Von Zeiningen nach Mumbai

  04.12.2019 Zeiningen

Saskia Stäuble, 38, wuchs in Zeiningen auf, änderte mit 30 Jahren ihr Leben und wurde Sängerin des Duos «Dust of Soul». Heute reist sie um die Welt.

Birke Luu

Keine eigene Wohnung, kein Auto, kein Manager – Saskia Stäuble und ihr Pianist reisen als Musiker-Duo «Dust of Soul» ganz ohne Ballast durch die Welt. Im Gepäck haben sie nur sich selbst, aber das ist ganz schön viel, denn sie sind Personen mit Tiefgang, die wirklich hinter dem stehen, was sie tun und wie sie es tun. Ihre Überzeugung, Ausstrahlung und Energie fasziniert, bewegt und nimmt einen gefangen. Ihre Musik überrascht, berührt und macht Mut.

Eine zweite Chance
Begonnen hat dies alles mit einem Ende – dem Ende von Saskia Stäubles Leben. Eine Woche vor ihrem dreissigsten Geburtstag erlitt sie einen Hirnschlag mit halbseitiger Lähmung. «Im Spital führte ich einen inneren Dialog: Warum mache ich keine Musik wie ich es mir von klein auf erträumt habe?» Als ihr die Ausreden ausgingen, wusste sie, was sie zu tun hatte, fühlte sich befreit – und verliess drei Tage später vollkommen genesen das Spital. Sie liess ihr altes Leben mit der Arbeitsstelle in der Gastronomie, ihrem Verlobten, ihrer Wohnung hinter sich und machte sich auf ihren ureigenen Weg. Ein holpriger, steiniger Weg. Familie und Freunde verstanden sie nicht und eine Ausbildung als Sängerin besass sie keine. Doch dann traf sie den Pianisten Michael Odermatt. «Ohne ihn hätte ich vielleicht doch noch aufgegeben», räumt sie dankbar ein.

Er ist ihre Stütze, Ergänzung, ihr wertvollster Freund und Seelenverwandter. Zusammen sind sie das Duo «Dust of Soul» – Seelenstaub. Mit diesen drei Worten im Kopf war die angehende Sängerin eines Nachts aufgewacht und hatte gewusst, «daraus muss ich etwas machen!» Es wurde ihr Bandname. Stäuble – Staub – Dust, wie passend. Aber vor allem wie bedeutungsvoll, denn der Name erfasst den Kern ihrer Musik. «Mit «dust» sind Ballast und Ängste gemeint, die jeder Mensch mit sich herumträgt. Und «soul» steht für die Träume, die in unserer Seele schlummern».

Menschen Mut machen
Durch «Dust of Soul» möchte Saskia Stäuble, die sich als Sängerin «Dusty» nennt, diesen Verdrängungszustand beenden und den Menschen Kraft geben, ihren eigenen Weg zu finden. Manche Zuhörer nennen daher ihre Musik auch «Motivationsmusik». Egal wie benannt, die Musik ist positiv, kraftvoll, inspirierend und berührt das Publikum. Was für eine Musikrichtung sie da eigentlich machen, wussten DoS lange selbst nicht bis schliesslich von einem Fan der passende Anstoss kam: Opera Pop. Moderne Musik, aber mit einer starken, facettenreichen Stimme vorgetragen.

Dieses Jahr hat DoS ein neues Album herausgebracht, aber am liebsten spielen sie live. Ihre Auftritte reichen von kleinen Privatengagements bis hin zum grossen MTV-Bühnen-Auftritt vor 4000 Menschen im Oman. Dabei ist das Duo dazu übergegangen, ihren Anfangssong aus der jeweiligen Stimmung des Publikums heraus zu improvisieren. Hektisch, erschöpft, geladen – Dusty und MiKey nehmen diese Emotionen auf, wandeln sie spontan in Musik um und holen damit das Publikum ins Hier und Jetzt des Konzerts. Dieses «Music Souling» kommt gut an, rührt gar manche zu Tränen und ist inzwischen ein Markenzeichen von DoS.

Unverfälscht sie selbst
Das spontane Eingehen auf ihre Zuhörer steht exemplarisch für die Art, wie sich Saskia Stäuble ihre Musik vorstellt und dies umsetzt: selbst geschrieben, selbst komponiert, mit Inhalten, die Bedeutung haben – für sie selbst und für das Publikum. Auch managen tut sich das Duo selbst, sind Homepagegestalter, Unternehmer, Eventmanager – «alles in allem wohl acht Berufe in einem». Denn sie wollen authentisch bleiben, spontan, etwas verrückt und immer bereit, Neues auszuprobieren, sich neu zu erfinden. Mehrmals im Gespräch weist Saskia auf den Ursprung der Musik hin: Es gehe um das gemeinsame Erlebnis, die Geschichten, die die Lieder erzählen würden.

Und so wie die Musikanten früher auch von Dorf zu Dorf gezogen sind, reist auch DoS in der Welt herum, lässt sich spontan auf neue Konzerte und Projektideen ein – da kommt es schon einmal vor, innerhalb von drei Tagen aus dem Nichts heraus in den unbekannten Oman zu reisen, um dort für den König zu singen. «Als ich am Flughafen ankam, überwältigten mich die Eindrücke und ich schrieb noch vor Ort innerhalb einer Viertelstunde den Text für das neue Lied», erklärt Saskia Stäuble mit leuchtenden Augen. In manchen Augenblicken fühle sie einfach diese Inspiration und dann müsse sie diese Energie aus sich herauslassen.

Im Flow bleiben
Zur Philosophie der Sängerin gehört auch, Dinge auf sich zukommen zu lassen und diese Entwicklungen anzunehmen, die sich oft über Freunde und Bekannte ergeben. So kommt es dann auch, dass die Geschichte mit Mumbai schon im Oman begann, wobei sich die Auftritte dort wiederum aus einem Spontanbesuch in Tunesien ergaben. Alles ist miteinander verknüpft, im Flow, statt steril geplant.

Im jeweiligen Land lässt sich das Duo auf die Begegnung mit der einheimischen Musik ein und es entstehen spannende, nie dagewesene Kombinationen wie die Fusion ihres Opera-Pop-Stils mit indischen Melodien und Rhythmen. Passend zum Song «Victory», der speziell das Selbstbewusstsein von indischen Kindern und Jugendlichen fördern sollte, entstand er unter Mitwirkung von indischen Schülerinnen aus einem Slum. Die ganze Entstehungsgeschichte des Songs wurde mitgefilmt, da das Musikduo nicht einfach nur ihre Lieder aufführen möchte, sondern auch seinem Publikum die Geschichte dahinter vermitteln will.

Immer neu
Mumbai hält das Duo noch immer in seinem Bann. Bald gehen die beiden dorthin zurück, um ein gemeinsames Projekt mit einem Bollywood-Star zu lancieren: «Eine richtig kitschige Ballade, echt Bollywood eben», ist Saskia Stäuble begeistert. Genau das ist es, was «Dust of Soul» letztendlich ausmacht. «Wir sind nicht vorhersagbar, mit uns wird es nie langweilig. Das lieben die Fans an uns!» Wie dann die musikalische Reise für die Sängerin und ihren Pianisten weitergeht, ist offen. Doch wer es von Zeiningen nach Mumbai schafft, kommt überall hin. Schliesslich sind sie Künstler und auch Überlebenskünstler.


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