Zum Gedenken

  31.03.2020 Rheinfelden

Dora Güntert, 18.1.1924 – 17.3.2020

Am 17. März 2020 ist Dora Güntert im Spital Rheinfelden von uns gegangen. Dora Güntert wurde am 18. Januar 1924 in Rheinfelden geboren und verbrachte den grössten Teil ihres langen Lebens an diesem Ort. Zusammen mit ihren Brüdern Walter (geb. 2021) und Hans (geb. 1929) erlebte sie eine ruhige, behütete Kindheit in ihrem Elternhaus am Gartenweg. Gerne hätte sie Medizin studiert, aber weil das finanziell nicht möglich war, besuchte sie das Lehrerinnenseminar in Aarau. Ab 1944 unterrichtete sie auf allen Stufen als Stellvertretung in verschiedenen aargauischen Dörfern und versah gleichzeitig das Amt als Organistin oder Chorleiterin – auch mal eines Männerchores. Dann wurde sie zu ihrer grossen Freude zur Unterstufen-Lehrerin in Rheinfelden gewählt.

Für viele ältere Rheinfelderinnen und Rheinfelder ist der damalige Einstieg in die Schulzeit unweigerlich mit der Person von Fräulein Güntert (wie man damals eben sagte!) verbunden. Sie pflegte einen liebevollen, fordernden und auch auf Disziplin achtenden Stil. Dora brachte den Kindern nicht nur Lesen und Schreiben, Rechnen und Gestalten bei, sondern bereicherte mit ihrer grossen Musikalität und ihrer kreativen Sprachgestaltung den Unterricht. Theater spielen, selbstverfasste Gedichte, dazu passende, eigens komponierte Melodien, ja selbst ganze Festspiele gehörten zum unglaublich kreativen Wirken von Dora Güntert. So ist nicht verwunderlich, dass das kulturelle Leben Rheinfeldens ihr auch generell sehr viel zu verdanken hat. Das Mitwirken in verschiedenen Kommissionen, wo sich Schule und öffentliches Leben getroffen haben, war für sie eine Herzensangelegenheit.

Nach etlichen Jahren im Altstadt-Schulhaus wechselte sie dann mit dem Bau des Robersten-Schulhauses dorthin. Als erste weibliche Rektorin in Rheinfelden beeinflusste Dora Güntert massgeblich die baulichen und schulischen Planungen, Vorbereitungen und schliesslich den Umzug samt Einweihung – natürlich mit einem wundervollen Festspiel! Eine wirklich kollegiale Lehrerschaft war für Dorli (sie wollte da nie anders genannt werden!) ein grosses Anliegen, und mit ihrem Einsatz und Vorbild brachte sie das auch immer wieder zustande.

Ein Krebsleiden brachte ihr 1976 einen längeren Unterbruch der Schularbeit, aber nicht den Abbruch. Tapfer und äusserst diszipliniert ging sie mit den Beeinträchtigungen des Luftröhrenschnittes bis zu ihrem Ableben um. Die geliebte Arbeit an «ihrer» Schule musste sie 1984 dann aus gesundheitlichen Gründen aufgeben. In der Zeit danach gewann ihre Tätigkeit in der katholischen Pfarrei Rheinfelden, Magden und Olsberg an Wichtigkeit. Dorli, wie sie auch in der Pfarrei genannt wurde, engagierte sich bravourös und hätte nächstes Jahr das 75-Jahr-Orgel-Jubiläum feiern dürfen! Bereits als junge Frau spielte sie als Organistin, damals noch in der kleinen St. Josef Kirche am Harmonium. Als 1960 in der neuen Kirche die grosse Metzger-Orgel eingebaut wurde, bespielte Dorli diese mit grosser Begeisterung. Sie umrahmte unzählige Gottesdienste musikalisch und begleitete den Kirchenchor jahrzehntelang. Und sie setzte sich stark dafür ein, dass sowohl die Marienkirche in Magden eine gute Orgel bekam, als auch später die Werktagskapelle in Rheinfelden.

Bis vor wenigen Wochen begleitete Dora Güntert jeden Mittwochmorgen den Werktagsgottesdienst musikalisch, und auch die Gottesdienste aller drei Konfessionen im Spital. Dies leistete sie freiwillig und unentgeltlich, oft sagte sie: «Ja so bleibe ich fit im Kopf und werde noch gebraucht.»

Aber Dora war viel mehr als bloss Organistin in der katholischen Gemeinde: In den 1960er Jahren war sie Präsidentin des Frauenbundes, gestaltete die ersten ökumenischen Weltgebets- tage in Rheinfelden mit und setzte sich für die Weiterbildung und Erziehungsfragen für Frauen ein. Zudem war sie Auskunftsperson der Pfarrei über fast 80 Jahre, hatte sie doch neun Pfarreileiterinnen und -leiter erlebt. Sie kannte sehr viele Menschen und wusste, wer welche Aufgaben in der Gemeinde innehatte. Viele Veränderungen in der Kirche hat sie mitgetragen und unterstützt.

Neben all diesen Aufgaben gelang nach der Pensionierung Dora Güntert weiterhin ein erfülltes Leben. Sie pflegte ihre Beziehungen sehr aktiv und häufig mit Einladungen. Frühere Kolleginnen und Kollegen, Nachbarn, Bekannte und Familienangehörige kamen in den Genuss ihrer ausgezeichneten Koch- und Back-Künste. Ihre perfekten kleinen Weihnachtsguetzli sind unvergesslich.

Das Zusammensein, das Erzählen von früheren Zeiten, das Austauschen von lustigen Erinnerungen waren für sie ein Schatz. Sie sah immer die positiven Seiten im Menschen und wusste diese in Komplimenten auszudrücken. Unübersehbar war ihre unterstützende Anteilnahme benachteiligter Menschen, sei es in der Nähe oder in fernen Ländern. «Geben» war für Dora Güntert eine Grundhaltung, welche alle ihre Bekannten und Verwandten sehr beeindruckte. Wir sind ihr zutiefst dankbar und werden sie in unseren Herzen bewahren. (mgt)


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