«E Hampfle» Erklärungen für «Ärflete»

  28.02.2021 Fricktal

2. Teil der Flurnamen-Serie

In Zuzgen, an der Grenze zu Buus, in einem gegen Zeiningen verlaufenden Tälchen, befindet sich der Flurname Erfleten oder mundartlich Ärflete. Ob der Flurname vom Ausdruck «Arflete», also «einem Arm voll» kommt, möchte gerne ein Leser wissen. Denn in Erfleten liegen eine «Hampfle» Bauernhäuser, genauer fünf Häuser. Ein bisschen viel für eine Hand voll, aber ausreichend für einen Arm voll, eben für «e Arflete».

Beatrice Hofmann-Wiggenhauser

Das Schweizerdeutsche Wörterbuch führt «Arflete» für den Begriff «ein Arm voll» auf. Geht der Name also tatsächlich auf diesen Ausdruck zurück? Der Name ist historisch sehr gut dokumentiert, wie ein Blick ins Baselbieter Namenbuch zeigt. Der Name erstreckt sich nämlich auch ins Baselbiet, in die Gemeinde Buus. Der erste schriftliche Beleg führt ins 16. Jahrhundert, genauer ins Jahr 1504. Im Urkundenbuch der Stadt Basel heisst es: «und von der eych den hinderen Diebweg nider in den Blawwinkel biss in Erfendal zuo dem bom by dem brunnen». Der Name erscheint dann folglich in unterschiedlicher Schreibung durch die Jahrhunderte. 1704 dann in der heutigen Form Erf leten. Der ursprüngliche Talname hat sich im Laufe der Zeit zur Endung -ten geändert. Beim Fliesslaut /l/ kann es zur Vertauschung mit dem Nasal /n/ kommen. Diese sogenannte Metathese tritt in der Namenlandschaft häufig auf. Das mundartliche -te von Ärflete ist zusätzlich abgeschliffen aus ursprünglich -tal. Der Flurname hat dabei noch weitere Namen motiviert. Etwa die Erfletenhalde, das Erchlettenholz und der Erfletenrain, die alle seit dem 18. Jahrhundert belegt sind, jedoch danach nicht mehr in schriftlichen Dokumenten erscheinen und somit abgegangen sind. Der Name hat also nichts mit dem Ausdruck Arflete zu tun, sondern ist ein ursprünglicher Tal-Name.

Erfo und Buobo treffen sich im Tal
Das Wort im Erstglied «Erf» geht auf einen althochdeutschen Personennamen Erfo oder Erpfo zurück, das auf althochdeutsches erph verweist, das dunkelfarbig bedeutet. Der althochdeutsche Personenname Erpf war sehr beliebt und fand auch Eingang in den gleich nam igen Fam i l ienamen, der heute jedoch nicht mehr häufig auftritt und nur noch im Raum St. Gallen alteingesessen ist. Ob nun ein Flurstück auf den Personennamen oder aber aufs Merkmal dunkelfarbig zurückgeht, ist schwierig zu deuten. Dunkle Flurstücke werden mehrheitlich mit den Bestandteilen Schwarz- oder Feisterbetitelt. So etwa der Schwarzacher in Zeihen, Feisterhölzli in Hornussen oder der Feister Bode in Magden, Feisterigs in Hellikon oder der Schwarzehärd und Schwarzrüti in Zuzgen. Deshalb ist wohl eher davon auszugehen, dass der Flurname Erf leten ein Tal einer Person namens Erf bezeichnet und somit auf ein Besitzerverhältnis hindeutet.

Namen mit der Endung -ten gehen häufig auf einen ursprünglichen Talnamen zurück. So auch die sich südlich der Erfleten befindliche Bueblete. Auch hier zeigt ein schriftlicher Beleg aus dem Jahr 1534 die Form Bubenthal. Der Name geht also ebenfalls auf einen althochdeutschen Namen Buobo zurück, aus dem sich dann das neuhochdeutsche Bube, für Knabe, entwickelt hat. Bueblete ist also das Tal im Besitz einer Person namens Buobo.

Gericht und Galgen auf der Erfenmatt
Der Einf luss dieser Person Erfo scheint noch weiter zu gehen. Denn in Helliken, an der Grenze zu Wegenstetten und Hemmiken, liegt die Erfenmatt. Diese ist schon früh und häufig in unterschiedlichen Schriften belegt. Dies liegt daran, dass an dieser Stelle eine Richtstätte war, was aus der Nennung aus dem Jahr 1363 hervorgeht: «Und ist das obreste lantgerichte uf Erfenmatte». Hier tagten jeweils die Grafen von Rheinfelden, Homberg, Habsburg und Thierstein als Landgrafen des Sisgaus. Urteile wurde dann gleich nebenan vollzogen, ein Galgen stand an der Kantonsgrenze auf Wegenstetter Boden zwischen Talund Asphof. Das Gebiet heisst deshalb heute noch Galgematt und Galge. Handelt es sich hier nun um eine Matte im Besitz einer Person Erfo oder um eine Matte mit dunklem Boden? Auch wenn die Dokumente, die Gerichtsurteile und Vollstreckungen beschreiben eher auf eine schwarze Vergangenheit hindeuten, ist auch in diesem Fall davon auszugehen, dass die Erfenmatt in Besitz der Person namens Erfo war, wahrscheinlich die gleiche Person, der auch die Erfleten, also wohl das ganze Tal, gehörte.


Beatrice Hofmann erforscht mit dem Verein Aargauer Namenbuch die Aargauer Flurnamen und ist im 2021 im Fricktal unterwegs. www.aargauer-namenbuch.ch

Fragen Sie nach: Senden Sie Ihre Flurnamen mit der genauen Ortsangabe per Mail an redaktion@nfz.ch oder per Post an: Neue Fricktaler Zeitung, Hauptstrasse 61, 5070 Frick.


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