Drei Mal Ja zur «Neuen Mitte»: Grünes Licht für Entwicklung beim Rheinfelder Bahnhof

  28.03.2024 Rheinfelden

Es ist intensiv und kontrovers diskutiert worden, doch am Ende gab es klare Resultate: Die ausserordentliche Rheinfelder Einwohnergemeinde-Versammlung hat am Dienstag alle drei Geschäfte im Zusammenhang mit dem Projekt «Neue Mitte» gutgeheissen. Damit ist das Fundament für die Entwicklung des Rheinfelder Bahnhofareals gelegt und die Stadt kann den Bahnhofsaal kaufen.

Valentin Zumsteg

Grossaufmarsch im Bahnhofsaal: 463 von insgesamt 7573 Stimmberechtigten nahmen am Dienstagabend an der ausserordentlichen Rheinfelder Einwohnergemeinde-Versammlung teil; so viele wie schon lange nicht mehr. Das rege Interesse zeigte, dass es sich bei der «Neuen Mitte» um eines der wichtigsten Geschäfte handelt, über das die Rheinfelder in den vergangenen Jahrzehnten zu befinden hatten. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger mussten an diesem Abend über drei Anträge des Stadtrates entscheiden, welche den Bahnhofplatz und das Areal des Bahnhofsaals betrafen. Damit soll die Grundlage für das ganze Projekt gelegt werden, das in den kommenden Jahren weitere Entscheide von den Stimmbürgern erfordert. Stadtammann Franco Mazzi führte eingangs aus, wie die drei Gestaltungsplan-Gebiete Bahnhof, Bahnhofsaal und Roniger-Park zusammenhängen und wie sie verknüpft sind.

«Drei Planungen gehören zusammen»
Viel zu reden gab bereits das erste Geschäft: Der Stadtrat beantragte den Kauf der Liegenschaft Quellenstrasse 1 (ehemaliger Gasthof Quelle) von der J. Willers AG für 3,95 Millionen Franken. Das Gebäude soll dem geplanten Bushof weichen. Die Willers AG wird – so ist es vorgesehen – im vorderen Teil des Roniger-Parks ein neues Dienstleistungsgebäude erstellen und beziehen. Erst danach kann die Stadt die Liegenschaft Quellenstrasse 1 abreissen lassen.

Die Debatte zu diesem Geschäft war intensiv: Christian Singer, der ehemalige Bauverwalter von Rheinfelden, hatte grundsätzliche Bedenken zum Vorgehen des Stadtrates. Er stellte einen Rückweisungsantrag mit der Auflage, dass alle drei Planungen – also die Gestaltungsplan-Gebiete Bahnhof, Bahnhofsaal und Roniger-Park – gemeinsam den Stimmbürgern an einer späteren Gemeindeversammlung vorgelegt werden. «Die drei Planungen gehören zusammen und sind eine Einheit», so Singer. Bei einer gemeinsamen Vorlage erkenne der Stimmbürger viel besser, welche Verflechtungen es zwischen den drei Planungen gebe.

Kritik äusserte auch Ruedi Berner: «Es gibt keine Alternativen, es gibt nur ein Ultimatum. Als Stimmbürger fühle ich mich überfordert.» Er befürchtet zudem, dass die Willers AG im vorderen Teil des Roniger-Parks einen «Klotz» hinstellen wird. Deswegen plädierte er ebenfalls für eine Rückweisung und verlangte gleichzeitig, dass die Willers AG ihr geplantes Dienstleistungsgebäude nicht im Roniger-Park, sondern auf Land der Stadt beim Bahnhof realisiert. Ganz anders sieht es Raymond Keller. Er warnte davor, das Projekt zu verzögern: «Wir müssen heute Pflöcke für die Zukunft einschlagen.» Ähnlich tönte es von Alina Spuhler von der Partei «die Mitte»: «Dieses Projekt bietet Rheinfelden sehr viel: eine moderne Mobilitätsdrehscheibe, einen öffentlichen Park und den Bahnhofsaal. Stimmen Sie jetzt für die Zukunft.» Auch eine Vertreterin der SP sprach sich für den Antrag des Stadtrates und gegen eine Rückweisung aus. Die Grünen befürworten zwar, dass der öffentliche Verkehr gestärkt wird, wie Kathrin Frey Huggler ausführte. «Es ist aber unglücklich, dass die Geschäfte so verknüpft werden.»

Bei der Abstimmung war die Sache klar: Sowohl der Rückweisungsantrag von Christian Singer als auch derjenige von Ruedi Berner blieben chancenlos und wurden mit grosser Mehrheit abgelehnt. Ebenso deutlich war anschliessend die Zustimmung für den Antrag des Stadtrates. Damit kann die Stadt die Liegenschaft Quellenstrasse 1 kaufen.

«Da läuten alle Alarmglocken»
Ein ähnliches Muster zeigte sich beim zweiten Geschäft, das von Stadträtin Claudia Rohrer vorgestellt wurde. Es ging dabei um eine Teiländerung der Bau- und Nutzungsordnung für das Bahnhofsaal-Areal und die umliegenden freien Flächen. Der Stadtrat will eine Verdichtung an diesem Standort ermöglichen; die Ausnützungsziffer soll von heute 1 auf 1,8 erhöht werden. Die Realstone SA als Eigentümerin plant, rund 95 Wohnungen sowie Verkaufs-, Gastro- und Dienstleistungsflächen zu erstellen. Die Stadt kann als Gegenleistung für die Aufzonung den Bahnhofsaal für eine Million statt für 2,2 Millionen Franken erwerben. Markus Trottmann kritisierte die hohe Verdichtung und den Kaufvertrag, welchen die Stadt mit der Realstone SA ausgehandelt hat. «Da läuten bei mir alle Alarmglocken», sagte er. Er stellte schliesslich einen Rückweisungsantrag, weil eine verbindliche Zusage der SBB für die Modernisierung des Rheinfelder Bahnhofs noch fehle. Auch hier fiel das Resultat deutlich aus: Der Rückweisungsantrag wurde mit grossem Mehr abgelehnt, der Antrag des Stadtrates erhielt klare Zustimmung. Damit kann die Stadt den Bahnhofsaal erwerben. Das dritte und letzte Geschäft war dann fast nur noch Formsache: Die Versammlung genehmigte diskussionslos einen Verpflichtungskredit über 550 000 Franken für die Erarbeitung eines Betriebskonzepts und die Durchführung eines Projektwettbewerbs zur Sanierung des Bahnhofsaals.

Es zeigte sich an diesem Abend: Die grosse Mehrheit der Rheinfelderinnen und Rheinfelder – zumindest der versammelten – will eine Entwicklung rund um den Bahnhof. Mit dieser deutlichen Zustimmung für die ersten drei Geschäfte ist das Fundament für das Grossprojekt «Neue Mitte» gelegt.


Angst um Fledermäuse

Der Verband BirdLife Aargau hat Vorbehalte gegen das geplante Bauprojekt der Realstone SA neben und hinter dem Bahnhofsaal Rheinfelden. Die Tierschützer sorgen sich um die Zukunft der Kolonie von Grossen Mausohren in der Stadtkirche St. Martin. «Durch ein geplantes Verdichtungsprojekt beim Bahnhofsaal Rheinfelden soll der Hauptflugkorridor auf 6 Meter verengt werden dürfen, statt der in einem Gutachten empfohlenen 15 Meter. Die Gebäude sollen höher gebaut werden und der Grüngürtel, entlang dessen die Mausohren in ihre Jagdgebiete gelangen, ist durch die geplanten Bautätigkeiten in Gefahr», hält BirdLife Aargau in seiner Verbandszeitschrift «Milan» fest. Zudem störe die Position der Tiefgarageneinfahrt nicht nur die Flugschneise, sondern bringe auch zusätzliche Lichtverschmutzung in den Korridor, genauso wie die Fenster in den geplanten Gebäuden. Um zu verhindern, dass die Kolonie Schaden nimmt, hat BirdLife Aargau deshalb eine Einsprache eingereicht. Damit werde versucht, auf dem Rechtsweg eine Verbesserung des Projekts zu bewirken. Gemäss dem Rheinfelder Stadtbaumeister Lorenz I. Zumstein konnten bereits fünf der sechs Einwendungspunkte von BirdLife geklärt werden. «Der 6. Punkt ist noch offen», so Zumstein. Es sei in diesem Zusammenhang eine Untersuchung zu den Fledermäusen geplant. Klar ist gemäss Zumstein aber, dass der Flugkorridor gewährleistet wird. (vzu)


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote