Kleine Gemeinden, keine Ausbildungsplätze

  28.06.2019 Leserbriefe

«Leerstellen statt Lehrstellen auf der Verwaltung» (zum NFZ-Artikel vom 25. Juni)

Vorweg, ich kann die vorgebrachten Begründungen der verschiedenen und mehrheitlich kleinen Gemeinden schon nachvollziehen, es ist aber nur die eine Seite der Medaille. Was heute versäumt wird, rächt sich in wenigen Jahren. Schon heute haben genau die kleinen Gemeinden oftmals Mühe, ihr Verwaltungspersonal zu rekrutieren, und welche Verwaltungsfachperson geht nach der Ausbildung in einer grösseren Gemeinde schon in eine kleine Fricktaler Gemeinde? Sägen damit diese Gemeinden nicht am Ast, auf dem sie sitzen?

Richtig ist, dass die Lehrlingsausbildung eine entsprechende Infrastruktur, natürlich (viel) Zeit und auch persönliches Engagement erfordert. Ich habe diese Aufgabe während Jahrzehnten mit Überzeugung und viel Freude, und parallel zu den eigenen Projektarbeiten, ausgeübt. Es war selbstverständlich, und wurde für die Auftragsvergabe teilweise von den Auftraggebern sogar erwartet.

Neben den zeitintensiven «Erstlehrjahrstiften» gibt es ja aber auch noch die «Oberstifte». Bei einer funktionierenden Organisation können einzelne Ausbildungsmodule «im Alltag» schrittweise den «Oberstiften» übertragen werden, was diese nach meiner Erfahrung gerne übernehmen und sie zusätzlich motiviert. Mit einem solchen Konzept können gleichzeitig mehrere Lernende gezielt und stufengerecht ausgebildet werden.

Als Verantwortlicher in einer mittelgrossen Ingenieurfirma mit 25 Mitarbeitenden habe ich später eine Verbundlehrstelle geschaffen. Dies nicht aus reiner Freude, sondern schlicht und einfach, weil die Firma damals die Ausbildung in einem Fachbereich nicht anbieten konnte. Nach Rücksprache mit dem zuständigen Amt ist aus dieser Not heraus damit eine neue Lehrstelle mit drei Ausbildungsstandorten in Basel (2) und Baden entstanden. Unsere erste Lehrtochter hat die Ausbildung an den verschiedenen Standorten sehr geschätzt und ist heute in einer der Ausbildungsfirmen angestellt. Dieses Modell ist einfach ein Gedankenanstoss für kleinere Gemeinden im Interesse unserer Kinder und der Zukunft unserer Verwaltungen.

JOSEF AMSLER, KAISTEN


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