Es gibt sie noch, die Waffenläufe

  30.01.2022 Rheinfelden

Traditionssportart hat Tal der Tränen überwunden

Der Rheinfelder Urs Vogel sagt, dass der Waffenlauf sein Tief der vergangenen Jahre überwunden hat. Die Schweizermeisterschaft findet dieses Jahr mit elf Veranstaltungen statt, fünf davon im Aargau. Dazu gehört auch der Fricktaler Waffenlauf in Kaisten.

Willi Wenger

Waffenläufe von heute sind mit jenen vor gut drei bis vier Jahrzehnten nicht mehr zu vergleichen. Waren damals in der Regel immer zwischen 500 und 1000 Teilnehmer am Start, schultern aktuell noch gut 100 Läufer pro Wettkampf die 6,2-Kilogramm-Packung, um ein Erlebnis der besonderen Art zu geniessen. Waffenlauf-Präsident Urs Vogel nennt Faktoren, welche die Läufer zu einer Teilnahme bewegen. «Kollegialität und Wertschätzung werden grossgeschrieben», sagt der Rheinfelder, der seit dreissig Jahren (fast) alle Waffenläufe bestritten hat.

Früher eine richtig grosse Kiste
Damals, vor dreissig bis vierzig Jahren, sei vieles anderes gewesen, nicht nur bezüglich der Teilnehmerzahlen. So beim Tenue, den Schuhen, bei den Waffenläufen schlechthin. «Von den einstigen Veranstaltungen gibt es nur noch den Frauenfelder Militärwettmarsch, der seit 1934 stattfindet.» Dieser sei der Saisonhöhepunkt. «Starten in der Regel plus minus hundert Männer und Frauen, sind es in der Thurgauer Metropole doch noch über 250 Personen.» Vogel ergänzt, dass es in Frauenfeld zur Tradition gehöre, dass ausländische Armee-Delegationen diesen Marathon unter die Füsse nehmen. Schliesslich sagt der einstige Fourier der Armee zur NFZ, dass es früher «völlig normal» gewesen sei, dass im «Sport am Wochenende» des Schweizer Fernsehens regelmässig und ausführlich über den Waffenlauf-Sport berichtet wurde.

Von den heutigen elf Meisterschaftsläufen sind deren zehn Nachfolgeveranstaltungen der einstigen Grossen. Diese sind seit rund fünfzehn Jahren verschwunden, eingegangen, wie das im Laufsport gerne bezeichnet wird. Dieser sei grundsätzlich nicht mehr so populär, kommentiert der 69-jährige Vogel. Auch zivile Läufe hätten Probleme, sei doch die Konkurrenz von einschlägigen Sportarten wie etwa Mountainbike, Duathlon oder Triathlon gross. Und, so Vogel, schlage bei den Waffenläufen der Wandel bei der Armee mit seinen zahlreichen Reformen inklusive des geltenden Waffenrechts durch. Das Herabsetzen des Dienstalters auf gut dreissig Jahre sei auch nicht förderlich gewesen. Zentral an der Entwicklung von über 9000 Teilnahmen pro Jahr in den 1980er-Jahren auf heute 1600 Teilnahmen sei zudem auch das generelle Desinteresse am Wehrsport.

Laufen im Tarnanzug
Der Waffenlaufverein Schweiz, der beim Verteidigungsdepartement (VBS) in Bern die Interessen der Szene vertritt, muss heuer im Speziellen die geltenden Bestimmungen des VBS durchsetzen. Mit dem Tarnanzug (TAZ) 90 dürfen nur noch Angehörige der Armee (AdA) und ehemalige AdAs starten. Nicht-Angehörige der Armee müssen im TAZ 83 starten. Dies sei aber zu bewältigen, relativiert Vogel dieses nicht vorhandene «Problem». Strikt zu befolgen sei auch das Waffengesetz. Auch dies sei grundsätzlich kein Problem. «Mir ist jedenfalls kein Missbrauch bekannt», blickt Vogel auf die Vergangenheit zurück.

Auch ein Waffenläufer: der Rheinfelder Vize-Ammann
In der Geschichte des Waffenlaufs hat der Kanton Aargau beziehungsweise das Fricktal immer wieder gute Erfolge erzielen können. Legendär für den Kanton aus der jüngeren Vergangenheit sind die Erfolge von Kudi Steger, der heute bei den Männern 70 immer noch aktiv ist und der in seinen besten Zeiten den «Frauenfelder» zweimal gewinnen konnte.

Vor Steger war es Werner Fischer, der 1967 alle neun Meisterschaftsläufe gewann und mit seinen vier Siegen im Frühjahr 1968 mit dreizehn Siegen in Folge bis heute der Rekordhalter ist. Regelmässig unter den Teilnehmern sind im Jahr 2022 Urs Vogel mit bisher 261 Teilnahmen sowie der 68-jährige Rheinfelder Vize-Ammann Walter Jucker, der 324 Teilnahmen vorweisen kann. Mit Sven Glutz aus Wallbach ist ein Mann der jüngeren Garde erfolgreich. Aber: Vogel ist dennoch bewusst, dass in seinem Sport eine Überalterung vorhanden ist wie beispielsweise bei den Schützenvereinen auch. Der seit einigen Jahren leichte Aufwärtstrend stimme ihn jedoch zuversichtlich, sagt er.


 Die Schweizer Meisterschafts-Läufe 2022 im Einzelnen: 10. April: Wiedlisbeacher Waffenlauf; 1. Mai: Domleschger Waffenlauf; 21. Mai: Lenzburger Waffenlauf; 5. Juni: Sprint-Waffenlauf Wohlen; 3. Juli: Fricktaler Waffenlauf Kaisten; 3. September: Murianer Waffenlauf; 17. September: Herdener Waffenlauf; 24. September: 5-Schlösser-Lauf Holderbank; 22. Oktober: Burgdorfer Waffenlauf; 6. November: Niederbipper Waffenlauf; 20. November: Frauenfelder Militärwettmarsch.


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