Koexistenz zwischen Mensch und Tier

  22.07.2022 Fricktal

Oder das vergessene Bewusstsein wer wir sind

Der Begriff Koexistenz kommt aus der Ökologie und steht für das Überleben zweier miteinander interagierender Arten im gleichen Lebensraum (Mensch und Haus- und Nutztiere). Das Gegenteil davon ist der Konkurrenz-Ausschluss (Mensch und Grossraubtiere). Tierfreunde sollten folgende Tatsachen akzeptieren können. Dabei möchte ich damit nicht diese empathielosen Pseudotierfreunde ansprechen, die Freude empfinden, wenn Wölfe eine Kuh hinten angefressen haben und sie daran langsam eingegangen ist und mit «ist halt Natur, er kann ja nicht Spargel stechen», kommentieren. Sondern vielmehr diese Menschen, die Trauer empfinden mit dieser Kuh, in gleichem Masse, wie wenn ein Wolf angefahren wird und er mit gebrochener Hüfte noch lange leiden muss, weil auf einen Tierarzt gewartet werden muss, der sein OK zum Fangschuss vom Jäger gibt, wie das in vielen Ländern in Europa das Gesetz noch vorschreibt.

Grundsätzlich gehört die menschliche Rasse zur Natur wie jedes andere Tier auch. Also nur Tiere zu lieben und Menschen zu verachten, wie das heute in Social Medias oft zu lesen ist, ist ein Paradoxon. Wir entstammen alle von derselben Natur und gehören zu ihr. Leider haben das viele Menschen vergessen und sich selbst aus der Natur ausgeschlossen, sind sich aber dessen nicht bewusst. Der oft verwendete und somit falsche Begriff «Umwelt» zeigt das, die Menschen im Zentrum und alles andere um uns herum...

Wildtiere leben mit den Naturgesetzen. Der Stärkere gewinnt (Anpassungsfähigkeit ist auch eine Stärke) bis zum bitteren Ende; meint, bis sein Fressfeind oder sein bevorzugtes Beutetier ausgerottet oder vertrieben ist. Wildtiere sind wehrhaft, wenn sie ihre Familie oder ihre erbeutete Nahrung verteidigen müssen. Der Mensch ist rein körperlich den meisten Raubtieren unterlegen. Aber durch seine Neugier und die Fähigkeit, aus Erlerntem Neues zu erschaffen, hat er Werkzeuge (Waffen) entwickelt, die seine körperlichen Nachteile zur Verteidigung gegen Nahrungskonkurrenten wettmachen. Menschen müssen ihre Wehrhaftigkeit gegen Grossraubtiere wiederfinden, damit die Familie und die Nahrung wieder geschützt werden kann.

Alle Tiere, egal ob Wildtiere, Haus- oder Nutztiere, haben Krankheiten. Sie leiden an Ekto- wie an Endoparasiten, wie wir Menschen auch, sie sterben an Krebs, Tuberkulose und vielen anderen Krankheiten. Für Menschen, Haus- und Nutztiere haben wir heute gute Medizin, die in vielen Fällen hilft. Das Leiden bei Wildtieren in unserem gemeinsam besiedelten Lebensraum kann nur, wenn wir es finden, der erlösende Hegeabschuss beenden. Es ist des Menschen Pflicht, das Leid von kranken Tieren zu verhindern oder zu verkürzen. Dabei hilft, dass kranke Wildtiere oft die Nähe der Menschen suchen, um noch energiesparend an Nahrung zu kommen. Bei Grossraubtieren ist das für uns keine wünschenswerte, sondern eine gefährliche Situation. Dazu braucht es nach wie vor pflichtbewusste Menschen mit einer Jagdausbildung.

Wildtiere derselben Art verhalten sich Region spezifisch sehr unterschiedlich. Die Art der Beutetiere, die Beschaffung der Nahrung und Jagdmethoden sind den Gegebenheiten des Lebensraumes angepasst und werden nach Bedarf geändert. Beim Wolfsrudel kommt die unterschiedliche Rudelhierarchie, ausgeprägt durch die unterschiedlichen Charaktere der Rudelmitglieder, hinzu. Wichtiger Faktor ist hier auch die lokale Bevölkerungsdichte im umliegenden Lebensraum der Menschen.

Homo erectus war wohl der erste Urmensch, der Fleisch gegessen hat. Also beginnend vor ca. 1,9 Mio. Jahren. Bezeichnend dafür ist die Verwendung von Feuer, weil Fleisch schwer anders für Hominide zu verdauen war und ist. Aus dem Fleisch erhalten wir lebenswichtige Proteine und andere Stoffe, die unser Körper gut verdauen und aufnehmen kann. Wildtiere zu jagen und Fleisch zu essen ist kein Vergehen an der Natur und hat keinen Verlust an Menschlichkeit oder an Biodiversität zur Folge. Es ist ein wichtiger Bestandteil von naturbewusstem Leben. Die Menschen sind nach wie vor Allesfresser, wie viele andere Lebewesen auch.

