«Ich will diese Erfahrung machen»
07.06.2025 Herznach-UekenGerade mal 25 Jahre jung hat Simon Rohrer schon manche Grenze verschoben. So extrem wie es der Plan fürs Jahr 2027 vorsieht, war der Fricktaler aber noch nie unterwegs.
Simone Rufli
Es war nicht einfach, mit Simon Rohrer einen Termin zu vereinbaren. Jetzt ist er da. Sitzt ...
Gerade mal 25 Jahre jung hat Simon Rohrer schon manche Grenze verschoben. So extrem wie es der Plan fürs Jahr 2027 vorsieht, war der Fricktaler aber noch nie unterwegs.
Simone Rufli
Es war nicht einfach, mit Simon Rohrer einen Termin zu vereinbaren. Jetzt ist er da. Sitzt im Büro der NFZ in Frick und erzählt: «Es mag verrückt klingen, aber es ist wahr: alle drei haben spontan zugesagt.» Er schüttelt den Kopf, ganz so als ob er es auch jetzt noch nicht recht glauben könnte. «Ich will diese Erfahrung machen. Wir alle wollen diese Erfahrung machen.»
Der Reihe nach: Simon Rohrer ist 25 Jahre alt, aufgewachsen in Ueken, zusammen mit einer zwei Jahre jüngeren Schwester. Sport habe immer zur Familie gehört, meint er. Der Vater Faustballer, die Mutter aktiv im Schnurball. Er habe im STV Herznach zum Geräteturnen gefunden und über Simon Hunziker zum Steinstossen und zur Leichtathletik. «Ich klettere auch sehr gerne. Am liebsten am Felsen, weniger gern in der Halle.» Eine Leidenschaft, die er seinem Onkel verdanke, dem Bergführer. Jahrelang hat Simon Rohrer an Kletterlagern der Sektion Aarau des Schweizer Alpenclubs (SAC) teilgenommen.
«Ich bin immer auf der Suche nach Herausforderungen – in der Freizeit, in der Lehre als Automatiker, im Militär …» Zur Rekrutierung ging er mit dem Ziel, den Militärdienst bei den Grenadieren in Isone im Tessin zu absolvieren. Rohrer bestand die Aufnahmeprüfung – keineswegs selbstverständlich in einer Elite-Truppe, deren Bestand sich bis zum Ende der Ausbildung um rund 50 Prozent reduziert. 23 Wochen Rekrutenschule, anschliessend die Unteroffizierschule, Wiederholungskurse. Verpf lichtet für insgesamt zwei Jahre als Berufsmilitär auf Zeit. Täglich 16 bis 20 Stunden im Einsatz. Am Übergang vom Jugendlichen zum Erwachsenen verantwortlich für 10 bis 100 Untergebene.
Geprägt und weitergebracht
«Intensiv, herausfordernd, lehrreich», fasst Simon Rohrer diese Lebensschule mit Führungserfahrung zusammen. «Eine Erfahrung, die mich wie nichts zuvor geprägt und enorm weitergebracht hat.» Mit dem Ergebnis allerdings, dass er – aus dem Militär zurück – seine berufliche Zukunft nicht länger als Angestellter in einem Abhängigkeitsverhältnis sah, sondern in der Selbstbestimmung. Das Beziehungsnetz aus dem Militär als Rückhalt, wagte der gelernte Automatiker mit Stationen bei General Electric in Baden und Bombardier in Oberwil (BL) im Jahr 2023 den ersten Schritt in die Selbstständigkeit. Entstanden ist «Immobilia 360» eine Plattform für virtuelle Touren durch Wohnungen und Gewerbe-Räume.
Aufträge gingen ein, aber zu wenige. Mit einem Nebenjob kam Rohrer über die Runden und zur Erkenntnis – selbständiges Unternehmertum ja, Fotografie im Wohnungsbereich allenfalls als zweites Standbein. Heute ist er zusammen mit einem Kollegen im Empfehlungsmarketing tätig und arbeitet mit einer Firma zusammen, die Produkte im Gesundheits- und Sportbereich herstellt.
