«Kreuzweg des Lebens»

  31.03.2018 Rheinfelden

Monika und Erwin von Ah drücken in der Glaskunst ihren persönlichen Leidensweg aus

An Ostern vor 20 Jahren schuf das Ehepaar von Ah Glasbilder zu den verschiedenen Stationen des Kreuzweges, um den eigenen Leidensweg darzustellen. Im «Verlag Pipo Buono» von Florian Piller erscheint nun das Buch «Kreuzweg des Lebens» und illustriert diese Kunstwerke.

Clara Rohr-Willers

«Vor exakt 20 Jahren kam die Idee auf», erinnert sich Monika von Ah in ihrer hellen Wohnung an der Quellenstrasse, wo die von Ahs seit fast zehn Jahren daheim sind. Zuvor lebten sie in Niederdorf (BL) und engagierten sich neben der beruflichen Tätigkeit und der Erziehung der gemeinsamen Kinder für die römisch-katholische Kirchgemeinde Waldenburgertal. «Wir waren viele Jahre für die Gestaltung der Osterkerzen verantwortlich», erklärt die 72-jährige Künstlerin. Dabei genossen sie völlige Freiheit im künstlerischen Ausdruck. «Bei uns ging es um Formen und Farben mit dem Ziel, die Deutung unserer Werke den Betrachtern selber zu überlassen», schildert der 77-jährige Erwin von Ah.

«Die Farbe des Glases muss stimmen»
«Die Glasbilder sind 1998 entstanden und sind ein Gemeinschaftswerk», so Erwin von Ah. Ende der Neunziger Jahre waren die beiden Kinder, ein Sohn und eine Tochter, selbständig und die von Ahs genossen mehr Zeit für sich selber. Sie hätten ein ähnliches Farb- und Formempfinden und wollten etwas experimentieren.

Erwin von Ah stellte seit den Achtziger Jahren Bleiverglasungen her und verfügte über Abfallglas. «Bei der Herstellung von Antikglas-Scheiben entstehen viele kleine Resten mit originellen Formen», erklärt Erwin von Ah. Die Resten klebten sie mit Glasleim auf normales Fensterglas und veränderten nur selten deren Form. Nachdem der Leim getrocknet war, wurden die Zwischenräume mit schwarzem Fimo ausgefugt und im Backofen gehärtet. «Die optische Wirkung ist ähnlich wie bei einer Betonverglasung», erklärt der 77-jährige Rheinfelder mit Innerschweizer Wurzeln. Begeistert erzählt Erwin von Ah von den beiden modernen Glaskünstlern Alfred Manessier und Hans Stocker, letzterer verantwortlich für einige Glasfenster in der Basler Kirche Sankt Anton. «Sowohl bei diesen beiden Künstlern als auch bei uns muss die Farbe des Glases stimmen», schildert Erwin von Ah. Jedes Verändern der Farbe durch Schwarzlot empfänden sie als «Störung». In ihrem Niederdorfer Haus mit vielen selbst gestalteten farbigen Glasfenstern verfügten die beiden über eine gemeinsame Werkstatt. «Wir wollten nicht ausstellen und verschenkten viele Werke», so Monika von Ah.

«Er schlief ein und wachte nie wieder auf»
Während der pensionierte Innenarchitekt zuerst eine Schreinerlehre absolvierte, ist Monika von Ah gelernte Innendekorationsnäherin. Das Ehepaar lernte sich 1965 am gemeinsamen Arbeitsort Muttenz und in der Jugendgruppe der Kirchgemeinde «Bruder Klaus» in Oberdorf (BL) kennen. «Ich war immer eine engagierte Person und habe zehn Jahre lang die Mädchenpfadi geleitet», erinnert sich Monika von Ah. Der gebürtige Emmener Erwin von Ah kam wegen seiner Ausbildung zum Innenarchitekt nach Basel und war während 35 Jahren im Auftrag des Hochbauamts Basel-Stadt für die Einrichtung der Basler Schulhäuser verantwortlich.

