Mit Kleinstaufträgen über Wasser halten

  29.09.2020 Fricktal

Fricktaler Event-Firmen leben von den Reserven

Auch wenn ab dem 1. Oktober wieder Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen möglich sind – Fricktaler Event-Firmeninhaber blicken skeptisch in die Zukunft.

Simone Rufli

Silvester-Feuerwerk abgesagt. Fasnacht 2021 teilweise abgesagt. Bands, die zuwarten, obwohl ab dem 1. Oktober Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen wieder erlaubt sind. Eine Million Franken weniger Umsatz in vier Monaten als im Vorjahr. «Ich will keinen Kredit und kein Geld geschenkt bekommen, ich will Arbeit», betont Pierro Ryser am Telefon mit der NFZ. Mit einer Reihe von Kleinaufträgen zwischen 2000 und 5000 Franken hält der Kaister Eventmanager seine Firma mit den sieben Angestellten über Wasser. Er, der sonst mit Bligg auf Tournee ist, das Festival in Schupfart im Auftragsbuch hat, von Grossveranstaltungen lebt, über Technik im Wert von 2 Millionen Franken, sieben Autos sowie einen Lastwagen verfügt, lebt seit Monaten von der Reserve. «Unsere Arbeiter haben ihren vollen Lohn. Dafür sorge ich. Mein Vater hat immer gesagt, ich müsse mir ein ‹Kriegskässeli› anlegen. Heute bin ich froh, dass ich seinem Rat gefolgt bin.»

Auf einen Kredit will er, wenn immer möglich, verzichten. Kurzarbeit helfe am meisten, sagt Ryser. «Sie ermöglicht mir, meine Leute weiter zu beschäftigen. Mein Ziel ist es, keine Mitarbeiter zu entlassen. Sie sind mein Kapital.»

Dass sich die Situation bereits entschärft, wenn ab dem 1. Oktober wieder Veranstaltungen mit mehr als 1000 Personen stattfinden können, daran zweifelt Ryser. «Wir werden sehen, ob sich genug Leute finden, die trotz Mundschutz und fest zugeteiltem Sitzplatz an ein Konzert oder sonst eine Veranstaltung gehen wollen.»

Befürchtungen, die Martin Gruber teilt. Der Inhaber und Geschäftsführer der SSE Event.Technik in Möhlin bezeichnet Feste und Anlässe mit 500 bis 600 Leuten als hauptsächliche Geschäftstätigkeit seiner Zwei-Mann-Firma, deren Leitung er sich mit Mitinhaber Jan Zwygart teilt. «Von der Möhliner Fasnacht bis Ende August haben wir mit Ausnahme von ein paar privaten Geburtstagsfesten keine Aufträge gehabt», kommt er auf die aktuelle Situation zu sprechen. Entlastend wirke der Umstand, dass der Mitinhaber derzeit im Gartenbau tätig sein könne. «Ich selbst habe viel Arbeit mit Offerieren und Akquirieren fürs nächste Jahr.» Arbeit, die getan werden müsse, zurzeit aber nichts einbringe und von der man nicht einmal wisse, ob sie überhaupt etwas einbringe. «Wer weiss schon, wie sich das Virus weiterentwickelt.» Für die Zukunft der Firma sei es aber gerade unter den gegenwärtigen Umständen wichtig, jeden noch so kleinen Auftrag anzunehmen. «Sonst springen selbst die treuen Kunden ab.»

Mit Blick auf den Herbst meint Gruber: «Dank der öffentlichen Hand kommen wir in nächster Zeit an ein paar zusätzliche Aufträge. Wegen den Corona-Schutzmassnahmen weichen viele Gemeinden für die Gemeindeversammlung in grössere Hallen aus, wo sie nicht auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen können. Davon können wir zum Beispiel in Möhlin und Birsfelden profitieren.» Insgesamt würden die laufenden Kosten ganz knapp gedeckt.

Wie Pierro Ryser hat auch Martin Gruber bisher darauf verzichtet, einen Kredit in Anspruch zu nehmen. Doch kehrt die Normalität nicht sehr bald zurück, rechnet er damit, dass rund 30 Prozent der Firmen in der Eventbranche das nächste Jahr nicht überleben.


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