«Eine sehr hohe Wohnqualität prägt das obere Fricktal»

  31.01.2021 Fricktal

Interview mit Marc Jäger, Vorsitzender der Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal

Der Entscheid der Basellandschaftlichen Kantonalbank, neu auch im Raum Fricktal Filialen zu eröffnen, hat Raiffeisen-Bankleiter Marc Jäger überrascht.

Walter Herzog

NFZ: Herr Jäger, wie erleben Sie persönlich die aktuelle Situation, beruflich wie privat?
Marc Jäger:
Selbstverständlich gehen die Auswirkungen dieser Pandemie auch an mir persönlich und meiner Familie nicht spurlos vorbei. Wir sind aber in der privilegierten Lage, dass wir alle nach wie vor gesund sind und weiterhin arbeiten können. Dafür sind wir dankbar. In meinem beruflichen Alltag spüre ich aber, dass vor allem die emotionale Belastung von Kunden und Mitarbeitenden immer mehr zunimmt. Es ist für unsere Gesellschaft von zentraler Bedeutung, dass wir so rasch als möglich wieder zu einer Form des Zusammenlebensund Arbeitens finden, welche uns die Lebensfreude wieder zurückbringt.

Die Bankenlandschaft im Aargau ist mit dem Aufgehen der Neuen Aargauer Bank in der Credit Suisse enorm in Bewegung – ganz besonders im Fricktal. Weitere Banken drängen in den Markt. Wie beurteilen Sie die Situation?
Die jüngsten Entwicklungen, insbesondere im Fricktal, haben sehr viel Dynamik in die lokale Bankenlandschaft gebracht. Besonders überrascht hat uns der Entscheid der Basellandschaftlichen Kantonalbank, über die Kantonsgrenze hinweg zusätzlich in einen bereits mehr als gesättigten Markt zu drängen. Dies ist bemerkenswert. Zeigt doch der schweizweite Trend klar in eine andere Richtung. Die beschleunigte digitale Transformation sowie der fortschreitende Rückgang von Bargeldtransaktionen werden über kurz oder lang aber zu einer weiteren Reduktion der physischen Präsenz führen, welche auch vor dem Fricktal nicht Halt machen wird.

Ich gehe davon aus, Sie sehen diese Veränderung auch als Wachstumschance für ihre Raiffeisenbank. Ist dies so und wenn ja, in welchem Bereich wollen Sie ihren Marktanteil steigern?
Die Raiffeisenbank Regio Frick-Mettauertal konnte bereits in den vergangenen Jahren ihren Marktanteil kontinuierlich ausbauen. Unsere lokalen Investitionen in den Auf- und Ausbau der Beratungsleistungen, aber auch in die Anpassung unserer Infrastruktur an die heutigen Bedürfnisse, haben sich bewährt. Wir positionieren uns nah beim Kunden. So erstaunt es nicht, dass im Zusammenhang mit den aktuellen Entwicklungen eine grössere Zahl neuer Kunden den Weg zu uns findet. Inskünftig wollen wir unsere Chancen verstärkt in der Beratung und Begleitung unserer Kunden in Themen wie Geldanlagen, Pensions- und Nachlassplanung oder auch im Zusammenhang mit der Umsetzung von energetischen Sanierungen von Liegenschaften nutzen und so Lösungen aus einer Hand bieten. Selbstverständlich bleiben wir als einzige wirklich lokale Bank für Immobilienfinanzierungen nach wie vor die Ansprechpartnerin der ersten Wahl.

Damit neue Firmen und Arbeitsplätze entstehen, braucht es gute Ideen, Jungunternehmer und Risikokapital. Wie aktiv unterstützt ihre Raiffeisenbank solche Projekte?
Als genossenschaftliche Bank fühlen wir uns der lokalen Wirtschaft verpflichtet. Aus diesem Grund unterstützen wir junge Unternehmen, indem wir ihre Produkte und Dienstleistungen beziehen und ihnen mit aktiver Beratung, zum Beispiel durch das Raiffeisen Unternehmerzentrum, zur Seite stehen. Risikokapital können wir allenfalls vermitteln, sind aber als Unternehmen statutarisch nach wie vor an den Grundsatz «Kredite nur gegen Sicherheiten» gebunden. Wir hoffen aber, dass unsere Genossenschafterinnen und Genossenschafter an der d ie s jä h r igen Ura b s t i m mu ng «grünes Licht» für eine etwas erleichterte Kreditvergabe an lokale Unternehmen geben, damit wir uns inskünftig noch intensiver engagieren können.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem Mettauertal angelaufen?
Der Zusammenschluss zwischen den Raiffeisenbanken Mettauertal und Regio Frick ist das Ergebnis einer langfristigen Planung. Seit vergangenem Oktober arbeiten wir gemeinsam an unseren Zielen. Im Rahmen der Vorarbeiten, welche seit 2019 laufen, konnten alle Betroffenen von Anfang an miteinbezogen werden. So erstaunt es heute nicht, wenn Mitarbeitende und Kunden kaum mehr etwas von der Fusion spüren. Das Einzige, was pandemiebedingt nicht funktioniert hat, war die Durchführung einer Fusionsfeier.

Wird es in den kommenden Jahren im oberen Fricktal weitere Zusammenschlüsse von Raiffeisenbanken geben?
Aktuell laufen keine Gespräche in diesem Zusammenhang. Die Fricktaler Raiffeisenbanken pflegen aber seit Jahren einen freundschaftlichen und offenen Austausch. Die ganze Bankenbranche und insbesondere die nach wie vor stark vom Zinsengeschäft abhängigen Raiffeisenbanken stehen aber vor grossen Herausforderungen. So besteht durchaus die Möglichkeit, dass auch wir im Fricktal unsere Kräfte in den kommenden Jahren verstärkter bündeln müssen.

Wie beurteilen Sie die Fricktaler Wirtschaft im Raum Frick-Mettauertal generell?
Kleinere, aber innovative Unternehmen sowie eine sehr hohe Wohnund Lebensqualität sind prägende Komponenten für das obere Fricktal. Ich beurteile die Entwicklung nach wie vor als stabil und gehe aktuell davon aus, dass wir in unserem Einzugsgebiet robust genug aufgestellt sind, um die Auswirkungen der Pandemie wirtschaftlich gut meistern zu können.

Was erwarten Sie im 2021?
Ich wünsche und erhoffe mir im laufenden Jahr eine Stabilisierung und vor allem in der zweiten Jahreshälfte eine weitgehende Normalisierung unseres Alltags. Auch wenn die aktuelle Situation für uns alle eine gros se Herausforderung darstellt, gibt es Gründe genug, weshalb wir durchaus positiv in die nahe Zukunft blicken können.

(Das Interview wurde per Mail geführt)


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