«Ich habe dies noch nie bereut»

  29.01.2022 Gansingen, Persönlich

Bruno Obrist ein Tausendsassa, der im Stillen wirkt

Bruno Obrist ist nicht gross in der Öffentlichkeit. Er entspricht dem Wesen eines Samariters, die sich solidarisch für die Gesellschaft engagieren. Der Gansinger wirkte in verschiedenen Vereinen an vorderster Front und rettete den örtlichen Samariterverein vor dem Aus. Nun will der 63-Jährige etwas kürzertreten.

Bernadette Zaniolo

Bruno Obrist ist ein Frühaufsteher. Seine Arbeit beginnt der 63-Jährige bereits um 5.30 Uhr. In seiner Funktion als Produktionsplaner bei der BASF hat er weltweit mit der Rohstoffbeschaffung zu tun. Die Frage der Redaktorin, ob er deswegen ein Sprachtalent sei, verneint er. Rückblickend würde er mehr Sprachen lernen, sagt er und fügt an: «Sprachen sind das A und O.» Der Vater von zwei erwachsenen Kindern hatte bei der Elektro Ackermann in Kaisten die vierjährige Lehre zum Elektriker absolviert und zwei Jahre dort weitergearbeitet. Danach wechselte er alle neun Jahre seine Tätigkeit. Zuerst bei der Elektro Schraner in Sulz (1980 bis 1989), in der Produktion der Ciba Geigy als Schichtgruppenführer (1989 bis 1998), der Feuerwehr, Porte-Bewachung und Sanität (1999 bis 2008) der Ciba Spezialitätenchemie, und seit 2009 ist er Produktionsplaner bei BASF («die Rohstoff-Beschaffung ist derzeit schwierig»). «Das ist eher Zufall», antwortet Obrist auf die Frage, ob die Neun eine besondere Bedeutung in seinem Leben habe.

«Ich will etwas reduzieren», erklärt der engagierte Gansinger. Im letzten Jahr vor seiner Pensionierung reduziert er sein Arbeitspensum und an der Generalversammlung im Mai gibt er – nach zehn Jahren – auch das Präsidium des Samaritervereins Gansingen-Mettauertal ab. «Diverse Mitglieder des aufgelösten Samaritervereins Wil traten in unseren Verein ein. Wir sind ein gutes Team und wir haben kein Nachwuchs-Problem. Auch während Corona war der Übungsbesuch gut», freut sich der «Vereinsmensch» Obrist. Doch das war auch schon anders. 2012 hatte der Samariterverein Gansingen zur ausserordentlichen Generalversammlung eingeladen. An dieser GV hätte der Verein aufgelöst werden sollen. Es wollte fast niemand mehr Vorstandsarbeit leisten. Davon ausgehend kamen die Mitglieder an die Versammlung. Und dann kam es anders. Im Vorfeld hatten sich Samariterlehrer Sebastian Boutellier und Bruno Obrist, der dem Verein seit über 30 Jahren (seit 1991) angehört, für einen Fortbestand engagiert. «An der Generalversammlung haben wir mitgeteilt, dass wir einen Vorstand haben», so Obrist, der sich gleich als Präsident zur Verfügung stellte.

Fast immer zuvorderst an der Front
Obrist ist und war vielseitig aktiv. Nach der Jugendriege trat er mit zirka 16 Jahren dem Turnverein bei und wirkte in diesem auch eine Zeitlang als Aktuar im Vorstand. Sechs Jahre war er Präsident der Schützen. Auch dort kam er in den Vorstand und übernahm gleich die Führung. In der Männerriege, in welcher er heute noch Mitglied ist, war er zwei Mal im Vorstand (insgesamt zehn Jahre). Zwölf Jahre war er Mitglied der Steuerkommission und zuletzt auch Präsident. «In der Kirchenpflege war ich auch», erwähnt der Gansinger nebenbei.

