Mit Kopfrechnen und «Gschpür»

  28.10.2019 Wil

Jassen gehört für Thomas Hollinger einfach zum Leben dazu

Kreuz, Schaufeln, Herz und Ecken, darum dreht sich alles beim Jassen. Seine Mit- und Gegenspieler zu fühlen und zu spüren, zu wissen, welche Karten noch im Spiel sind und die erspielten Punkte im Kopf zu haben, gehört beim Jassen aber unbedingt dazu, um erfolgreich zu sein. Einer der das Zeug und das Gespür dazu hat, ist Thomas Hollinger.

Charlotte Fröse

Der Wiler Thomas Hollinger konnte schon mehrfach Titel gewinnen wie den «Jasskönig». Beim Jassen geht es für Thomas Hollinger aber auch um den Plausch. Wenn dabei noch ein Pokal dazu kommt, so wie erst kürzlich beim «Samschtig-Jass», der berühmtesten Jass-Sendung der Schweiz, dann ist es umso schöner.

Ab und zu «fuxt» es den erfahrenen Jasser aber doch, schliesslich hat er das Kartenspiel schon in ganz jungen Jahren zunächst von seinen Eltern gelernt, vor allem dann, wenn ihn nur ein paar wenige Punkte vom Sieg trennen, wie er gesteht. So geschehen kürzlich bei der zweiten Runde des diesjährigen «Samschtig-Jass». Sitzen erfahrene Spieler um den Tisch, dann liegen die Punktzahlen schon sehr dicht beieinander. Sein Ehrgeiz bei einem Turnier ist es, nicht letzter zu werden, wie er betont. Aber eines ist sicher, das nächste Turnier kommt bestimmt und wenn es irgend geht, ist Thomas Hollinger wieder mit dabei.

Als er, damals als junger Bursche, noch bei einer Musikgesellschaft aktiv die Trompete blies, war es selbstverständlich, nach den Proben in der Wirtschaft im Dorf zu jassen. Heute kommt der 62-Jährige nicht mehr so regelmässig dazu, das Blatt in die Hand zu nehmen. Obwohl seine Frau auch gerne jasst, spielt er meistens auswärts. Er erklärt dazu mit einem Schmunzeln: «Meine Frau spielt lieber nicht mit mir.» Warum wollte er allerdings nicht verraten.

Kopfrechnen ist dem Leiter der Raiffeisen-Geschäftsstelle Aare-Rhein in Leibstadt schon immer leicht gefallen. Er sei ein Zahlenmensch, betont er. Beim Jassen kann er diese Fähigkeit gut gebrauchen, schliesslich entscheidet die höchste Punktzahl über den Sieg. Seine Gabe, gut mit Zahlen umgehen zu können, setzte Hollinger auch schon in anderer Weise ein. So war er zwölf Jahre in der Finanzkommission der Gemeinde Wil und eben solange in der Kirchgemeinde Mettau in der Kommission tätig. Seit nunmehr 22 Jahren führt er die Kasse der Wiler Trotte, der örtlichen Weinbaugenossenschaft, bei der er selbst Gesellschafter ist.

Nicht nur Zahlen-, sondern auch Naturmensch
Ebenso wichtig wie der Überblick über die Karten und die Punkte ist beim Jassen das «Gschpür». Beobachten, Mitzählen, Spekulieren und ein gewisses Vorausdenken, dahingehend was die Mitspieler mit ihren Aktionen bezwecken könnten, sei schon vorteilhaft, um sein eigenes Spielverhalten einzusetzen, betont Hollinger. Seit kurzem hat Thomas Hollinger eine weitere Gabe, nämlich das Auspendeln von Wasseradern, bei sich entdeckt, oder besser gesagt, wieder entdeckt. Und auch dafür braucht es ein gutes «Gschpür» und eine ruhige Hand. Hollinger ist nicht nur ein Zahlenmensch, auch die Natur liegt ihm am Herzen, er der gerne der Natur zuhört und sie beobachtet. Bei seinen beruflichen Tätigkeiten rund um den Bau entdeckte er schon vor vielen Jahren seine Fähigkeit, mit einem Pendel in Form einer grossen Messingmutter im Erdreich verborgene Leitungen und Wasseradern zu finden. «Ich weiss, dass ich es kann, es funktioniert», definiert Hollinger, mehr Erklärungen bedarf es nicht. Mit seiner Gabe, die für ihn ein Hobby darstellt, ist es ihm auch möglich, solche Wasseradern abzuschirmen, denn für verschiedene Menschen sind sie sehr belastend. Als genauer Naturbeobachter weiss Hollinger, dass Katzen sich gerne auf solchen Wasseradern niederlassen, Hunde dagegen nicht.

Vom Elektromonteur zum Landwirt
Begonnen hat Thomas Hollinger seine berufliche Laufbahn als gelernter Elektromonteur. Durch den plötzlichen Tod des Vaters wurde er von heute auf Morgen zum Landwirt. Er übernahm den elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb und besuchte die landwirtschaftliche Schule (MELA). Noch heute ist der Hof in seinem Besitz, welchen er aus Zeitgründen tierlos bewirtschaftet.

Als Bauleiter war Hollinger beim Aufbau des Kernkraftwerks Leibstadt aktiv. Er blickt aber auch auf weitere berufliche Stationen in seinem Berufsleben zurück, unter anderem war er jahrelang bei der Elektra Mettauertal tätig bevor er für den «Samschtig-Jass»-Sponsor (PAX) im Aussendienst arbeitete. Auch wenn heute seine Tätigkeiten vor allem im Büro stattfinden, ist Hollinger ein Praktiker und kein Theoretiker. Den Unterschied zwischen Theorie und Praxis definiert Hollinger so: «Theorie ist: Wenn etwas gelingen sollte aber es funktioniert nicht. Praxis ist: Wenn etwas funktioniert und keiner weiss warum.»


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote