«Das grenzt an Willkür»

  07.12.2023 Brennpunkt, Mettauertal

Der mit einer Schutzzone zusammenhängende Baustopp im oberen Räbächerli in Mettau, einem Ortsteil der Gemeinde Mettauertal, stösst nicht nur dem Bauherrn sauer auf. Betroffene Anwohner und Käufer fragen sich: Was ist da schief gelaufen?

Bernadette Zaniolo

Im Herbst 2024 sollten die fünf Wohnungen eines Terrassenhauses im Gebiet oberes Räbächerli in Mettau, einem der fünf Ortsteile der 2010 fusionierten Gemeinde Mettauertal, bezugsbereit sein. Im Juni 2023 verfügte die Gemeinde auf Anordnung des Kantons einen Baustopp (siehe NFZ vom Dienstag). Der Kanton hat die privaten Bauherrn, Lorenz Stocker und seine Partnerin Praveena Selvarajah, nun verpflichtet, den Hang in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Wie Stocker gegenüber der NFZ sagt, werde «der Rückbau der Baugrube zirka 60 bis 70 Prozent der Erstellung kosten und dies können wir finanziell nicht mehr stemmen. Wir brauchen jetzt Sicherheiten, um den Schaden für alle Betroffenen nicht noch zu erhöhen.»

Zu den Betroffenen gehören unter anderem auch jene, die bereits eine der fünf Wohnungen des Terrassenhauses gekauft haben. «Man kann sich das in einem Rechtsstaat nicht vorstellen», sagt einer der Käufer kopfschüttelnd. Und ergänzt: «Es ist unglaublich, was da passiert. Wer ist an dieser Misere schuld?»

Aus der Traum vom Alterswohnsitz im Räbächerli
Einer der Käufer (drei von insgesamt fünf Wohnungen sind bereits verkauft) kommt aus der Region Brugg. Wie er gegenüber der NFZ sagt, hatte er sich die gekaufte Wohnung im Räbächerli als Alterswohnsitz vorgestellt. Er wohnt derzeit in einer Mietwohnung und hätte mit dem Wohneigentum Geld gespart. Nun müsse er weiterhin die hohen Mietzinsen bezahlen. Zudem habe er bereits eine hohe Zahlung für die Wohnung leisten müssen. Er ist jedoch überzeugt, dass er wieder zu seinem Geld kommt, denn ihm gegenüber hafte der Verkäufer für den Schaden. Dieser könne den Vertrag nicht erfüllen. Der besagte Käufer hat bereits einen Rechtsbeistand beigezogen.

Anwohner reagieren ebenfalls empört
«Wenn der Bund solche Zonen einrichtet, ohne die Grundeigentümer zu informieren, grenzt das an Willkür und kommt einer Enteignung gleich», hält Ueli Essig im Gespräch mit der NFZ fest. Er wohnt seit 1988 in dieser Bauzone. Bis im Sommer dieses Jahres wusste auch er nicht, dass ein Teil seines Grundstückes im Bundesinventar für Trockenwiesen und -weiden (TWW) als Schutzzone ausgewiesen ist. «Der Kanton muss jetzt unter Druck gesetzt werden», fordert Ueli Essig. Auch die Liegenschaft von Peter Ipser ist von dieser Schutzzone betroffen. «Ein Streifen der Garage.» Welche Fläche es genau betrifft, weiss er nicht. Ipser wohnt ebenfalls schon seit Jahren im Räbächerli. Er erinnert sich an die Entstehung der Planung der Bauzone. Sie sei 1977 von 24 Grundeigentümern ins Rollen gebracht worden. Über eine allfällige Abwertung seiner Liegenschaft durch die nun überlagerte Schutzzone macht sich Ipser momentan keine grossen Gedanken. «Ich habe Vertrauen in die Behörden.» Ipser bestätigt die Aussage eines anderen Liegenschaftsbesitzers, dass in den letzten Jahren immer mal wieder Personen «in den Blüemliwiesen herumstapften», um wohl herauszufinden, was dort kreucht und fleucht. Ein weiterer Grundstückbesitzer verrät, dass die Schutzzone nur schwach in sein Land rage. Auch er bemängelt, dass nie informiert wurde, dass auf ihrem Land eine TWW-Schutzzone sei. Er ist der Ansicht, dass eine solche irgendwo anders in der Gemeinde ausgeschieden werden könne. Zumal das ordentliche Verfahren für die Errichtung einer solchen Zone nicht stattgefunden habe und somit auch nicht rechtens sei.

Diese TWW-Zone befindet sich offenbar erst seit 2010 im Bundesinventar. Weder bei der Gesamtrevision der BNO der Gemeinde Mettauertal im 2014, noch bei der Teilrevision im 2018 hat der Kanton eingegriffen, beziehungsweise auf solche Schutzzonen aufmerksam gemacht. Wie einer der Käufer und auch die befragten Anwohner bestätigen, sei auch im Grundbuch keine Schutzzone eingetragen.

Fragen über Fragen
Die NFZ hat bei einem Bauspezialisten nachgefragt. Dieser sagt, man müsse hier zwischen «zwei Schuhen» unterscheiden. Einerseits betrifft es das Baubewilligungsverfahren. Er stellt fest, dass jeder Eingriff in die Landwirtschaftszone, etwa für den Aushub oder eine Hangsicherung, durch den Kanton bewilligt werden müsse. Und betreffend der Schutzzone sei offenbar das Inventar nicht vollzogen worden. Es gelte abzuklären, warum die in einem Bundesinventar festgehaltenen TWW-Flächen nicht in die kommunale Nutzungsplanung aufgenommen und dort rechtsverbindlich festgelegt wurden.


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