Viel los im Tierparadies

  31.12.2023 Kaisten

Intensive Zeiten für das Team vom Tierlignadenhof Kaisten

Auf die Frage, ob 2024 alles etwas ruhiger angegangen wird, antworten die Betreiberinnen Stefanie und Janina Sutter: «Im neuen Jahr kommen viele Veränderungen auf uns zu.» Alles in allem also gewohnter Alltag auf dem Kaister Tierlignadenhof. Da, wo jeder Moment stets etwas anders ist.

Susanne Hörth

«Bitte klingeln und warten, bis Sie abgeholt werden», steht auf dem Schild bei den beiden nacheinander folgenden Toren vor dem Kaister Tierlignadenhof. Klingeln ist nicht nötig, das Hundegebell vom Platz kündigt Ankömmlinge ohnehin an. «Es kommt gleich jemand», ruft eine der Frauen, die auf dem Hofplatz damit beschäftigt sind, die Pferde in die Stallungen zu bringen. Die Hunde werden beruhigt und ins Haus gelassen. Zwei von ihnen kommen gleich wieder hinaus. In ihrer Mitte haben die riesige Dogge Stella und die kleine französische Bulldogge Emmi Hof betreiberin Stefanie Sutter. Unsere Begrüssung wird begleitet vom Gänse- und Entenschnatter. Seit meinem letzten Besuch hat sich die Voliere vor dem Haus ein weiteres Mal vergrössert. «Wir sind damit auch gerüstet, wenn wegen der Eindämmung der Vogelgrippe wieder Massnahmen in Kraft treten», erklärt Stefanie Sutter. Anpassungen bei Volieren und Gehegen für gefiederte Tiere wie auch für Kaninchen und Co. braucht es immer wieder. Geschuldet sind sie der wachsenden Zahl ihrer Bewohner.

Anfragen von privater Seite und Tierschutzorganisationen für die Aufnahme von Enten, Kaninchen, Katzen, Hunden, Pferden, Ziegen, Schweinen und einiges mehr stellen die Zwillingsschwestern Stefanie und Janina Sutter fast täglich vor schwierige Entscheidungen. Wo Verstand und Vernunft ein klares Veto sprechen, sagt das Herz immer wieder Ja. «Bei einem Nein von uns droht dem Tier nicht selten das Einschläfern oder der Gang zum Metzger», so die Hofbetreiberinnen. Siegt das Herz und ein weiteres Tier darf auf dem Gnadenhof einziehen, so passiert das gleichwohl immer im Bewusstsein, dass damit die Verantwortung wächst. Eine Verantwortung, so Stefanie Sutter, die sie nicht nur für die Tiere tragen, sondern auch für alle Mitarbeitenden, Helfenden und alle Sponsoren und Spender, die den Tierlignadenhof als Lebensgemeinschaft überhaupt erst ermöglichen. Dazu kommt ebenfalls die Verantwortung für den grossen alten Bauernhof mit seinem Umschwung und «die Verantwortung für uns selbst und unsere Lieben», fügt Stefanie Sutter an. In wenigen Wochen erwarten sie und ihr Lebenspartner ihr erstes Kind. Ihre Schwester und deren Mann sind bereits seit einigen Monaten stolze Eltern eines kleinen Mädchens.

Wachsende Verantwortung
«Und ja, wir haben baulich etwas vor», blickt Stefanie Sutter zu den aufgerichteten Bauprofilen bei den in die Jahre gekommenen Holzanbauten. Was hier nach abgeschlossenem Bewilligungsverfahren hoffentlich schon im März starten soll, erzählt sie später im Interview. Wir betreten das Haus, wo eben der Gangboden feucht aufgenommen wurde. Nicht das erste und auch nicht das letzte Mal an diesem Tag. Ständiges Saubermachen – ob im Hausinnern oder draussen auf den Plätzen und den Stallungen gehört zum normalen Arbeitsalltag auf dem Tierlignadenhof mit seinen aktuell rund 180 Tieren. Diese sind es jedoch, die jeden Moment bewegende Geschichten schreiben und für neue Herausforderungen sorgen. Trotz wachsender Verantwortung und zunehmenden Aufgaben ist Stefanie und Janina Sutters Engagement für ihren Hof ungebrochen. Denn: «Die grösste Freude und Anerkennung für uns sind die zufriedenen, glücklichen Tiere auf unserem Hof.»


«Es geht immer auch um Verantwortung»

Alltag auf dem Tierlignadenhof in Kaisten

Der Tierlignadenhof ist seit vielen Jahren ein fester Bestandteil im Leben der Zwillingsschwestern Stefanie und Janina Sutter. Unter ihrer Leitung ist vieles strukturierter geworden. Sie haben Neues angepackt und realisieren können. Neues und Veränderungen gibt es auch im neuen Jahr.

Susanne Hörth

KAISTEN. «Im Februar ist es so weit», sagt Stefanie Sutter und streicht sich sanft über den gewölbten Bauch. Damit geht sie gleich auf eine der grössten Veränderungen in ihrem Leben im kommenden Jahr ein. Lotta folgt der Hand ihres Frauchens und legt ihren Kopf auf den Babybauch. Hören kann die taube Hündin nichts, fühlen hingegen schon. «Lotta ist ein richtiger Babyhund», lacht Janina Sutter. «Bei mir hat sie das auch gerne und oft gemacht.» Ihre kleine Tochter ist zwischenzeitlich ein paar Monate alt. Im Gespräch mit der NFZ berichten die Schwestern über das vergangene Tierlignadenhof-Jahr und geben einen Ausblick auf das neue Jahr.

NFZ: Was wird sich Eurer Meinung nach im 2024 am meisten verändern? Stefanie Sutter (sieht zu ihrer Zwillingsschwester): Die grösste Veränderung im neuen Jahr ist sicher, dass Du mit Deiner Familie ins Liechtensteinische ziehen wirst…
Janina Sutter: … und bei Dir die Geburt Deines Babys.

Janina, wirst Du nach Deinem Umzug trotzdem regelmässig auf dem Tierlignadenhof anzutreffen sein?
Janina:
Ich versuche sicher, wenn möglichst an den Wochenenden hier zu sein und mitzuhelfen.

Stefanie, werden Du und Dein Partner nach der Geburt Eures Kindchens weiterhin auf dem Tierlignadenhof leben?
Stefanie:
Selbstverständlich.
Janina: Und da wartet ja eine weitere Herausforderung…
Stefanie: …unser bisher grösstes Bauvorhaben.

Optimierungen und ein Rückzugsort
In diesem Jahr konnte ein schon langes, dringlichstes Vorhaben auf dem Tierlignadenhof umgesetzt werden. Dank der neu erstellten Sickerleitung ist das grosse Hofgebäude wie auch dessen Fundament endlich genügend vor Feuchtigkeit geschützt. Während der Bauarbeiten wurde festgestellt, dass beim Heustock einige der tragenden Balken morsch sind und aus Sicherheitsgründen umgehend ersetzt werden mussten. Wie bei der Sickerleitung konnten die Kosten dank treuen Spendern und Sponsoren mehrheitlich gedeckt werden.

Das volumenreiche, zirka 200 jährige Hofgebäude, verfügt über mehrere Anbauten. Jene Stallungen und Stauräume linkseitig (vom Hofplatz her) sind mittlerweile stark einsturzgefährdet und müssen ersetzt werden. In dem ohnehin schon vollbepackten Alltag der Hofverantwortlichen – Stefanie Sutter arbeitet neben ihren Aufgaben auf dem Hof auswärts in einem 50-Prozent-Job – kamen nun auch noch zahlreiche Bausitzungen hinzu. «Wir haben einen Architekten beigezogen, um eine optimierte Stalleinteilung und auch, um mehr Wohnraum zu planen», erzählen die Schwestern.

Der grosse Raum im ersten Geschoss wird aktuell noch von Stefanie Sutter bewohnt. Sie sagt dazu: «Wir wollen hier den Katzenbereich vergrössern und machen gleichzeitig einen Wanddurchbruch zum Neubau.» In diesem entstehen im unteren Bereich die neuen Stallungen, darüber wird der Wohnraum erweitert.

Wann soll den der Baustart sein?
Stefanie:
Wenn möglich im März. Wir rechnen mit einer Bauzeit von zehn Monaten.

Und alles bei laufendem Betrieb…
Stefanie:
Davor haben wir auch einen Riesenrespekt.

Wie stemmt ihr das finanziell:
Janina:
Mit Spenden und Sponsoring. Wir wollen noch entsprechende Aufrufe machen.

Wenn man regelmässig auf den Hof kommt, so kommt man nicht umhin, festzustellen, dass vieles erneuert wurde, alles stets auch sehr gepflegt ist.
Stefanie:
Viele Leute sagen tatsächlich, es sei viel strukturierter geworden. Man erkenne das Konzept darin.
Janina: Es ist eine der Verantwortungen, die wir wahrnehmen.

Wir haben jetzt viel über die Hof-Infrastruktur gesprochen. Wie sieht der Alltag rund um die Tiere aus? Janina: Leider nimmt der administrative Aufwand immer mehr zu.
Stefanie: Wir bekommen sehr, sehr viele Anfragen für die Aufnahme von Tieren. Und immer geht es auch darum, schnelle Entscheidungen treffen zu müssen.

Ihr könnt nicht alle aufnehmen. Das hat ja auch wieder mit Verantwortung zu tun. Stefanie: Das ist so. Trotzdem kümmert uns jedes tierische Schicksal. Und manchmal können wir wirklich nicht nein sagen.

