«Ein Nutzen der Fusion ist Professionalität»

  06.01.2023 Bözen, Fricktal, Brennpunkt, Hornussen, Effingen, Böztal, Oberes Fricktal, Elfingen

Aus vier mach eins oder: ein Jahr Böztal

«Das Alte abschliessen, das Neue aufgleisen», mit diesen Worten hat Robert Schmid im letzten Frühling auf die Frage geantwortet, was nach der Fusion von Bözen, Effingen, Elfingen und Hornussen zur Gemeinde Böztal Priorität habe. Vor ein paar Tagen traf die NFZ den Böztaler Gemeindeammann wieder zum Gespräch.

Interview Simone Rufli

NFZ: Wie ist der Stand heute, Herr Schmid, kann sich Böztal schon ganz nach vorne orientieren?
Robert Schmid:
Nach einem Jahr Böztal ist sicher noch nicht alles aus den vorher selbstständigen vier Gemeinden abgeschlossen. In der Politik braucht alles seine Zeit. Wenn ich an meine Ressorts Bau oder Strassen denke, da sind die meisten Projekte, die jetzt in die Umsetzung kommen, noch vor der Fusion aufgegleist worden. Aber ich würde schon sagen, mit dem Zügeln ins neue Gemeindehaus hier in Hornussen, wo jetzt alle Abteilungen unter einem Dach sind, sind wir auf gutem Weg. Aber natürlich stehen noch viele Kisten rum.

Die neue Webseite ist aber aufgeschaltet.
Ja, die hatten wir zum Start leider noch nicht. Es gibt immer noch Sachen, die auf die Vereinheitlichung warten und die zurzeit noch so laufen, wie in den bisherigen Gemeinden. Das ist zum Beispiel bei den Schulen so, weil das Schuljahr vom Kalenderjahr abweicht. Da gibt es Vereinheitlichungen, die mit dem Schuljahreswechsel im 2023 erfolgen werden.

Kaum zwei Monate fusioniert, da trafen die ersten Ukraine-Geflüchteten in Böztal ein…
Das sind die lieben zusätzlichen Herausforderungen, die es neben dem Tagesgeschäft und neben der Fusion auch noch zu bewältigen galt. Im Ernst: Das ging bei uns nicht ohne Aufstockung der Abteilung für Soziales respektive Verstärkung durch temporär Angestellte. Riesiges Glück hatten wir bei den Unterbringungsmöglichkeiten. Vom Verein «Eichebaum» in Eff ingen konnten wir umgehend ein bestens geeignetes Haus, das früher eine Aussenstation der MBF war, anmieten. In dem Haus sind 15 Flüchtlinge untergebracht. Die Zusammenarbeit mit dem Verein ist äusserst angenehm. Aber auch aus der Bevölkerung haben wir ein grosses Wohlwollen gespürt. Es haben sich Freiwillige gemeldet, um Deutschunterricht zu geben, um Fahrten zu übernehmen und vieles andere zu ermöglichen.

Sie haben Personalaufstockungen angesprochen. Ist es für Böztal einfacher an Fachleute zu kommen als es das für vier kleine Gemeinden war?
Eine grosse Zielsetzung der Fusion war es ja, als grössere Einheit in den einzelnen Abteilungen professionelle Leute für spezielle Sachen anstellen zu können. Also jemanden speziell fürs Soziale, jemanden für die Einwohnerkontrolle, jemanden fürs Bauwesen. Gerade im Sozialen sind wir sehr gut aufgestellt. Wir haben Leute mit dem nötigen Knowhow. Da kann ich bereits eine sehr gute Bilanz ziehen und ein Ergebnis vorweisen, wo der Nutzen der Fusion sichtbar wird. Es ist doch so, den Allrounder, wie er früher auf einer Gemeindeverwaltung üblich war, findet man heute nicht mehr. Und mit der Fusion haben wir jetzt eine Gemeindegrösse, wo man die Leute als Spezialisten anstellen kann. Wir haben immer gesagt, die finanzielle Einsparung ist der eine Teil. Wenn das wirklich passiert, ist es erfreulich, aber viel wichtiger ist, dass wir professionell aufgestellt sind.


«Da wurde zum ersten Mal  gemeinsam gefeiert»

Fortsetzung des Interviews mit Robert Schmid, Böztal

Der Böztaler Gemeindeammann erklärt, warum er harte Auseinandersetzungen im Gemeinderat genauso schätzt wie gemeinsame Festivitäten, spricht über Tücken in der Kommunikation, zufriedenes Personal und anstehende Projekte.

