Zeit zum Leben – Zeit zum Lächeln

  25.12.2017 Unteres Fricktal

Von WALTER HERZOG

Wieder neigt sich ein Jahr dem Ende entgegen. Vieles ist passiert, die Zeit rasend schnell vergangen. Wie ist dies zu werten? Gut oder schlecht? Eine offene Frage. Möglicherweise ist dies einfach der Lauf der Zeit. Wichtig scheint mir, dass sich dabei nicht nur die Ereignisse, die von alleine auf einen zukommen, aneinanderreihen. Es sollten auch möglichst viele gute Erlebnisse dabei sein, die wir so wollten. Bewusst angestrebt haben. Die wir uns vielleicht sogar erträumt hatten.

Die etwas ruhigere Zeit um Weihnachten ist auch der Moment, in dem man sich gerne Gedanken über die Gesellschaft, seine Familie und sein eigenes Leben macht. Mit Blick in die Vergangenheit, aber viel wichtiger mit dem Blick nach vorne, in die Zukunft. Denn diese können wir, zumindest in gewissen Teilen, mitbestimmen.

Was kommt im 2018 auf mich zu und was erhoffe, oder wünsche ich mir für unsere Gesellschaft? Werfen wir zuerst einen Blick in eine andere Kultur: Ich erinnere mich noch gut an unsere Zeit, als wir in Südamerika lebten. Andere Menschen, eine andere Sprache und eine völlig andere Lebenssituation antrafen. Eine interessante und sehr bereichernde Erfahrung, die Unterschiede selber zu erleben. Die Lebenssituation, aus unserem Blickwinkel betrachtet, war für viele Einheimische, die wir kennenlernen durften, keine einfache. Die Arbeiterinnen und Arbeiter waren zwar durchaus fleissig, aber bereits Mitte Monat wussten sie häufig nicht, wie sie mit ihrem verbleibenden Geld vom geringen Lohn Nahrungsmittel auf den Tisch «zaubern» konnten.

Eine Situation, die bei uns zwar einige auch kennen, für die grosse Mehrheit von uns Schweizern heutzutage jedoch glücklicherweise unbekannt ist. Zumindest, was die ausreichende Ernährung betrifft.

Doch trotz der grossen Armut und dem ständigen Überlebenskampf der Menschen in weiten Teilen Südamerikas haben sie besondere Eigenschaften, welche mich ganz speziell beeindruckt haben.

Obwohl viele Menschen praktisch nichts hatten, ihre Probleme hingegen riesig waren, verloren sie nie ihre Zuversicht. Tag für Tag bemühten sie sich und arbeiteten unermüdlich für eine bessere Lebenssituation. Für sich, ihre Familie und für ihre Kinder. Klagen über die schwierige Situation waren zwar an der Tagesordnung, aber bei jeder sich bietenden Gelegenheit wurde wieder angepackt, um etwas gegen die Armut und beinahe hoffnungslose Situation zu unternehmen. Sie waren dabei immer guten Mutes. MANANA – also morgen –, wird alles besser. Diese enorm grosse Zuversicht schien in unseren Augen zwar manchmal etwas blauäugig, war aber dennoch beeindruckend. Und obwohl die Sorgen gross und Verbesserungen weit entfernt waren, eines verloren die Südamerikaner dabei nie: ihre grenzenlose Lebensfreude! Eine Eigenschaft, welche für uns Europäer noch heute bewundernswert ist. Eine witzige Begebenheit, etwas Latino-Musik auf der Strasse oder ein Bier auf dem Nachhauseweg und schon kam Stimmung auf, Freude am Leben, Freude an der Natur und an den Mitmenschen. «Viva la vida» – oder «Es lebe das Leben», heisst es in einem modernen Lied von Coldplay.

Grössere Freude am Leben?

Es gibt keine Kulturen oder Menschen, die grundsätzlich besser sind als andere. Sie sind einfach anders.

Gewiss hat es seine Gründe, warum wir in Mitteleuropa wirtschaftlich so erfolgreich sind und die Südamerikaner eher weniger. Das heisst aber noch lange nicht, dass wir alles perfekt machen. Auch unser zunehmender Arbeitsstress hat gesellschaftlich seine Schattenseiten. Schaut man sich bei uns in der Öffentlichkeit um, hat man manchmal den Eindruck, überall herrsche eher Trauer als Lebensfreude. Warum ist dies so? Warum sieht man kaum ein herzhaftes Lachen oder ein sympathisches Lächeln? Wäre dies nicht die beste und zudem günstigste Medizin für uns Menschen und unsere Gesellschaft? Sind es unsere hohen Erwartungen und der Leistungsdruck?

Wir leben in einem wunderschönen Land. Wir leben in einem wirtschaftlich sehr erfolgreichen Land und wir leben in dem Land mit der besten Demokratie der Welt. Würden wir Südamerikaner oder Afrikaner oder Asiaten fragen, so würden sie uns sagen, wir leben im Paradies.

Gewiss: Nicht immer haben wir Grund zum Jubeln, es gibt auch in unseren Leben schwierige und traurige Momente. Aber Hand aufs Herz, verglichen mit den vielen Sorgen in anderen Regionen auf der Welt haben wir sehr viel Anlass, zufrieden, glücklich und fröhlich zu sein. Ganz klar, unsere Tugenden wie Fleiss, Pflichtbewusstsein, Bildung und Identifikation sollten wir als unsere Erfolgsfaktoren unbedingt beibehalten. Aber etwas mehr Lächeln im Gesicht und eine Portion Lebensfreude als Zusatz könnten uns allen bestimmt nicht schaden. Zudem – wer andere anlächelt, bekommt garantiert ein Lächeln zurück! Probieren Sie es aus.

Fröhliche Weihnachten!


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