Immer wieder wird das Gespräch unterbrochen. Von Telefonanrufen oder den Mitarbeitenden, die etwas mitteilen oder fragen wollen. Stefanie Sutter nimmt Emmi, die quirlige, kleine französische Bulldogge, auf den Schoss. «Sie ist erst sechs Monate alt. Ihr drohte das Einschläfern, nachdem festgestellt wurde, dass sie eine starke Skoliose und Hüftdysplasie hat.» Der Züchter wollte davon nichts gewusst haben, schlug der Familie, die sich mit den möglichen Behandlungskosten überfordert sah, das Einschläfern vor. Die kleine Hundedame wurde zwischenzeitlich tierärztlich behandelt, ist schmerzfrei und hat trotz einiger Einschränkungen nun ein Lebensplatz auf dem Tierlignadenhof gefunden.

Am Interviewtag zieht ein weiteres, ebenfalls erst sechsmonatiges Hundemädchen auf dem Kaister Hof ein. Sie ist auch der Grund, weshalb Janina Sutter etwas später zum Gespräch kommt. Die ungewisse Zukunft dreier Berner Sennen-Hunde haben die letzten Wochen für viel Abklärungen, Gespräche und letztlich vier lange Autofahren bei den Zwillingen gesorgt. «Die Hunde lebten bei einem Bauern im Pferdestall. Er hatte uns kontaktiert, weil er nicht wusste, was er mit ihnen machen soll. Einfach töten könne und wolle er sie ja nicht.» Auf der Suche nach einer Lösung haben die Schwestern mit anderen Tierschutzorganisationen Kontakt aufgenommen. Mit wenig Erfolg. Schliesslich entschieden sie vor einer Woche, zwei der Hunde nach Kaisten zu holen. «Der Bauer gab an, er hätte jetzt doch jemand für das eine Weibchen.» Die Interessenten wollten dann doch nicht. Die Hündin harrte nun allein in der verkoteten Pferdebox aus. Was letztlich für das spontane Abholen durch Janina sorgte.

Das Wiedersehen der drei Hundegeschwister auf dem Kaister Tierlignadenhof kann schlicht und einfach nur mit Freude pur beschrieben werden. «Wir versuchen nun, die Drei zu sozialisieren, sie stubenrein werden zu lassen und ihnen einen Grundgehorsam beizubringen», so Stefanie. «Dann wollen wir versuchen, für jeden von ihnen einen schönen Platz zu finden», ergänzt Janina. Tiervermittlungen gehört nicht wirklich zu ihren Aufgaben. Bei den Berner Sennenhunden ist jedoch die Hoffnung gross, dass sich jemand mit viel Tierliebe und Verantwortungsgefühl um sie kümmern kann.

Unkontrollierte Vermehrungen sowie schnelle und unüberlegte Anschaffungen von Tieren gehören zu den Gründen, warum es Gnadenhöfe wie Eurern braucht.
Stefanie:
Und es wird immer schlimmer. Deshalb haben wir auch so viele Anfragen. Für mich hat es oft mit der Naivität der Leute zu tun. Es ist darum umso wichtiger, dass Kinder schon früh den richtigen Umgang mit Tieren lernen.
Janina: Leute, die sich mit dem Tierwohl regelmässig auseinandersetzen, entwickeln sich weiter. Sie sind auch bereit, Verantwortung zu übernehmen.

Verantwortung ist ein Wort, dass von Euch beiden immer zu hören ist.
Janina:
Weil es etwas sehr Wichtiges ist.
Stefanie: Wir tragen Verantwortung für jedes Tier, das wir aufnehmen. Wir nehmen die Verantwortung ebenso für unser zwischenzeitlich gewachsenes Mitarbeiterteam, unsere Helferinnen und Helfer wahr. Und wir tragen auch Verantwortung für uns selbst und unsere Familien.
Janina: Indem wir die Verantwortung übernehmen, es schon so lange auch tun, haben wir längst auch allen bewiesen, wie ernst uns der Tierlignadenhof ist …

… und ihn trotz aller Veränderungen auch weiterhin auch führen werdet?
Janina und Stefanie:
Auf jeden Fall. Wir wollen weiterhin einen Zuf luchtsort für Tiere bleiben. Auch für Menschen.
Stefanie: Die Einheit zwischen Janina und mir ist das Wichtigste. Damit funktioniert auch der Tierlignadenhof.


Auf der Homepage des Tierlignadenhofes halten die beiden Betreiberinnen unter anderem fest: «Unsere Aufgaben sehen wir nicht nur darin, Tieren in Not zu helfen, wir möchten auch Aufklärungsarbeit rund um die Tierhaltung leisten. Wenn unsere Plätze für Tiere auf dem Hof auch begrenzt sind, so möchten wir wenigstens als Gesprächspartner Hilfe bieten oder mit unserer langjährigen Erfahrung in Not geratene Tierhalter unterstützen.»

www.tierlignadenhof.ch


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