Womit lässt sich das nun toppen?

  30.10.2021 Frick

Acht Etappen, 611 Kilometer, 15 500 Höhenmeter und nur eine gebrochene Speiche – ein paar Stunden nach der Landung am Mittwochmorgen blickt Tom Deiss, der Oldie vom Fricktaler Team «Oldie & Goldie», in Frick auf ein Abenteuer zurück, in dem er gefühlsmässig noch immer steckt.

Simone Rufli

Kurz nach 6 Uhr am Mittwochmorgen ist das Flugzeug aus Kapstadt in Zürich gelandet. Im Rumpf die beiden Fricktaler Tom Deiss, wohnhaft in Frick, und Michèle Mahrer, aufgewachsen in Möhlin, heute wohnhaft in Hunzenschwil. Zusammen das Team «Oldie & Goldie» – Finisher am härtesten Mountainbike-Etappenrennen der Welt in Südafrika.

Vier Stunden nach der Landung, beim Treffen mit der NFZ, wirkt Deiss immer noch nicht richtig angekommen. «Was für ein Event. Was für eine Woche», sagt er und die Augen leuchten. «Dass das nun schon vorbei ist. Gestern sassen wir noch in Kapstadt und versöhnten uns mit dem Restaurant, in dem wir am 13. März des vergangenen Jahres – kurz vor dem geplanten Start – von der Coronabedingten Absage des Cape Epic 2020 erfahren haben. Und jetzt sind wir nach einer unglaublichen Woche schon wieder daheim.»

So schmerzhaft die Absage für die beiden leidenschaftlichen Extremsportler damals war (die NFZ berichtete), die Verschiebung um anderthalb Jahre hatte auch ihre guten Seiten, wie Tom Deiss heute einräumt. «Weil dieser Sommer bei uns nicht richtig heiss war, konnten wir optimal trainieren und am Rennen selber nahmen jetzt im Herbst nicht wie üblich 650 Teams, sondern nur 306 Paare teil.» Dass es bei weitem keine Selbstverständlichkeit ist, ins Ziel zu kommen, verdeutlicht ein anderes Zahlenpaar. Von den gestarteten 306 Teams erreichten 247 das Ziel, alle anderen blieben im Verlauf der Woche auf der Strecke. Pannen und Stürze – die Gefahr lauere überall auf den 611 Kilometern, erzählt Deiss. «Man muss sich wirklich nonstop zusammenreissen, um nicht zu stürzen.» Von Pannen und Unfällen blieben «Oldie & Goldie» bis auf eine gebrochene Speiche verschont. «Wir haben aber mitbekommen, wie ein Teilnehmer nach einem Felgenbruch auf der letzten Etappe sein Velo zehn Kilometer bis ins Ziel getragen hat.»

Juchzen vor Freude
Beide haben schon an vielen Sportanlässen teilgenommen, «aber noch nie haben wir etwas erlebt, das von A bis Z so gut organisiert war», sagt Deiss und erzählt, wie das Velo im Ziel einer jeden Etappe von Helfern entgegengenommen und gewaschen wurde, wie je nach Aussentemperatur warme oder kalte Tücher abgegeben wurden, jederzeit genug Verpflegung bereitstand, unterwegs an sogenannten «Water Points» und natürlich erst recht im Ziel. Er erzählt, wie die im Voraus gebuchte Massage Abend für Abend die Lebensgeister zurückbrachte, der Wäsche-Service sich um die schmutzige Wäsche kümmerte, der gebuchte Mechaniker das Sportgerät überprüfte, das Gepäck von Etappenort zu Etappenort transportiert wurde und die Zelte für die Nacht jeweils schon standen, bevor die ersten Fahrer die Ziellinie überquerten.

Und ja, auch von der Gegend haben die beiden etwas mitbekommen. «Braun, schwarz, rot, gelb, Sand, Stein, Teer», Tom Deiss lacht. Doch nicht nur die Beschaffenheit des Bodens hat sich den beiden eingeprägt. «Es gab unterwegs Momente, da waren wir von der Umgebung derart überwältigt, dass wir vor Freude juchzten.» Wegen Corona waren zwar weder am Start noch im Zielgelände Zuschauer zugelassen. «Angefeuert wurden wir trotzdem lautstark, da half uns sicher auch unser einprägsamer Name», ist Oldie Deiss (48) überzeugt. Wohl auch weil die Zuschauer fehlten, sei eine Verbundenheit mit den Helferinnen und Helfern entstanden. «Sie wurden zu begeisterten Fans.»

«Abgesehen von einer kurzen Episode, als Michèle in der Nacht nach dem Prolog ein paarmal erbrechen musste und einem ebenfalls nächtlichen Fieberschub bei mir, hatten wir keine gesundheitlichen Beschwerden zu beklagen.» Rückblickend vermag Deiss Michèle Mahrers Übelkeit nach dem Prolog sogar sehr Positives abgewinnen. «Dadurch wurde uns klar, dass wir es langsam angehen lassen müssen. Auf die ganze Woche hinaus gesehen war das eine entscheidende Einsicht. Gegen Ende des Rennens haben wir davon profitiert.»

Und jetzt? Was folgt als Nächstes? «Eine gute Frage.» Deiss lacht und nicht ganz ernst stellt er fest: «Wir sind doch ‹Duble›, dass wir gleich so eingestiegen sind. Etwas Grösseres als dieses achttägige Mountainbike-Rennen in Südafrika gibt es nicht.»


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