Der Name war einst Programm

  17.02.2023 Laufenburg, Wirtschaft

Die Laufenburger Marktgasse im Laufe der Zeit

Rund 100 Jahre alt ist eine Postkarte, die Bruno Erdin aus Gansingen gehört. Das Foto zeigt die Marktgasse Laufenburg zu einer Zeit, als sich fast in jeder Liegenschaft im Erdgeschoss ein Laden befand.

Susanne Hörth

Wer durch die von hohen Altstadthäusern gesäumten Gassen von Laufenburg flaniert, kommt nicht umhin, gerade in der Marktgasse die zahlreichen Schaufenster zu bestaunen. Manche davon zeugen von künstlerischen Aktivitäten, welche in den Räumen dahinter stattfinden, andere hingegen sind Teil von Wohnungen geworden und wiederum andere stehen einfach leer. Die Zeiten, in denen insbesondere die Marktgasse ihrem Namen als die Geschäftsstrasse von Laufenburg gerecht wurde, sind vorbei.

Dass nach und nach immer mehr Läden, insbesondere auch für den täglichen Lebensmittelbedarf, verschwunden sind, ist dem Zeitgeist und der stetig zunehmenden Mobilisierung geschuldet. Heute setzt man sich ins Auto und fährt das nächstgrösste Einkaufszentrum an, um möglichst in einem Aufwasch alles zu besorgen. Die 2004 neu eröffnete Rheinbrücke Richtung Rheinsulz brachte zusätzlich nochmals mehr Ruhe in die Laufenburger Altstadt. Seit damals ist die alte Brücke zwischen den beiden Altstädten für den motorisierten Verkehr gesperrt.

Über eine längst vergangene Zeit der Marktgasse Laufenburg «berichtet» eine alte Postkarte aus der Sammlung von Bruno Erdin aus Gansingen. Die NFZ bringt in loser Reihe immer wieder einige dieser besonderen, geschichtsträchtigen Karten. Auf der Ansichtskarte sind nicht nur mehrere Läden erkennbar, es zeigt auch ein Stück Alltag aus dem letzten Jahrhundert. Ein Mann spaltet Holz, wahrscheinlich um seine Liegenschaft damit zu heizen. Dass Fotografieren damals noch nicht zum ständigen, und dank den heutigen Smartphones zum überall praktizierten Tun gehörte, wird auch durch die dem Fotografen zugewandten Menschen offensichtlich. Zu erkennen ist zudem auch am Ende der Strasse das Hotel Solbad. «Es wurde 1971 gesprengt. Heute steht dort der ‹Rote Löwe›», sagt Arianne Dannacher, Kuratorin des Laufenburger Museums Schiff. Die NFZ hat ihr die Ansichtskarte gezeigt, um etwas über deren Entstehungszeit zu erfahren. «Die Fotografie kann nicht vor 1920 entstanden sein, weil das Restaurant Adler den Zwiebelturm in diesem Jahr erhalten hat.» Und da der Coiffeur Zürni noch nicht an der Marktgasse tätig gewesen sei – das Coiffeur-Schild fehlt noch – könne die Datierung der Fotografie auf die Zeit zwischen 1920 und 1924 angesetzt werden. Zur Ansichtskarte führt sie weiter aus: «Auf der rechten Seite sehen wir die Metzgerei Meyer im Haus Nr. 180. Metzger Meyer eröffnete später eine Filiale an der Baslerstrasse. Daneben steht das Haus Nr. 181 mit dem Comestiblesgeschäft von Zanotti.»

Sechs Bäckereien in der Altstadt
In ihren weiteren Ausführungen weist die Kuratorin auch auf das Haus Nr. 162 auf der linken Strassenseite hin. 1869 hat die Familie Maier dort einen Bäckereiladen eröffnet. Das Unternehmen ist über die Jahrzehnte kontinuierlich gewachsen und verfügt längst über mehrere Filialen, eine davon befindet sich in der Nähe des Laufenburger Bahnhofes. Den Laden in der Altstadt haben sie schweren Herzens im Jahr 2016 geschlossen. Grund dafür waren verschiedene Veränderungen in der Altstadt wie auch die veränderten Einkaufsgewohnheiten der Kundschaft. Zum Thema Backstuben führt Arianne Dannacher ebenfalls noch an: «Tatsächlich befand sich noch eine weitere Bäckerei in der Marktgasse, die Bäckerei Hahn im Haus Nr. 174. Nicht weit weg, am Marktplatz, war die Bäckerei «Sauter» und in der Burgmattstrasse die Bäckerei «Weber». Insgesamt hätten zum damaligen Zeitpunkt sechs Bäckereien produziert. «Was nicht auf dem Bild zu sehen ist, aber auf gar keinen Fall in einer Einkaufsstrasse zu dieser Zeit fehlen durfte, war eine Eisenwarenhandlung. Sie befand sich an der Marktgasse 166. Philemon Güntert hatte das Geschäft 1907 von Adolf Ursprung-Treier übernommen und ab 1975 führte die Firma Hinden das Eisenwarengeschäft an der Markgasse weiter.»

Wenn auch die Zeit nie stillsteht, so bieten sich alte Foto-Ansichtskarten wie die von Bruno Erdin bestens an, um einen Moment innezuhalten und Augenblicke eines früheren Lebens sicht- und spürbar werden zu lassen.


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