40 Jahre sind genug

  02.02.2020 Bözen

Der ehemalige Bözer Gemeindeammann Hans Peter Joss hat sich 40 Jahre fürs Gemeinwohl engagiert, dies in verschiedenen Ämtern und an vorderster Front. Nun hat er sein letztes Nebenamt abgeben. Zur Ruhe setzen will er sich dennoch nicht. Im Gespräch mit der NFZ sagt er, was ihn bewegt hat und was er künftig machen will. (bz)


Ein Macher will nun leiser treten –  nicht ohne «Seitenhieb»

Hans Peter Joss hat sein letztes Nebenamt abgegeben

Der Bözer Hans Peter Joss ist als Macher bekannt. Kaum hat er ein Führungsamt abgegeben, übernahm er gleich ein neues. Doch damit ist nun definitiv Schluss.

Bernadette Zaniolo

«Soeben hat er eines seiner Führungsämter abgetreten, um womöglich wieder neue zu übernehmen», hiess es in der NFZ vom 12. Februar 2013. Es war jenes als Obmann der Vereinigung der ehemaligen Gemeindeammänner des Bezirks Brugg, das Hans Peter Joss abgab. Ein Amt, das er – wie viele andere Führungspositionen – über zehn oder mehr Jahre innehatte. So wirkte er bis zur GV Anfang Januar auch als Obmann der Veteranen Hessenberg (das Präsidium hat der ehemalige Gemeindeammann Daniel Büeler übernommen). Damit hat der 75-jährige Joss nun sein letztes Amt abgegeben.

Wenn Hans Peter Joss auch diesseits des Bözbergs – also im Fricktal – seit 1974 zuhause ist, macht er klar, dass er sehr stark mit Brugg und dessen Region vernetzt und verwurzelt ist. «Vom Fricktal kommt die Morgenröte», eine Äusserung des Referenten Christoph Koellreuter vom BAK economic Basel am ersten Forum Botia (2008) war für Joss zu einseitig und stiess dem Bözer Bürger auf. «Wir haben eine grössere Beziehung zu Brugg, als auf den ersten Blick sichtbar ist.» Für den ehemaligen Bözer Gemeindeammann ist klar: «Böztal nimmt eine Scharnierfunktion ein».

Die Fusionsgemeinde Böztal (2600 Einwohner), welche offiziell im Jahr 2022 startet und zu der die Gemeinden Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen zählen, liegt, wie Joss sagt, «mitten in der wichtigsten Wirtschaftsachse der Schweiz oder zumindest zwischen dem Ost-Aargau und dem Fricktal». Das heisst zwischen Baden (Industrieund Dienstleistungsschwerpunkt) und Brugg (Ausbildungskorb mit seinem Campus) sowie dem Fricktal (Pharma- und Chemiebranche).

Der Wichtigkeit und den Chancen von Bözen beziehungsweise dem Böztal waren sich Joss und weitere innovative und engagierte Bürger schon vor Jahren bewusst. So gehört Hans Peter Joss zu den Gründern von «Bözen braucht Impulse», welches mittlerweile unter den Namen «forum botia» etabliert ist und Referenten mit nationalem Bekanntheitsgrad für den jeweils im Herbst stattfindenden Anlass gewinnen kann. Das habe die attraktive Gemeinde bekannter gemacht und auch zu mehr Einwohnern geführt, ist Joss überzeugt.

Angesprochen darauf, dass er zuerst ein Gegner der Fusion gewesen sei, sagt Joss: «Nein, kein Gegner, aber ein kritischer Betrachter. Mein grösstes Vorbild in Sachen Fusion ist die Gemeinde Mettauertal.» Der wortgewandte und frühere Gemeindepolitiker hat neben seiner Schaffenskraft auch einen grossen 1500 Einwohner werden keine Existenzberechtigung mehr haben», erinnert er sich an die Aussage eines Referenten an der Senioren-Uni. Ihnen fehle oft das Personal in Verwaltung und im Gemeinderat. Das führe dazu, dass kleine Gemeinden mit dem Vorzeigekanton Aargau nicht Schritt halten können. «Die Augenhöhe stimmt längst nicht mehr», bemängelt er. Der Kanton wolle sein Strukturproblem von zu vielen kleinen Gemeinden via Fusionen fördern. «Aber nur im Modus der Winterhilfe», sagt Joss kopfschüttelnd.

Mit der «Winterhilfe» meint er den per Dekret festgelegten «Zustupf» aus der Kantonskasse. Dieser Betrag sollte – so wie bei Mettauertal – viel grösser sein. «Denn der Kanton profitiert bei einer Fusion am meisten.» Die ‹grüne› Grossrätin Gertrud Häseli habe es unlängst auf den Punkt gebracht: «Vier Gemeinden im oberen Fricktal genügen.» Für Joss ist jedoch klar: «Diese vier aber genügend ausgestattet, wäre das Erfolgsmodell.» Nebst dem Aargau hätten nur noch die Kantone Bern und Waadt mehr als 200 Gemeinden. Der Kanton Zürich liege weit unter dem Aargau, nämlich bei 161 Gemeinden.

Dabei betont der frühere Kadermann einer grösseren Krankenversicherung jedoch: «Eine Gemeinde zu führen, ist wesentlich anspruchsvoller als in der Wirtschaft ein Team zu leiten, das gut ausgebildet ist.» Heisst: «Man muss die Einwohner verstehen; wissen was sie beschäftigt und wie sie ‹ticken›.» Als Gemeindepräsident und in leitender Position in der Privatwirtschaft hat er die Verbindung von beidem erlebt. Das Amt als Gemeindepräsident und Gemeinderat müsse man attraktiver machen, «sonst findet man heute kaum mehr jemanden.» Dazu trage auch ein guter Lohn, «wie in einer Kaderposition» bei.

«Es ist schön, wenn man etwas formen und bewegen kann.»
Was aber hat der frühere Bözer Gemeindeammann erreicht? Auf was ist er stolz? Joss lacht und überlegt… «Bözen ist eine gute Gemeinde geworden. Schon als ich Gemeindeammann war. Es ist schön, wenn man etwas formen und bewegen kann. Ich bin ein Macher. All meine Ämter haben mich auch geistig weitergebracht. Ich bin stark vernetzt, was auch Vorteile hatte. Auch persönliche.»

Die Zeit mit Hans Peter Joss vergeht an diesem Dienstagmorgen wie im Fluge. Man könnte sich mit ihm noch lange unterhalten, so nebst Politik über Wirtschaft, Demokratie und Gesundheit. Denn er wird auch in Zukunft nicht in der «Hängematte» oder dem «Strandkorb» liegen, sondern an Fachvorträgen seinen Wissensdurst stillen oder in Freundeskreisen für angeregte Gespräche sorgen und das eine und andere Glas Wein trinken.


Politisieren, lachen, singen…

«HPJ, der Feschtliamme nannte man mich hier in Bözen als auch in meinen Nebenämtern. Ich würde mich als Herzensmensch beschreiben. Wo gesungen und gelacht wurde, war ich immer dabei», sagt der 75-jährige Hans Peter Joss zur NFZ. Nebenbei erwähnt er, dass er unter anderem auch zwei Dorffeste organisiert hat. Angesprochen darauf, wie er zum Bankpräsidium von Bözen kam (1989 bis 1999), sagt er schmunzelnd: «In Bözen war es damals Brauch, dass der abtretende Gemeindepräsident Bankpräsident wird.»

Hans Peter Joss wurde 1977 in den Gemeinderat Bözen gewählt und anschliessend zum Ammann (1978–1989). Er war damals der jüngste Gemeindeammann im Kanton. Von 1984 bis 1987 präsidierte er die Gemeindeammänner des Bezirks Brugg. Joss war Mitgründer und Präsident der Bözer Reb- und Weinfreunde (1989 bis 2004). Bei «Bözen braucht Impulse», dem heutigen «forum botia» war er Mitgründer mit Daniel Büeler und im Organisationskomitee (2008 bis 2018). Von 2004 bis 2013 war Joss Obmann der Vereinigung der ehemaligen Gemeindeammänner des Bezirks Brugg und von 2012 bis 2019 Obmann der Veteranen Hessenberg. Wie Joss sagt, entstand dieser aus dem Club von 20 Turnveteranen. Die Vereinigung der Veteranen Hessenberg zählt heute 80 Männer der Ü60ziger. «40 Jahre sind genug», sagt Hans Peter Joss zu seinem Engagement fürs Gemeinwohl. (bz)


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