«Am Ende entscheidet der Richter, ob es verhältnismässig war»

  30.07.2022 Kaisten

Mit Blaulicht und Horn über den gesperrten Kaisterberg

Seit Anfang 2021 ist die Kaistenbergstrasse eine grosse Baustelle. In der ersten Phase der Belagssanierung mit Ampel-Betrieb und einseitiger Verkehrsführung, seit September 2021 mit Vollsperrung – ausgenommen sind Postautos und die Blaulichtorganisationen.

Simone Rufli

Am Sonntagmorgen, 17. Juli, um 9.45 Uhr, ging beim Polizeinotruf die Meldung ein, dass ein Personenwagen an der Eigenmatt in Kaisten mit einer Hausmauer kollidiert sei. Aufgrund der Meldung wurden unter anderem mehrere Patrouillen der Kantonspolizei Aargau, eine Ambulanz und die Feuerwehren Kaisten, Laufenburg und auch jene von Frick aufgeboten (die NFZ berichtete).

Der kürzeste Weg von Frick nach Kaisten führt über den Kaisterberg. Dieser ist nun aber seit einem Jahr gesperrt. Dürfen Polizei, Sanität und Feuerwehr trotzdem über den Berg fahren?

Die NFZ fragte nach am Stützpunkt der Feuerwehr in Frick, gelegen am Fuss des Kaisterbergs. «Uns ist die Überfahrt jederzeit gestattet», so Andreas Fahrni, Kommandant in Frick. Für Blaulichtorganisationen (Feuerwehr, Polizei, Sanität) gelte die Sperrung nicht. «Von der Arbeitsgruppe Strassensanierung wurde uns für jede Bauphase eine Durchfahrtsbreite von 3,5 Meter garantiert.» Besteht Gefahr für Leib und Leben, ist der kürzeste Weg der einzig richtige Weg. Auch wenn dieser, wie im Fall des Kaisterbergs, durch eine Baustelle führt.

Immer ein erhöhtes Risiko
Im Merkblatt des Bundesamts für Strassen (Astra) ist detailliert festgehalten, in welchen Situationen sogenannte Notfallfahrten erlaubt sind. Zentrale Voraussetzung: Blaulicht und Wechselklanghorn müssen eingeschaltet sein. Denn: «Fahrzeuge, die ihr besonderes Vortrittsrecht beanspruchen, bedeuten grundsätzlich ein erhöhtes Risiko für die anderen Verkehrsteilnehmenden und sind zudem selbst höheren Gefahren ausgesetzt.» Ein Abweichen von den Verkehrsregeln bleibt deshalb nur dann straflos, wenn «alle gebotene Sorgfalt beachtet wird», so das Astra.

Andreas Fahrni macht ein konkretes Beispiel: «Fahren wir mit 80 km/h in einer 30er-Zone ist das nicht mehr verhältnismässig.» Entscheidend sei auch immer, dass das Notfallfahrzeug jederzeit rechtzeitig anhalten könne. «Das ist mit einem vorausfahrenden PW mit 65 km/h auf der Hauptrasse noch möglich, mit dem 26-Tönner aber natürlich überhaupt nicht mehr.» Manchmal sei es eben die Physik, die Grenzen setze. «Ist ein Blaulicht-Fahrzeug in einen Unfall verwickelt, entscheidet am Ende der Richter, ob die Fahrweise verhältnismässig war.»

Gute Erfahrungen
Im Fall des gesperrten Kaisterbergs sei es bisher bei allen Überfahrten zu keinen Problemen gekommen. «Nur einmal war ein Automobilist von der Situation mit Blaulicht und Horn derart überfordert, dass mein Begleiter aus dem Fahrzeug aussteigen und den Fahrzeuglenker persönlich an den Strassenrand weisen musste.»

Baustellen seien manchmal sogar eine Hilfe für die Fahrt mit Notfallfahrzeugen. Fahrni erinnert an die Baustelle in Münchwilen, wo der Verkehr für lange Zeit über eine Ampel gesteuert wurde. «War es möglich, haben die Strassenarbeiter in Münchwilen die Ampel extra für beide Seiten auf Rot gestellt, damit wir gefahrlos und ohne Verzögerung durchfahren konnten.»


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