Herausforderung genug, könnte man meinen. Nicht für den 25-Jährigen. Zusammen mit Kollegen gründete er einen Verein für Grenadiere. Das Ziel: «Eine Community aufbauen und gemeinsam Wettkämpfe im Bereich Extremsport organisieren.»
4800 Kilometer auf dem Meer
Noch ein ganzes Stück extremer ist Simon Rohrers Plan fürs Jahr 2027: zusammen mit drei Kollegen will er die 4800 Kilometer zwischen La Gomera auf den Kanaren (Spanien) und der Karibik-Insel Antigua in einem hochseetauglichen Spezial-Ruderboot überwinden. Das war übrigens der Moment, als er feststellte: «Es mag verrückt klingen, aber es ist wahr: alle drei Kollegen haben spontan zugesagt, an diesem härtesten Ruder-Rennen der Welt teilzunehmen.» Diese Ruder-Challenge wird seit 2015 jeweils im Dezember durchgeführt. 30 Tage auf hoher See, Wind und Wetter schutzlos ausgesetzt. Vier Mann, zwei sind am Rudern, zwei in der Kabine am Schlafen. Nach zwei Stunden der Wechsel und das während 30 Tagen – ohne Unterbruch. Dazu die Gefahr von freischw immenden Containern und nicht immer wohlgesinnten Meeresbewohnern. Ist das nicht etwas zu viel der Herausforderung? Simon Rohrer schüttelt den Kopf, seine Augen leuchten: «Wir machen das ja nicht einfach so. Wir bereiten uns ab diesem Sommer intensiv auf das Rennen vor. Auf dem Zürichsee beim Ruderverein Stäfa lernen wir zuerst einmal richtig rudern. Im 2026 werden wir dann ein eigenes Boot kaufen und damit vier bis fünf Testfahrten über ca. eine Woche mit verschiedenen Szenarien auf dem Mittelmeer oder dem Atlantik machen.»
Es gehe darum, Abläufe zu trainieren. «Daneben werden wir viel Zeit im Kraftraum verbringen. Und viel Zeit darauf verwenden, Sponsoren zu finden, die uns unterstützen wollen.» Denn das Abenteuer geht ins Geld: Boot, Ausbildung zum Hochseerudern, Teilnahmegebühr, Verschiffen des Boots, Essen, Hotel (während der Vorbereitung) Physiotherapie, Fitness-Abos usw. – die vier Männer rechnen mit rund 300 000 Franken und denken bereits an ein Crowdfunding. «Selbstverständlich kann man unserem Abenteuer unter dem Namen Diamond Row auch auf Social Media folgen.»
15 Kilos zulegen
Im Jahr 2027 gehe es dann vor allem noch darum, Masse zuzulegen. «Auf der 30-tägigen Überfahrt wird jeder von uns täglich rund 7000 Kalorien zu sich nehmen und trotzdem gegen 15 Kilos verlieren. Die müssen wir vorher zulegen.»
Auf der Überfahrt werden die vier völlig autark unterwegs sein; von der Stromversorgung mittels Solar-Panels über die Wasseraufbereitung bis zur Trocken-Nahrung aus dem Beutel. Um die Verbindung zu halten, ein Satellitentelefon, für den Notfall ein auf blasbares Rettungsboot und im schlimmsten Fall nach 48 Stunden Rettung durch ein Begleitboot.
Nur Mitmachen, genügt dem Team «Diamond Row» übrigens nicht. «Wir wollen das Rennen gewinnen», sagt Simon Rohrer. Am Ende des Treffens mit diesem jungen Mann, der schon so viele Herausforderungen gemeistert hat, hält sich die Überraschung über diese Aussage in Grenzen.