Der Narro

  11.02.2023 Brennpunkt, Laufenburg, Kultur

Einst wurde es als sonderbares Gewand aus «hundert Bletzen» hergestellt, vom Laufenburger Statdtrat für den Kirchengang als nicht geeignet abgetan. Das soll laut Überlieferungen 1386 geschehen sein. Seither wurde es von den Fischern während der Fastnachtszeit getragen. Felix Klingele weiss viel über das Plätzlikleid der Narro-Alt-Fischerzunft 1386 Laufenburg. (sh)


Der Narro ist auch das «Plätzli»-Gwändle

Zunftbruder Felix Klingele hat viel zum Markenzeichen der Zunft recherchiert

Die Laufenburger Narro-Alt-Fischerzunft 1386 wartet mit vielen Besonderheiten auf. Brauchtumspflege gehört zum gelebten Alltag der grenzüberschreitenden Fasnachtszunft. Geschichtsreich ist auch das Plätzlikleid der Zunftbrüder. Es gehört wie die Holzlarve zum Markenzeichen der Zunft.

Susanne Hörth

«Um es gleich richtigzustellen, es ist nicht so, dass sich die Kleider der Schweizer Zunft von jener der Deutschen Zunft in der Form der Plätzli unterscheiden», entkräftet Felix Klingele eine immer wieder zu vernehmende Aussage. Laut dieser sind auf dem Schweizer Gewand der Narro-Alt-Fischerzunft 1386 dreieckige und auf dem deutschen Kleid viereckige Stoffstücke aufgenäht. Es gibt zwar beide Varianten der bunten Zunftkleidung, aber eben nicht länderbezogen.

Klingele, selbst lang jähriger Zunftbruder und damit im Besitz eines, notabene selbstgefertigten «Gwändle», hat sich der Geschichte desselben angenommen. Seine umfassenden Recherchen hat er nicht nur in Wort und Bild dokumentiert, sondern die unterschiedlichen Zeiten auch mit Anschauungs-Nähmustern versehen. Obwohl schon lange ein optisches Markenzeichen der Narro-Alt-Fischerzunft 1386, hatten sich die Machart und die Materialien des Plätzlikleides im Laufe der Zeit verändert. «Der Ursprung des Narrokleides bezieht sich auf die Legende, dass 1386 anlässlich der Huldigung an den neuen Herrn, Herzog Leopold III., der Stadtobrigkeit als Dank für die Treue, ein Kleid ‹aus hundert Bletzen› überreicht worden sei. Da die Stadträte dieses sonderbare Gewand aber nicht für zum Kirchgang geeignet betrachteten, übernahmen es die Fischer, welches sie fortan zur Fasnachtszeit trugen. Sicherer ist jedoch, dass der heutige Narro in der frühen Barockzeit, Ende des 17. Jahrhunderts, entstanden ist.», so Klingele. Der älteste noch vorhandene Narro, oder eben Gwändle, der korrekte Ausdruck des Zunftkleides, wird von der Zunft in einem Schaukasten gehütet. Das zirka aus der Mitte des 19. Jahrhunderts stammende Kleid besteht aus einer Jacke und einer Hose, beides aus groben Leinen genäht. Darauf wurden bunte, etwa zwei auf zwei Zentimeter kleine Stoffplätzchen im Abstand von mehreren Millimetern mit wenigen Stichen von Hand aufgenäht. «Früher war Stoff nicht einfach so verfügbar. Ich nehme an, es wurden alte Kleidungsstücke oder Stoffresten für die Plätze verwendet», geht Klingele auf die im Vergleich zu den heutigen Gewändern auf die eher bescheidenen Ausführungen ein.

Während der Folgejahre wurden die Stoffstückchen etwas grösser, ihre bunte Durchmischung blieb ebenso wie der nach wie vor sichtbare Leinenuntergrund. Um 1900 herum verschwand dieser durch das überlappende Anbringen der Stoffstücke. Wenn zwar nach wie vor eine aufwendige Arbeit, so entfiel zumindest dank des Einsatzes von Nähmaschinen das Aufnähen von Hand.

Die Vielfalt der unterschiedlichsten Stoffe verschwand im Laufe der Jahrzehnte und machte stattdessen dem einheitlichen Wollfilz Platz. Er zeichnet sich durch viele Vorteile aus. Dazu gehört auch, dass er nicht ausfranst und gleichzeitig durch die Leuchtkraft der Farben auffällt. «Zudem hält er warm», macht Zunftbruder Klingele deutlich, weshalb kein synthetischer Filz verwendet werden darf. Denn gerade für die stets in den kalten Monaten stattfindende Fasnacht ist das ausgleichende Naturmaterial von grossem Vorteil.

Felix Klingele zeigt im Schaukasten auf die verschiedenen Anordnungsmuster der Plätzlis. Horizontal wie auch diagonale Ausführungen gibt es da zu bestaunen. Bei manchen davon sind die Farben sehr geordnet, bei wiederum anderen spielt die exakte Farbabfolge eine scheinbar untergeordnete Rolle. Klingele hat seine Aufzeichnungen über die Plätzlianordnungen mit Überschriften versehen wie etwa «Horizontal – vertikal», «Rauten ohne Musterbildung», «Rechteck überlappend» oder «Von der Raute zum Dreieck». Das nur eine kleine Auswahl.

Kleiderreglement der Zunft
Die Herstellung und das Aussehen eines Narros ist im Reglement zum Auftritt der Narro-Alt-Fischerzunft 1386 Laufenburg klar geregelt. Das geht vom Schnitt von Hose und Jacke bis hin zum Anbringen der Wollfilz-Plätzlis. Diese müssen mindestens fünf Farbtöne (zwingend auch rot und gelb) aufweisen. Viele Details wie Abschlusskanten, Rückendekoration, Jackenrand und so weiter sind ebenfalls geregelt. Eine um den Hals gebundene Rüsche gehört ebenso dazu wie das um den Bauch geknotete Fischernetz. Ein Narro ist erst vollständig mit einer eigenen Holzlarve und dem Käppli. Wie diese ist auch jedes Gewand einzigartig. «Kein Kleid gibt es zweimal», macht Felix Klingele an dieser Stelle deutlich, dass jedes Zunftgewand mit seinen rund 5000 Plätzlis wie auch die Larve und das Käppli Unikate sind. Trotzdem bilden sie in ihrer gesamtheitlichen Übereinstimmung eine klare Einheit bei jedem Auftritt der Narro-Alt-Fischerzunft 1386. Einer Gemeinschaft, welcher die Zunftmitglieder bei ihrer Vereidigung lebenslange Treue schwören. Das Plätzlikleid ist somit auch Ausdruck der Verbundenheit zu einer traditionsreichen Fasnachtszunft. Entsprechend stolz wird der Narro von den Zunftbrüdern auch getragen.


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