Interview Simone Rufli

NFZ: Als Geflüchtete aus der Ukraine in Böztal eintrafen, war auch die Schule gefordert.
Robert Schmid:
Wir haben in Bözen an der Schule glücklicherweise eine Person, die ukrainisch spricht. Das ist natürlich ein grosser Vorteil. Dieser Person ist es gelungen, einen guten Draht zu den Gef lüchteten aufzubauen. Wir haben auch deshalb alle Flüchtlingskinder aus der Ukraine in Bözen zusammengenommen, weil alle Zusatzlektionen in der deutschen Sprache haben.

Bei der Schule sind Tagesstrukturen geplant, wie ist man da unterwegs?
Da sind wir noch nicht ganz so weit, wie ursprünglich gewollt. Mittagstische haben wir aber an allen drei Schulstandorten, da geht es mehr ums Vereinheitlichen. Damit man aber wirklich von Tagesstrukturen reden kann, müssen Randstunden-Betreuungsangebote aufgebaut werden. Das ist ein grosses Ziel im Hinblick auf den Start des nächsten Schuljahres.

An allen drei Schul-Standorten?
Das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Dies kommt auf die Nachfrage an, deshalb wurde auch eine Umfrage gemacht. Jetzt erarbeitet eine Arbeitsgruppe ein Konzept.

Ich behaupte, die Fusion war für die Verwaltung ganz einfach: 3plus ist seit Jahren eingespielt, Effingen seit rund zwei Jahren auch dabei.
(Er lacht.) Natürlich, die Leute haben sich schon gekannt, aber wir hatten durchaus auch personelle Herausforderungen. Der Leiter Steueramt hat uns zum Beispiel nach zehn Jahren verlassen.

Der grosse Vorteil ist, dass wir jetzt in Hornussen alle an einem Standort sind und Tür an Tür arbeiten. Das wird auch sehr geschätzt. Man kann sich sehen, man kann sich besprechen. Vorher ging die interne Post zwischen Bözen und Hornussen dreimal am Tag hin und her. Und für die Zusammenarbeit sind auch die gemeinsamen Kaffeepausen wichtig.

Auch Sie haben ein neues Büro bezogen.
Ich arbeite im Gemeinderatszimmer, aber auch ich schätze den direkten Kontakt zum Personal sehr. Ich war vorher am Standort Bözen und habe die Leute, die hier in Hornussen auf dem Steueramt und in der Abteilung Finanzen arbeiteten, eher selten gesehen.

Und wie reagiert die Bevölkerung?
Ich glaube, es ist wirklich gut. Wir haben die Öffnungszeiten etwas anpassen müssen. Damit unsere Leute auch ihre Zeiten haben, in denen sie ungestört arbeiten können. Aber die Bevölkerung weiss, sie bekommt alle Dienstleistungen an einem Ort und das ist doch eine Vereinfachung – auch wenn man dann zur eigenen Ortschaft hinaus gehen muss.

Mit Andreas Thommen, Esther Röthlin, Guy David und Roger Frey sind Sie im Gemeinderat fast nur von früheren Gemeindeoberhäuptern umgeben – funktioniert die Zusammenarbeit bei so vielen Chefs?
Ich würde es mal so sagen: Von der Ressortverteilung her ist es erstaunlich gut aufgegangen. Vieles von dem, was man vorher schon gemacht hat, konnte man weitermachen. Sicher sind bei jedem Gemeinderat neue Aufgaben dazugekommen, aber das ging gut. Natürlich gibt es harte Auseinandersetzungen im Gremium, aber das soll ja auch so sein. Entscheidend ist, dass wir uns bisher immer gefunden haben und den Blick nach vorne richten auf eine gute Lösung für die neue Gemeinde.

Ich meine, kein Widerspruch und einfach alles durchwinken, das wäre innerhalb des Gemeinderats genauso komisch wie an einer Gemeindeversammlung.

Widerspruch gab es zuletzt bei der Jagdhütte Wirz in Elfingen, die, ohne Abstimmung mit der Ortsbürgergemeinde als Eigentümerin, an die Jagdgesellschaft Kästhal vermietet wurde. Gab es da ein Kommunikationsproblem?
Bei der Kommunikation haben wir sicher noch Potential. Es ist halt auch immer die Frage, sind wir im Besitz aller Informationen, wie sie vorher in den einzelnen Dörfern in den Räten gelaufen sind? Mein Bestreben ist es, wenn Fehler passiert sind, mit den Leuten zusammensitzen, die Situation besprechen und gute Lösungen finden, die in die Zukunft führen. Zum Teil sind halt auch Erwartungen da, von denen man jetzt merkt, dass die Umsetzung noch etwas Zeit braucht.

