Sie alle waren Stellvertreter, meist ohne Lehrerausbildung. Gerne wäre Fritz Müller Landwirt geworden. Aber der Bollhof kam schliesslich in andere Hände. Nach seinem Schulabschluss begann er seine Arbeit mit Baumaschinen. Bagger, Raupentrax und was man so einsetzte waren seine Arbeitsgeräte. Daran hatte er seine Freude. Dass er in den sechseinhalb Jahren in seinem ersten Betrieb ebenso die Lastwagenprüfung machte, war für den Maschinenfreund logisch.

Nach seinem Wechsel fand er seinen neuen Arbeitsort in Kaiseraugst. Als Allrounder traf man ihn als Maschinisten auf den Baumaschinen und Lastwagen. Die Arbeit gefiel ihm dort. Aber nach elfeinhalb Jahren wurde ihm der Arbeitsweg doch zur Belastung. «Ich habe ausgerechnet, wie viele Stunden ich im Jahr dafür aufwendete und festgestellt, dass dies deutlich zu viel war», bilanziert er. Darum schaute er sich nach einer neuen Stelle um.

Beruf und Vorlieben in einem
Lastwagen interessierten den jungen Mann. Und weil sich Lastwagen und Landwirtschaftsprodukte bei der Zuzger Brogli AG an der gleichen Stelle fanden, bewarb er sich erfolgreich um die Chauffeurenstelle. Der Arbeitsweg war ab dem ersten Juni 1987 kurz, der Bezug zur Landwirtschaft gegeben. 33 Jahre blieb er seiner Stelle in Zuzgen treu. Grund waren auch die vielseitigen Frachtgüter wie Heu, Stroh, Dünger, Kirschen und Mostobst, und das Kennenlernen von Ortschaften, die fast niemand kennt. Wer weiss schon, wo Abländschen liegt? «Das Beladen des Anhängerzuges mit Heu und Stroh ging anfänglich schon noch recht an die Substanz», meint er. 600 Heu- oder Strohballen füllen den Anhängerzug und wurden von Hand auf- und abgeladen. «Mit den Grossballen hat sich das Gott sei Dank geändert. Und fahren gefiel mir besser als auf- und abladen.» Kirschen wurden jeweils am Abend oder morgens um fünf nach Zug, Lauerz oder Oberarth gefahren, Mostobst nach Muri. Fritz Müller betrachtete es als Privileg, im Betrieb der einzige Chauffeur gewesen zu sein, so musste er die «Rosinen» nicht teilen.

Am Beruf habe sich geändert, dass man immer mehr leisten musste. Stand früher eine Fuhre auf dem Programm, bewältigt man heute mehrere. Oft steht man auch im Stau. Und weil das Auftragsvolumen ständig stieg, erweiterte sich das Wirkungsfeld auch nach Frankreich und Deutschland. Die Distanzen wurden länger und am Zoll blieb viel Zeit liegen. Unregelmässige Arbeitszeiten machten dem körperlich fiten Fritz Müller nichts aus. Geduld und genug Ruhe vor dem Fahren gepaart mit Freude daran, waren die Eckpfeiler für den Chauffeur Fritz Müller.

Er würde den Beruf wieder wählen
Auf die Frage, ob er den gleichen Beruf wieder wählen würde, lacht er und sagt «Jaja. Ja.» Menschen, Abwechslung und der Znünikaffee waren ihm wichtig. Er ist ungefähr zwei Millionen Kilometer gefahren. Dies sei nicht überrissen, aber geprägt auch mit zeitraubendem Aufund Abladen der Güter. Eingelebt hat er sich unterdessen gut in seine neue Situation. Er könne vieles gemütlicher nehmen und die Zeit frei gestalten. Manchmal fehlt ihm das Fahren aber schon etwas. Darum schliesst er gelegentliche Aushilfstouren in der nächsten Zukunft nicht ganz aus. Er wisse aber immer etwas zu machen. Er wohnt schliesslich so richtig idyllisch, umgeben von Wald und Blick auf das Dorf. Die Natur lebt hier rund um sein Haus.

Die vielen Hobbies wie Holzen im Wald – «zum Glück habe ich eine Holzheizung» – schreinern, Holz fräsen (oft auch für Nachbarn), Velofahren, wandern, die Männerriege und der Naturschutz sind nur einige Bereiche seiner Interessen und Tätigkeiten. Aber auch hin und wieder ein Bier im Restaurant sei nicht daneben, lacht er.

Fritz Müller ist auch gerne daheim
Bei seiner Familie weilt der Pensionär gerne. Er geniesst die Zeit mit seinen sieben Grosskindern. Diese hängen sehr an ihm. Auf seinem Grundstück kann er ihnen auch viel zeigen oder mit ihnen Velotouren unternehmen. Das momentane Homeschooling sei allerdings eher die Stärke seiner Gattin, lacht er. 1977 haben Fritz und Marianne geheiratet und beide freuen sich auf die Zeit, in der sie mehr miteinander unternehmen können. Es sollen etwas öfter Reisen mit dem Klappwohnwagen für zwei Personen im deutschsprachigen Raum werden.

Zurückblickend meint Fritz Müller, dass er sein Erwerbsleben wieder gleich wählen würde. «Mir hat es immer gepasst und ich war zufrieden. Ich hatte bis anhin ein erfülltes Leben, auch familiär.» Als schönstes Erlebnis nennt er den Kauf des von ihm und Marianne bewohnten Hauses und das Leben in der Natur. So richtig im Paradies.


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