Er treibt alles auf die Spitze

  30.08.2022 Kommende Events, Laufenburg, Kunst

Daniel Waldners «Spitzentanz» im Rehmann-Museum

Immer vieldeutig, oft humorvoll, bisweilen surreal und bissig, so kommen die Werke des Kaister Bildhauers Daniel Waldner daher. Eine stattliche Anzahl ist ab Freitag (Vernissage um 19 Uhr) im Rahmen der Herbstausstellung im Rehmann-Museum in Laufenburg zu sehen. Die Ausstellung dauert bis zum 19. Februar 2023.

Simone Rufli

Am Anfang der Ausstellung steht das «Endspiel». Das hat mit dem «Spitzentanz» zwar nichts zu tun, mit Daniel Waldners Kunst, oft basierend auf Fundstücken, hingegen schon. «Ich hatte vor langer Zeit einen kleinen Töggelikasten und immer die Idee, einmal etwas in der Art zu schaffen.» Das «Endspiel» beginnt mit einer Vitrine, die einem Fenster gleich, den Blick ins Innere eines Töggelikastens lenkt. Auf lebensgrosse Fussballer, die wie gesichtslose Soldaten an Stangen baumeln, festmontiert und doch auf eine Art haltlos in arger Schieflage. Betrachten wir ein Spiel? Fussball oder Schach? Gut oder böse? Ist im Leben alles nur schwarz oder weiss?

Die Installation – handgefertigt aus Styropor, grundiert, bemalt und eingepasst in diesen keilförmigen Raum – ist Daniel Waldners Tribut an die Örtlichkeit. Ein ortsspezifisches Werk, vis-à-vis des Guss- und Arbeitsraums von Erwin Rehmann. Eine Installation, die nur so lange Bestand hat, wie die Ausstellung dauert.

Von der Garderobe auf die Bühne
Mit «Jochgrat» beginnt der eigentliche Spitzentanz, der die Besucherinnen und Besucher von einer Art Garderobe mit Holzkleiderbügeln – oder ist es doch ein Walgerippe? – direkt auf die Theaterbühne und quer durch das vielfältige Schaffen des 1963 in Basel geborenen Kaister Bildhauers führt. 25 Jahre Retrospektive. Doch Applaus gibt es nicht für den Künstler. Applaus gibt es für die Betrachter. Kaum haben sie das erste Stockwerk erreicht, recken sich ihnen klatschende Hände entgegen. Manchmal. Manchmal auch nicht. «Die Menge lässt sich nicht steuern, der Applaus kommt einfach irgendwann», erklärt Kurator Tyrone Richards. Wer steht hier auf der Bühne, wer im Zuschauerraum? Verkehrte Welt. «Alles auf die Spitze getrieben», sagt Daniel Waldner und schmunzelt.

Die Bühne ist ein wichtiges Motiv in Waldners Schaffen. Von seiner Bühnenerfahrung mit dem Freilichtspektakel «Cyclope», frei nach Jean Tinguely, zeugt eine ganze Reihe weiterer Objekte, Modelle und Fragmente. So wird etwa an die einstige Installation in der Badstube in Laufenburg erinnert, die auch im Hallwilersee stand und nur noch als Erinnerung besteht.

Zum Nachdenken
Ganz anders die medizinischen Fundstücke aus der Barmelweid, die unter Walders Händen schon auch einmal zu einer Familienkutsche werden. Oder die Ballettschuhe, die an Federn gefangen zu tanzen beginnen. Leicht und locker und doch Zeugnis höchster Opferbereitschaft.

Zum Nachdenken über Bauboom, Gleichförmigkeit und Baukunst regt «zu verkaufen» an. Aufgestapelte, weisse Lagerkisten aus Handwerksbetrieben in der Form eines Hochhauses auf rotem Grund. Von oben betrachtet ein Schweizer Kreuz. «Auslaufmodell», ein Kraftwerk aus und auf Sand gebaut, steht für ganz aktuelle Themen: Energiekrise, Abfall aus Atomkraftwerken. «Und doch ist es keine Predigt», betont Daniel Waldner. «Wir haben alle unseren Energiebedarf.»

Energie in Form von Lichteffekten spielt im Séparée, dem abgedunkelten Ausstellungsbereich, eine Rolle. Vom Gesangsverein aus Plexiglas, übers Home-Office, das einengt, bis zum Werk «Bestrebt», einer ironischen Interpretation von Dantes Bild von der Hölle, gibt es jede Menge teils ungemütliche Anregungen. «Eine beeindruckende Ausstellung», so Rudolf Lüscher, Stiftungsratspräsident des Rehmann-Museums.

Was wie mühelos arrangiert daherkomme, sei ein langwieriger Prozess der Platzierung gewesen, verrät Kurator Richards: «Die Werke haben die Tendenz, sich gegenseitig etwas wegzunehmen.» Mit Sicherheit haben sie aber auch die Fähigkeit, den Ausstellungsbesuchern etwas mitzugeben.


Vernissage am 2. September

Einmal im Jahr werden im Rehmann-Museum in Laufenburg die Werke eines zeitgenössischen Künstlers ausgestellt. In diesem Jahr sind es die Werke des Kaister Bildhauers Daniel Waldner. Die Form der Ausstellung mit dem Namen «Spitzentanz» ergab sich im Dialog zwischen Künstler und Kurator Tyrone Richards. Vernissage ist am Freitag, 2. September um 19 Uhr. Die Ausstellung dauert bis zum 19. Februar 2023. Mittwoch bis Freitag von 11 bis 16 Uhr; Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr.

Anlässlich der Vernissage erscheint eine Publikation, die sich dem Schaffen von Daniel Waldner widmet. «Damit auch über die Ausstellung hinaus etwas erhalten bleibt», so Patrizia Solombrino, Geschäftsführerin des Rehmann-Museums. (sir)


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