Ich hatte gerade vor Weihnachten noch ein Gespräch mit den Betroffenen im Fall der Jagdhütte Wirz. Der Weg, wie man die Hütte öffentlich machen könnte, führt wohl über die Raumplanung. Es gibt Entwürfe beim Kanton, dass ein Prozent der Waldf läche mit Freizeitnutzungen belegt werden darf. Es braucht also noch etwas Geduld und die Revision der Bau- und Nutzungsordnung für ganz Böztal.

Dass der Gründungs-Gemeinderat von Böztal aus Vertretern aus allen vier Ortsteilen zusammengesetzt ist, das bewährt sich im Allgemeinen?
Das ist ein grosser Vorteil! Wie im Zusammenschlussvertrag vereinbart, gibt es noch eine Begleitkommission, entstanden aus der Befürchtung, dass die Anliegen der vier Dörfer nicht genügend gut eingebracht werden im Gemeinderat. Mit dieser Kommission hatten wir in diesem Jahr aber nicht viele Sitzungen. Weil eben jedes Dorf im Gemeinderat vertreten ist und die Bevölkerung weiss, an wen sie sich wenden kann.

Schon bei den Wahlen hat man gesehen, wie nah zusammen die Stimmenzahlen der einzelnen Gemeinderäte sind. Schon dort hatte ich den Eindruck, es ist bewusst ausgeglichen gewählt und über die Grenze der bisherigen Gemeinde hinausgeschaut worden. Mit dem Ziel, dass alle Ortschaften gut vertreten sind.

Über die Grenzen hinaus wurde auch am 1. August geschaut.
Die 1. August-Feier war für mich das Highlight des Jahres! Weil verschiedene Vereine mitgemacht haben mit Darbietungen und in der Festwirtschaft. Weil es einen grossen Festplatz gab und weil über 300 Leute aus allen Ortsteilen zusammen feierten. Klar, wir hatten auch einen attraktiven Festredner mit Landammann Alex Hürzeler, aber ich hatte wirklich das Gefühl, die Fusion ist bei den Leuten angekommen. Sie haben sie akzeptiert und man feierte als Gemeinschaft zum ersten Mal ein schönes Fest miteinander.

Apropos Vereine: Wie kommen diese mit der Fusion zurecht?
Ich denke, es haben inzwischen alle ihren Platz gefunden. Am traditionellen Landammann-Stammtisch diesen Herbst lag der Fokus auf den Vereinen. Landammann Alex Hürzeler unterhielt sich mit den eingeladenen Vereinspräsidenten und -vertretern. Da kam dann schon zur Sprache, wo der Schuh drückt. Fast alle sorgen sich um die Mitgliederzahlen und die Überalterung. Die Fragen, die im Vorfeld der Fusion bewegten, waren andere: Können wir unsere Übungsabende weiter wie gewohnt durchführen? Wie sieht es mit der finanziellen Unterstützung aus? Da konnten wir mit den Reglementen Nutzung von Gemeindeliegenschaften und Vereinsunterstützung als Leitplanke vorsorgen.

Sie waren Gemeindeammann in Bözen, sind seit 1. Januar 2022 Gemeindeammann von Böztal. Wie ist es vom Arbeitsaufwand her gegenüber vor der Fusion?
Oh, Gemeindeammann von Böztal ist deutlich eine andere Nummer als zuvor Gemeindeammann in Bözen! Ich musste mich schon etwas organisieren, um mein Lehrerpensum von 60 bis 70 Prozent, die Behördentätigkeit und die privaten Verpflichtungen unter einen Hut zu bringen. Schliesslich will ich mich überall engagiert einbringen. Ein solches Amt haben und daneben 100 Prozent arbeiten, das könnte ich nicht.

Wobei nicht nur ich einiges an Mehrarbeit leiste. Der Böztaler Gemeinderat als Ganzes und auch das Personal haben in diesem ersten Jahr sehr viel geleistet. Dafür möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen und allen Angestellten recht herzlich bedanken.

Jahr zwei nach der Fusion hat bereits begonnen. Welches sind Böztals Prioritäten fürs 2023?
Jetzt kommen diverse Projekte in die Umsetzung. Insbesondere Strassenerschliessungen, die zum Teil bereits vor der Fusion aufgegleist wurden wie das Kantonsstrassenbauprojekt in Effingen mit dem Kreisel und der Bahnhofstrasse. Bei der Erschliessung Elfingen Fuchsloch/ Schlotterboden soll anfangs Jahr die Submission gestartet werden. Dann soll auch die Schulraumerweiterung Hornussen aufs neue Schuljahr hin parat sein. Und beim Abwasser kommt das Projekt mit dem Anschluss an die ARA Kaisten in eine neue Phase.


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