Gelebte Tradition in Mettau

  08.08.2019 Mettau, Mettauertal

Die Ära von Ruth und Thomas Müller im Dorfladen

Am Samstag, 10. August, feiern Ruth und Thomas Müller das 40-Jahre-Jubiläum im Dorfladen in Mettau. Ein Jubiläum, begleitet von Freude und Wehmut. Denn: Ende Jahr schliessen die Türen für immer.

Bernadette Zaniolo

2019 ist das Jahr des Feierns bei Ruth und Thomas Müller: Bereits Mitte Juli die «Rubinhochzeit» (40 Jahre). Nur zwei Wochen später – nach ihren «Flitterwochen» – hatten sie damals, am 4. August 1979, den Mettauer Dorfladen von Jda Müller, einer Tante von Thomas, übernommen. Dieses Jubiläum feiern sie übermorgen Samstag zusammen mit der Bevölkerung. Im Gespräch mit der NFZ werden Erinnerungen wach, so an die Anfangszeiten, in denen etwa noch ein «Mieder» (Korsett) oder gar ein Leichenhemd zum Sortiment im «Usego» in Mettau gehörten. Denn zu jener Zeit wurden die Verstorbenen noch zuhause vom Orts- oder regionalen Schreiner eingesargt und von einer Ordensschwester des Krankenpflegevereins eingekleidet. Das Hauptangebot umfasste jedoch Frischprodukte wie Joghurt und Milch sowie Trockenprodukte (Teigwaren und Reis), Schokolade und Raucherwaren. «Auch etwas Gemüse», sagt Ruth Müller. Denn viele Familien hatten dannzumal noch einen Garten. Im Dorf gab es auch noch einen Bäcker, weshalb Müllers kein Brot verkauften. Jedoch – ebenfalls seit 40 Jahren – am Wochenende frisches Fleisch aus der Metzgerei Biland in Gipf-Oberfrick.

Die Tradition
Bereits 1977 – also zwei Jahre vor der Geschäftsübernahme – hat Thomas Müller von seinem Götti Josef Müller die Stelle des Posthalters (Postleiter und Briefträger in Personalunion) übernommen. Schon zu Zeiten von Thomas Grossvater war es so, dass sowohl der Dorfladen wie die Post, von der Familie Müller geführt werden. «Wir beenden diese Tradition nun», sagt Thomas Müller etwas wehmütig. Das «unter einen Hut bringen» von Haushalt, Laden und Familie, vor allem als die Kinder noch klein waren und während der Sommerzeit (zusätzlich noch Garten), war eine «massive Belastung». Doch wie Ruth Müller weiter sagt: «Man hat sich drein geschickt». Die «guten Jahre» kamen für Ruth und Thomas Müller nach dem Umbau des Gebäudes und der Vergrösserung des Ladens 1985 (im November 1985 war Wiedereröffnung).

Eurokrise und verändertes Einkaufsverhalten
«Dann konnten wir wirklich mal etwas erwirtschaften», sagt Ruth Müller. Kontraproduktiv seien die fünf Jahre gewesen, als die Post als Agentur im Laden (vorher räumlich getrennt) gewesen sei. Im Gegensatz zu den heutigen Agenturlösungen hätten die Postkunden vom gleichen Angebot wie einer bedienten Poststelle profitiert. Negativ auf den Umsatz des Dorfladens haben sich in den letzten Jahren die Eurokrise, das veränderte Einkaufsverhalten und dass die treue Kundschaft gestorben sei, ausgewirkt.

Schmerzvoll waren für Thomas Müller die grossen Veränderungen im Postkonzern und die damit einhergehenden Auswirkungen für ihn und seine Arbeitskollegen. Deshalb entschloss er sich vor acht Jahren (mit 62) in Frühpension zu gehen. Seither steht er öfters mal hinter der Ladentheke und ist nach wie vor aktiv im «Hauslieferservice» des Mettauer Dorfladens. Während für Tante Jda der Laden dem Lebensunterhalt diente, war es für Ruth und Thomas Müller ein «Zusatzerwerb». Der grosse Vorteil für Ruth Müller war, dass sie nicht auswärts arbeiten musste.

Nebst Post und Laden haben sich Ruth und Thomas Müller in all den Jahren auch für die Vereine und das Dorfleben engagiert. Thomas war unter anderem Sektionschef (Militär), was auch schon fast Familientradition war, in der Schulpflege und bis Ende 2018 in der Kirchenpflege. Und er ist seit der Gründung Mitglied des «Donnschtigclub» und seit Jahren dessen Präsident. Die bald 62-jährige Ruth hat sich beim ehemaligen Landfrauenverein Mettau, zuletzt als Co-Präsidentin, engagiert, war aktive Turnerin und dort auch 16 Jahre als Aktuarin im Vorstand und sie ist Mitglied im «Fraueträff Mettauertal». Ende 2019 schliesst der Dorfladen in Mettau seine Türen. Doch die Arbeit werden die fünffachen Grosseltern Ruth und Thomas Müller – für die während 40 Jahren eine Sechs-Tage-Arbeitswoche galt – nicht missen. Wie Ruth Müller jedoch gesteht: «Den Kontakt mit den Leuten schon.» Reisen haben sie danach keine geplant, wenn es die Gesundheit jedoch erlaube mal sporadisch weg gehen. Einfach geniessen.

… der Traum
«Es war seit Generationen eine Familientradition. Mein Traum wäre jedoch eine Wirtschaft gewesen», so Thomas Müller auf die Frage der NFZ, ob er es rückblickend wieder so machen würde. Vor seinem Stellenantritt als Posthalter und der Übernahme des Ladens war Thomas Müller elf Jahre als Koch tätig. Während dieser Zeit hat er auch Ruth Müller-Rauber (aus Wittnau) kennen gelernt. Ruth und Thomas Müller sind jedoch offen, insbesondere was den Laden in Mettau betrifft. Das heisst, Interessenten sind willkommen.

Das 40-Jahre-Jubiläum von Ruth und Thomas Müller im Mettauer Dorfladen, dem heutigen «Treffpunkt», wird am Samstag, 10. August, ab 10 Uhr zusammen mit der Kundschaft gefeiert.


Post in Mettau

Im Zuge der Postschliessungen hatten sich Gewerbetreibende, Gemeinderäte und der Regionalleiter der Post vor Jahren Gedanken gemacht, wie die Post im Mettauertal in Zukunft erhalten werden könnte. Im 2009 eröffneten Wohn- und Geschäftshaus, der Zentrumsüberbauung in Mettau, da hat die früher eigenständige Gemeinde Mettau mit der Post einen langjährigen Mietvertrag für ihre Räumlichkeiten im Parterre abgeschlossen. Die Post hat diesen bis zur Lösung der postalen Umstrukturierung, sprich einer in einem Laden beziehungsweise in einem Geschäft integrierten Post-Filiale, verlängert. Die Postagentur befindet sich seit September 2018 im Laden von Blueme Kari in Mettau. (bz)


Die Wittnau-Mettau-Beziehung

Der Vater von Thomas Müller, Fritz Müller, zog früher von Mettau nach Wittnau. Thomas Müller und Ruth Müller, geborene Rauber sind in Wittnau aufgewachsen. Die Familientradition von Post und Laden führte sie nach Mettau. Dort wuchsen auch ihre zwei Töchter Manuela (39 Jahre) und Franziska (37 Jahre) sowie Sohn Adrian (33 Jahre), der heutige Präsidenten des TV Sulz auf.

Seit Jahren sind Thomas und Ruth Müller regelmässig – ein Mal pro Woche – in Wittnau zu Besuch, früher bei Eltern und Grosseltern und nun bei Tochter Manuela und ihrer Familie, die ins Elternhaus von Thomas Müller-Rauber eingezogen sind. (bz)


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