Bruno Obrist ist ebenfalls beim Regionalen Führungsorgan (RFO) Oberes Fricktal tätig. Dieses ist das Führungsinstrument der Mitgliedsgemeinden der Zivilschutzregion Oberes Fricktal. Es berät unter anderem bei Katastrophen, Notlagen und anderen Grossereignissen die Gemeinderäte der Zivilschutzregion und setzt deren Entscheide um. In der RFO war Obrist sechs Jahre im Fachbereich Polizei tätig und jetzt im Fachbereich Gesundheit. «Das sind etwa vier bis fünf Übungen pro Jahr», erklärt er. Dies in seiner ruhigen, bescheidenen Art, als ob das alles «locker» in seinem Terminkalender Platz hat trotz der vielen Abendterminen.

Bald auf Weltreise?
«Meine Mutter hat immer für andere Menschen geschaut», erklärt Bruno Obrist, angesprochen darauf, ob dieses grosse Engagement für die Gesellschaft in der Familie liege. Obrist ist im Gansinger Ortsteil Büren zusammen mit zwei Brüdern und drei Schwestern aufgewachsen. «Mir ist es hier wohl. Warum soll ich nach Thailand gehen», sagt er angesprochen auf seine Pläne nach der Pensionierung. Er hat schon viel von der Welt gesehen. Dubai, Singapur, Kanada, USA und das Nordkap sind einige seiner Destinationen. «Wenn das Reisen wieder einfacher wird und es die Gesundheit zulässt, möchte ich noch eine Weltreise machen. Auch ein halbes Jahr Kanada wäre denkbar. Dort haben wir noch Verwandte.» Während er von Erlebnissen in der Wüste, wo es nachts plötzlich sehr kalt werden kann, von der schönen Schiffsreise entlang der norwegischen Küste oder möglicher Reiseziele wie Japan und Asien erzählt, merkt man, dass er seine Heimat schätzt. «In der Schweiz kenne ich mich gut aus.» Wandern, Velofahren (mit E-Bike) und im Winter Skifahren gehören zu seinen Hobbys. Vereine bedeuten ihm Kameradschaft, Teamgeist «und zusammen etwas bewegen.»

Aufruf zum «Samariterluft» schnuppern
Speziell in Bezug auf den Samariterverein sagt er, dass es schön sei, wenn man helfen könne, wenn jemand Hilfe brauche. Der Zusammenhalt unter den Samaritern im SV Gansingen-Mettauertal «ist sehr gut». Dass Obrist zum Samariter wurde, hat auch mit einem speziellen Erlebnis zu tun. Als junger Autofahrer ist er an einen Unfall mit einer verletzten Person herangefahren. «Niemand wusste oder getraute sich zu helfen. Da habe ich mir gedacht, hier muss ich mich noch etwas weiterbilden. Ich habe dies noch nie bereut. Es würde jedem guttun, mal etwas Samariterluft zu schnuppern. Wir müssen wieder lernen, mehr auf den anderen zu schauen und bereit sein, zu helfen. Sonst wird uns eine Vereinsamung einholen.» Und er betont zugleich: «Mit jedem Job, den Du machst, lernst Du.» Er habe auch viele interessante Menschen kennengelernt. Bereut hat er, «dass ich nie ein Musikinstrument gespielt habe.» Eine Option für nach der Pensionierung scheint es dennoch nicht zu sein. Überhaupt: Obrist lebt im Jetzt und betont ein weiteres Mal. «Mir gefällt mein Job.» Und bei Obrist’s scheint man mit Herzblut für die Gesellschaft engagiert zu sein. Seine Frau Luzia (aus Sulz) ist ebenfalls im Samariterverein und leitet das Seniorenturnen 60+ der Pro Senectute in Etzgen und Gansingen. Dank der Kurse, die Obrist im Geschäft absolvieren konnte, «war ich immer auf dem neuesten Stand in Sachen Erste-Hilfe und hätte auch den Samariterlehrer machen können.»


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