«Vor 50 Jahren ist in Basel unser erstes Kind geboren. Ein fröhlicher, lebhafter Knabe», erzählt Monika von Ah. An einem Samstag vor dem Mittagessen lachte der fünfmonatige Junge fröhlich und kugelte sich vor Freude. «Danach schlief er ein und wachte nie wieder auf», so die Eltern. Nach diesem tragischen Erlebnis gebar Monika von Ah zwei gesunde Kinder, die heute im Elternhaus in Niederdorf und in Egolzwil (LU) leben.

Zehn Jahre nach dem Tod des ersten Kindes erblickte ihr viertes Kind drei Monate vor Geburtstermin die Welt. «Das Mädchen entwickelte sich gut in der Isolette», schildert Erwin von Ah. «Doch nach drei Monaten schlich sich eine Infektion mit Hirnkrämpfen ein.» Dagegen war das kleine Kind machtlos.

Kinder sind kein Besitztum der Eltern
«Das frühe Leid hat unser Leben stark geprägt», schildert Monika von Ah. «Gleichzeitig wurde uns bewusst, welches Geschenk unsere lebenden Kinder bedeuten», betont die herzliche Künstlerin. Der Tod der Kinder habe ihren Glauben an Gott verändert. Es sei das Bewusstsein entstanden, dass Eltern ihre Kinder nicht als Besitz wahrnehmen sollten. Vor allem den Kindstod des ersten Kindes hätten die beiden als Schock erfahren. «Wozu lebe ich weiter?» Eine Frage, die sich besonders Monika von Ah damals oft gestellt habe.

«Wir mussten schauen, wie es weiterging», erklärt mir Erwin von Ah an diesem regnerischen Märztag. Ohne den Glauben an eine Zukunft, ohne die Hilfe lieber Mitmenschen könne man in solchen Situationen verzweifeln und im Unglück stecken bleiben. «Wir mussten versuchen, unseren Lebensund auch Leidensweg weiter zu gehen, Hilfe suchen und annehmen», schildert die 72-jährige Künstlerin Monika von Ah, die nebst den Verglasungen auch webt und malt. Es zähle, die Verantwortung für das eigene Handeln zu übernehmen und diese nicht auf einen Gott abzuschieben. «Die richtigen Wege müssen wir selber suchen und selber gehen», so Erwin von Ah. Die gemeinsame Auseinandersetzung mit dem Glauben, guten Gedanken, Farben und Formen hätten ihnen dabei sehr geholfen. «Mit unseren Kindern, Enkeln und Mitmenschen können wir so bewusster und zufriedener leben», sagt der 77-jährige Künstler.

«Wir haben in Rheinfelden viel Neues, Unerwartetes und Wertvolles gefunden»
Auf der Suche nach einer altersgerechten und schönen Wohnung entdeckte das Ehepaar von Ah vor fast zehn Jahren die Zähringerstadt. Das ökumenische Miteinander in Rheinfelden gefalle ihnen besonders. «Obwohl wir katholisch erzogen und in einem solchen Umfeld aufgewachsen sind, fühlen wir uns in allen Kirchen zu Hause», erklärt der Glas- und Papierkünstler Erwin von Ah. «Wir haben in Rheinfelden viel Neues, Unerwartetes und Wertvolles gefunden», so Erwin von Ah. Erfreulich war auch die positive Reaktion auf ihre Glasbilder zum Thema «Kreuzweg des Lebens», die das Ehepaar an einem Altersnachmittag im Treffpunkt der katholischen Kirche vorstellen konnte. «Florian Piller hat uns darauf ermuntert, mit unseren Bildern und passenden Gedanken ein kleines Buch zu gestalten», schildert Monika von Ah. «Mit diesem Buch möchten wir betroffenen Menschen einen Weg zeigen, der bei Lebenskrisen und Schicksalsschlägen helfen kann.»

Das Buch ist im Buchhandel für 25.90 Franken oder für NFZ-LeserInnen unter verlag-pipo-buono@bluewin.ch für 22 Franken inkl. Versand erhältlich.


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