Wir müssen alle Nahrungsmittel wieder schätzen und geniessen lernen. Der wichtigste Punkt: die Zucht von Weidetieren muss mit Respekt, Demut und Zurückhaltung geschehen, was in grossen Teilen der globalisierten Welt verloren gegangen ist. Überf luss, Gier und Hochmut müssen wieder verlernt werden. Profitdenken im Umgang mit der Natur, den aus ihr entstandenen Nahrungsmitteln, im speziellen mit der Tierwelt, ist abzulegen. Dahingehend, dass unsere Nahrungsmittel in dem Masse hergestellt werden, wie wir sie brauchen: sparsam, gesund, naturschonend und dass die Bauern für ihre Arbeit einen fairen Preis erhalten. Jedes Land für sich, ohne Import/Export Geschäft.

Eine Koexistenz mit Grossraubtieren ist nicht möglich. Es gibt kein Interagieren zwischen Bären, Wölfen und Menschen. Somit ist es ein Konkurrenz-Ausschluss. In unserer dichtbesiedelten Kulturlandschaft werden Grossraubtiere ohne sinnvolle Regulierung nicht bestehen. Naturbedingt, weil wir Menschen mit unseren Weidetieren auf zu engem Raum mit Bären und Wölfen leben sollen, wird unsere Nahrung, die Weidetiere, auch zu ihrer Nahrung. Durch ihren angeborenen Opportunismus holen sie Schafe, Ziegen, Rinder oder Pferde, weil sie diese energieschonender erreichen als zum Beispiel Rotwild. Der oft genannte Wunschtraum einiger Tagträumer unserer heutigen Gesellschaft, vorwiegend in den NGOs angesiedelt, dass die Wölfe das Rotwild dezimieren würden und damit der Baumbestand unserer Wälder besser hochkommen kann (Profitdenken), kann deshalb nie eintreffen.

Auch eine grössere Biodiversität wird es durch Wölfe nicht geben. Im Gegenteil: Ihre Fressfeinde und deren Beutetiere werden ausgerottet. Seit jeher heimische Kleintiere wie Füchse, Hasen, Bodenbrüter, Murmeltiere etc. werden durch eine unregulierte Wolfspopulation stark gefährdet. Im Gegensatz zum Wildschwein. Wolfsbefürworter behaupten, Wölfe können die Wildschweine dezimieren. Auch hier das Gegenteil ist der Fall. Sie mögen wohl ab und zu im Rudel eines erwischen, ja, aber mit dezimieren hat das noch lange nichts zu tun. Wildschweine sind zu wehrhaft für Wölfe, also keine leichte Beute, es kostet sie zu viel Energie.

Dass die Biodiversität mit einer unregulierten Wolfspopulation leidet, dafür gibt es Beispiele: In Schweden mit den beinahe ausgerotteten Rentieren, wo nun ein grosser Teil des Wolfsbestandes entnommen wird, sowie in Alaska in der Nähe von Kleinstädten, mit Hirschen und Elchen, wo der Wolfsbestand seit hunderten von Jahren aus denselben Gründen kurzgehalten wird. In Wyoming (Bevölkerungsdichte 2.3 Einwohner/ km2) sechs Mal grösser als die Schweiz (BD 214/ km2), wird der Wolfsbestand seit vielen Jahren auf 10 Rudel (ca. 100) gehalten, um die Landwirtschaft zu schützen. Alle Argumente der NGOs sind heute mit dem uralten Wissen über Bären und Wölfe aus unserem und anderen Kontinenten widerlegbar. Die einzigen Arten, die von Wölfen profitieren werden, sind Aasfresser wie Geier und Krähenvögel. Ist eine minimale Erhöhung der Artenvielfalt durch Geier, die in grosser Anzahl einfliegen werden, die bei Mangel an Aas auch lebende (Nutz-)Tiere angreifen, es wirklich Wert, unsere Landwirtschaft an die Wand zu fahren?

Eine natürliche Regulation der Grossraubtiere durch uns Menschen ist in Europa daher unumgänglich. Die Wolfspopulation muss mit einer für die Landwirtschaft sozialverträglichen Obergrenze sowie mit einer arterhaltenden Untergrenze bejagt werden. Ansonsten werden sie in der Landwirtschaft nie Akzeptanz finden.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote