Aus Schülerinnen und Schülern wurden Gemeinderäte

Fricker Projektwoche zum Thema Politische Bildung

«Wie wählt man einen Nationalrat?» «Was wird an einer Gemeinderatssitzung entschieden?» und «Was macht einen Rechtsstaat aus?» Mit diesen und andern Fragen haben sich die Fricker Jugendlichen der 9. Klasse diese Woche beschäftigt. Am Dienstag war die Schülerschaft in verschiedenen Gemeinden unterwegs. So auch in Stein.

Karin Pfister

Für einmal führt Ammann Beat Käser den Vorsitz der Steiner Gemeinderatssitzung nicht allein. Ihm zur Seite sitzt die neu gewählte Frau Gemeindeammann Rebekka Screm. Auch die Anzahl der Mitglieder im Rat hat sich vervielfacht. Elf neue Gemeinderatskollegen sitzen mit im Raum. Diskutiert wird über Vandalismus an der Fassade. Soll eine Belohnung ausgesetzt werden und wie hoch muss und darf diese sein? 200 Franken plus einen Restaurantgutschein schlägt einer der Gemeinderäte vor. «Das ist zu wenig. Niemand verpfeift den Täter für 200 Franken. Ich schlage 800 Franken vor.» Als Einwand wird angebracht, ob es Sinn macht, wenn das Kopfgeld höher ist als der angerichtete Schaden. Die Diskussion am Dienstagnachmittag im Saalbau in Stein ist angeregt und engagiert. Mit der Hilfe vom Gemeindeammann Beat Käser führen die Schülerinnen und Schüler selbst eine Gemeinderatssitzung durch. Auf der Traktandenliste stehen fiktive Themen, aber auch konkrete Beispiele, die so in echt vom Steiner Gemeinderat diskutiert wurden wie die Abwasserpumpe aus dem Jahre 1995, die aufgrund eines Defektes zeitnah ersetzt werden musste. Beat Käser steht den Schülerinnen und Schülern unterstützend zur Seite und erzählt spannend und praxisbezogen aus dem echten Steiner Gemeinderatsalltag.
Die neuen Gemeinderäte entscheiden sich dafür, eine Belohnung von 800 Franken für die Ergreifung des Täters auszuschreiben. Danach müssen sie sich mit dem Thema Elterntaxis an der Primarschule befassen. Soll ein Verbot ausgesprochen werden, sollen die Parkplätze reglementiert werden oder würde es Sinn machen, zu verlangen, dass die Eltern vorgängig per Klapp eine Erlaubnis einholen müssten. Bis kurz vor 16 Uhr wird diskutiert und politisiert, danach geht es zurück an die Oberstufe. Wie war Amman Beat Käser mit seinen neuen Gemeinderatskolleginnen und Kollegen zufrieden: «Sehr. Alle haben tipptopp mitgemacht.»

Mit Begeisterung dabei
190 Schülerinnen und Schüler der 9. Klasse der Fricker Oberstufen nahmen am Projekt teil. Die Projektwoche ist stufenübergreifend, von Real bis Bez. «Es ist super. Die Schülerinnen und Schüler sind mit viel Begeisterung und Motivation dabei», so Corinne Siegfried, welche die Woche zusammen mit Salomé Held und Sven Osterholz organisiert hat. «Wir möchten den Schülerinnen und Schülern vermitteln, dass Politik spannend sein kann.» Im Vordergrund stünden interessante Themen, die nahe an den Lebenswelten der jungen Menschen sind. «Wenn sich aufgrund unser Projektwoche später ein Schüler oder eine Schülerin dafür entscheidet, für den Gemeinderat zu kandidieren, dann haben wir unser Ziel erreicht.»

Die 17 Gruppen waren am Dienstag auf den Kanzleien in Aarau, Gipf-Oberfrick, Frick, Oeschgen, Eiken, Münchwilen, Herznach, Oberhof und Stein unterwegs. «Für die Gemeinden ist das ein grosser Aufwand. Wir bedanken uns sehr herzlich für dieses Engagement.»

Gestartet worden war die politische Bildungswoche am Montagmorgen mit einer Podiumsdiskussion in der Aula der Oberstufe. Unter der Leitung von Gymnasiastin Lian Hussein vom Jugendparlament in Bad Säckingen diskutierten Christoph Schlienger von der jungen FDP, Cedric Meyer von der jungen SVP, Mechtild Mus von den jungen Grünen sowie Jeremy Weibel, parteilos mit den Fricker Schülerinnen und Schüler.

Am Mittwoch durften die Schülerinnen und Schüler, zumindest theoretisch, selbst National- und Ständeratskandidaten wählen und lernten, wie man richtig kumuliert und panaschiert. Corinne Siegfried: «Wir haben von den Gemeinden die Rückmeldung erhalten, dass immer wieder Wahlzettel falsch ausgefüllt bei ihnen ankommen. Aus Datenschutzgründen dürfen die Gemeinden die Wählenden aber nicht darauf aufmerksam machen.» Falsche Wahlzettel soll es von der Fricker Schülerschaft in Zukunft keine geben: «Wenn man wählen geht, soll der Zettel auch korrekt ausgefüllt sein. Sonst ist es schade für alle.»

Dass eine Projektwoche einer Schule auch konkrete politische Auswirkungen haben kann, zeigte sich am Mittwochmorgen. Corinne Siegfried: «Die Gruppe, welche in Frick war, hat sich von der Gemeinde einen Rage-Raum mit einem Boxsack und einen Brückentag an Fronleichnam statt des freien Tags beim Semesterwechsel gewünscht und von den Verantwortlichen die Rückmeldung bekommen, dass die Gemeinde offen ist für solche Vorschläge.» Am Mittwochmorgen wurde in der Oberstufe über die beiden Vorlagen abgestimmt. Während der Rage-Raum mit einer überwältigenden Mehrheit angenommen wurde, wurde der Tausch des freien Tages abgelehnt. Corinne Siegfried: «Falls die Schulleitung mit dem Rage-Raum auch einverstanden ist, wird dieser Vorschlag also zurück an den Gemeinderat Frick gehen.»

Heute Freitagnachmittag wird die Woche noch mit einem Politcafé, zu dem auch die Eltern eingeladen sind, abgeschlossen.

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