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  30.09.2022 Kolumne

Angespanntes Sitzen

Simone Rufli

Vielleicht sitzen Sie gerade. Dann rate ich Ihnen, aufzustehen. Fragen Sie nicht. Begeben Sie sich in einen Raum, wo es keine Stühle hat – noch besser, meiden Sie jede Art von Sitzgelegenheit grossräumig. Und bitte lesen Sie diesen Text auf gar keinen Fall laut!

Für den Fall, dass Sie daheim oder im Büro zu viele Stühle herumstehen haben, begeben Sie sich ins Freie – aber auch dort nicht zu nah an einen Stuhl. Gehen Sie auf Distanz, bleiben Sie, wenn immer möglich, ruhig und verhalten Sie sich so unauffällig wie möglich.

Wenn Sie sich unbedingt mit jemandem verständigen müssen, bedienen Sie sich der Zeichensprache oder schreiben Sie einen Brief.

Hysterie? Von wegen! Seit ich gelesen habe, dass in Zürich neuerdings Stühle auf öffentlichen Plätzen herumstehen, die mit Sensoren und Mikrofonen ausgerüstet sind und diese kleinen, digitalen Spione festhalten, wer wann, wie lange, wo sitzt und was sagt, hat sich mein Verhältnis zum Stuhl grundlegend verändert.

Was ich nie für möglich gehalten habe, ist eingetroffen: Ich habe das Vertrauen in den Stuhl als ein Hort des unbeschwerten Sitzens verloren – und das bedeutet nun wirklich nichts Gutes.

In Zürich handelt es sich übrigens um zeitlich begrenzte Messungen von Stadt und ETH bzgl. Frequentierung von öffentlichen Plätzen und Lärmpegel-Messungen.


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