«Es ist ein Trauerspiel»

  30.08.2022 Kaisten, Natur, Sisseln

Massnahmen gegen das Austrocknen der Sissle

Die «Sissle» gleicht derzeit eher einem Weg als einem Bach. Mit dem Projekt «Sissle 2030» will der Kanton Gegensteuer geben. Ueli Bögle aus Sisseln sieht einen der Gründe für die Austrocknung im Entzug des Wassers im Zusammenhang mit der Regionalisierung der Kläranlagen.

Bernadette Zaniolo

«Vor dieser Regionalisierung hat die Sissle selten wenig Wasser gehabt», sagt Ueli Bögle. Er wohnt seit 45 Jahren in Sisseln, davon 40 Jahre in unmittelbarer Nähe der Sissle. Der 69-Jährige ist und war ein Befürworter, dass das Abwasser verschiedener Gemeinden gemeinsam geklärt wird, dies in der Regionalen ARA in Kaisten. Doch schon damals habe er angeregt, dass das gereinigte Wasser mittels eines Rohres wieder in das Gewässer der Gemeinde, heisst in den Bach, zurückf liessen soll. Heute wird das geklärte Wasser in den Rhein geleitet. «Es fliesst ungenutzt über Rotterdam in die Nordsee», sagt Bögle kopfschüttelnd. Und er fügt an: «Das waren damals rund 1500 Kubikmeter Wasser, die dem Bach täglich entzogen wurden, beziehungsweise fehlen. Eine enorme Menge und sie ist heute sicher noch grösser.» Aus der Quelle der Sissle kommt sehr wenig Wasser. Im Sagimülital bei Linn fliessen drei Bäche zusammen. Es sind wichtige Quellbäche zur Speisung der Sissle. Weitere Zuflüsse befinden sich bei Bözen, Hornussen und Frick. «Dieses Wasser kommt jedoch nicht mehr hier bei uns an.» Für den gelernten Kaufmann und Chemikanten ist der momentane Anblick der Sissle «ein Trauerspiel». Er sieht seit längerem einen dringenden Handlungsbedarf.

Projekt «Sissle 2030»
Diesen hat auch der Kanton erkannt. Da die Sissle zwischen Frick und dem Rhein stark kanalisiert ist, oft in einem breiten und seichten Gerinne fliesst und immer wieder austrocknet, hat das Departement Bau, Verkehr und Umwelt das Projekt «Sissle 2030» gestartet. Bei niedrigen Abflüssen soll das Wasser, nicht wie heute auf der gesamten Breite, sondern nur noch im Niederwassergerinne fliessen. Deshalb wurden, wie Silvan Kaufmann, Projektleiter Wasserbau auf Anfrage erklärt, Steinschwellen, Wurzelstämme, Weidenfaschinen und Pflanzensoden eingebaut sowie Kiesbänke erstellt. «Diese Massnahmen verengen den Wasserlauf», so Kaufmann. Durch die kleinere Fläche der Niederwasserrinne und die eher schnellere Fliessgeschwindigkeit «erwärmt sich das Wasser langsamer als in der bisherigen breiten und seichten Wasserfläche», hält Kaufmann auf entsprechende Frage der NFZ fest.

Beschattungen schaffen
Zusätzlich wurden unterhalb der Schwellen drei sogenannte Kolken (Tiefstellen) geschaffen in denen das Wasser kälter bleibt. «Es ist zukünftig wichtig, durch eine geeignete Beschattung durch Pf lanzen und Bäume die Erwärmung des Wassers zusätzlich zu reduzieren». Weiter: «Die Massnahmen sind nicht explizit auf einzelne Fischarten ausgelegt, eher auf ein funktionierendes Gewässersystem, in dem die Austrocknung minimiert wird.»

Die Versuche in der Teststrecke in Oeschgen sind noch nicht abgeschlossen. Gemäss Kaufmann stehen noch weitere Messungen des Wasserabf lusses und der Wassertemperatur an. Genaue Erkenntnisse können erst nach der Auswertung (im Herbst) erwartet werden. Für die Teststrecke herrschten dank der bisher extremen Trockenheit «optimale» Bedingungen, um die Auswirkungen auf die Sissle bei Trockenheit zu beobachten. «Leider konnten auch die Massnahmen der Teststrecke das Austrocknen der Sissle nicht verhindern. Wir sind jedoch der Meinung, dass wir mit unseren Massnahmen einen positiven Effekt auf die Sissle erzielen konnten.»


Krebspest immer noch nachweisbar

Die Strecke, die in Eiken vom WWF revitalisiert wurde, sei seit der Fertigstellung bis auf wenige Tage (Gewitter) meist trocken geblieben. «Hier konnten noch keine Beobachtungen zur Wirkung der gebauten Strukturen gemacht werden», erklärt Silvan Kaufmann, Projektleiter Wasserbau.

Angesprochen auf die Krebspest und mögliche positive Auswirkungen der Trockenheit auf diese, hält Kaufmann fest, dass es sich dabei um eine Pilzkrankheit handelt, die einheimische Krebse befällt. «Im Wasser der Sissle ist diese leider immer noch nachweisbar und das Sperrgebiet bleibt weiterhin bestehen.» Falls invasive Krebse in der Sissle vorhanden sein sollten, «sind diese anpassungsfähiger als die Einheimischen und überleben vermutlich auch die aktuelle Trockenheit. Für Krebse genügen kleine feuchte Stellen zum Überleben. Sie müssen nicht ständig im Wasser sein.»

Vorschläge aus der Bevölkerung
Gemäss dem Projektleiter Wasserbau seien auch einige wenige Rückmeldungen aus der Bevölkerung betreffend Austrocknung der Sissle eingegangen. «Es wurden teilweise auch Vorschläge gemacht, wie zusätzliches Wasser in die Sissle geführt werden kann. Diese Vorschläge werden wir auf ihre Machbarkeit überprüfen.» (bz)


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