Aus Langeweile Leute verprügelt und ausgeraubt

  31.08.2021 Rheinfelden

Zwei Brüder vor dem Bezirksgericht Rheinfelden

Drei junge Fricktaler haben im Herbst 2019 Leute verprügelt, ausgeraubt und verletzt. Zwei der Täter mussten sich am Freitag vor dem Bezirksgericht Rheinfelden verantworten. Der dritte hatte sich im Rahmen des Jugendstrafverfahrens das Leben genommen.

Valentin Zumsteg

Es war ein tragischer Fall, der am Freitag vor dem Bezirksgericht Rheinfelden verhandelt werden musste. Die zwei beschuldigten Brüder, 20 und 21 Jahre alt, waren vollumfänglich geständig. Die beiden Schweizer, die in einem kleinen Dorf aufgewachsen sind, haben sich vieles zu Schulden kommen lassen, die Anklageschrift ist umfangreich.

13-Jähriger verliert Zähne
Die meisten Straftaten begingen sie zu dritt, zusammen mit einem guten Freund. So haben sie am 21. Oktober 2019 einem 13-Jährigen in Rheinfelden abgepasst und ihn angegriffen. Sie schlugen dem jungen Opfer mit der flachen Hand und mit Fäusten ins Gesicht. Einer der beiden Brüder rammte zudem seinen Ellbogen ins Gesicht des 13-Jährigen, so dass mehrere Zähne abgebrochen sind. Als der Schüler zu Boden ging, wurde er getreten. Dadurch erlitt er eine Bauchverletzung.

Am 18. November des gleichen Jahres bedrohten sie in Kaiseraugst einen Mann und wollten Geld von ihm. Alle drei wurden handgreiflich. Als das Opfer flüchtete, rannte ihm einer der Brüder nach, riss ihn zu Boden und schlug ihm mit der rechten Faust ins Gesicht. Weil der Mann schrie, liess er aber schliesslich von ihm ab. Das Opfer erlitt Prellungen an der linken Gesichtshälfte und ein geschwollenes Unterlid.

Im Dezember 2019 gingen sie abends auf einen Velofahrer los, der auf dem Radweg zwischen Rheinfelden und Magden unterwegs war. Sie stellten sich ihm in den Weg, so dass er nicht weiterfahren konnte. Sie schubsten ihn um und verlangten Geld. Die Brüder schlugen den Mann ins Gesicht und traten ihm in den Bauch. Schliesslich raubten sie unter anderem einen Schlüsselbund, ein Mobiltelefon, ein GPS-Gerät sowie ein Portemonnaie. Das Opfer erlitt ein Hämatom im Gesicht und Schürfungen am linken Ellbogen und am linken Knie. Ähnlich waren sie bereits am 21. Oktober 2019 in Rheinfelden vorgegangen, als sie einen Töffli-Fahrer stoppten und ihn zu Fall brachten. Das Opfer erlitt eine Schürfwunde und verlor seine Brille. Im September und Oktober 2019 warfen sie nachts auch grosse Steine, Feuerwerk und Eier auf den Platz der Fahrenden an der Landstrasse in Kaiseraugst. Dort befanden sich Fahrzeuge mit Familien und Kindern. Durch den Steinwurf wurde ein Wohnwagen beträchtlich beschädigt.

«Keine schwache Person sein»
Dies sind die gravierendsten, aber bei weitem nicht die einzigen Straftaten, welche die Drei begangen haben. Da stellt sich die Frage nach dem Warum? «Aus Langeweile ist dieser Seich passiert», sagte einer der Brüder. Sie seien gut erzogen worden. Die Eltern hätten ihnen aber erst spät gewisse Freiheiten gewährt und sie abends aus dem Haus gelassen. Der andere Bruder meinte: «Ich wollte keine schwache Person sein, sondern zeigen, dass ich auch stark bin. So hat eins zum anderen geführt. Es war hirnverbrannt.» Er habe nach Anerkennung gesucht. Vor Gericht mussten sich am Freitag nur die beiden Brüder verantworten. Ihr Freund, der meistens auch dabei war, hatte sich im Zuge des Jugendstrafverfahrens das Leben genommen, wie einer der Verteidiger schilderte. Das habe eine brutale Wirkung auf seinen Mandanten. «Er war wie ein kleiner Bruder. Ich fühle mich verantwortlich für seinen Suizid», sagte einer der Angeklagten. Der zweite sprach ebenfalls von Schuldgefühlen.

Da die beiden Brüder geständig und reuig sind, konnte ein abgekürztes Verfahren angewendet werden. Dabei einigen sich die Staatsanwaltschaft und die Beschuldigten auf eine Strafe, die aber vom Gericht bestätigt werden muss. Dies geschah auch in diesem Fall. Das Bezirksgericht unter der Leitung von Gerichtspräsidentin Regula Lützelschwab sprach die beiden Brüder unter anderem des Raubes, des versuchten Raubes, des Angriffs, der mehrfachen versuchten schweren Körperverletzung, der mehrfachen Nötigung, der mehrfachen Drohung und der mehrfachen Sachbeschädigung für schuldig. Die beiden Brüder wurden – wie vorgeschlagen – je zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten (bedingt bei einer Probezeit von fünf Jahren), zu einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 30 Franken und zu einer Busse von 3000 Franken verurteilt. Zudem müssen sie mehreren Opfern Zivilforderungen von einigen Tausend Franken bezahlen. Regula Lützelschwab sprach ihr Mitgefühl für den Verlust des Freundes aus. Sie sagte aber auch, dass die Strafe in einem ordentlichen Verfahren wohl etwas höher ausgefallen wäre. Abschliessend erklärte sie: «Ich hoffe, dass sie jetzt Boden unter den Füssen finden und wir sie hier nie mehr sehen werden.»


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