Bäckerhosen gegen Polizeiuniform eingetauscht

  31.03.2017 Aargau, Frick, Persönlich, Oberes Fricktal, Gemeinden

von Susanne Hörth

«Wer Macht über den Beruf Polizist oder die Uniform ausüben möchte, der ist bei uns fehl am Platz», sagt Werner Bertschi. So gern Werner Bertschi diesen Beruf selbst ausübt, so sehr wichtig ist ihm daneben auch sein Privatleben. Er betont deshalb auch: «Es hat eine ganz spezielle Symbolik, die Uniform auszuziehen und sie dann am Arbeitsplatz zurückzulassen.»

Wenn er nach Dienstschluss den Polizeiposten in Frick verlässt – Bertschi steht seit dreieinhalb Jahren der Polizei Oberes Fricktal als deren Chef vor –  und sich auf den Heimweg zu seiner Wohngemeinde Siggenthal macht, kann er abschalten. «Ich bin froh um diese Distanz», macht er deutlich, dass er es als Vorteil ansieht, dass Wohn- und Arbeitsort nicht identisch sind. Die Heimfahrt nutzt er, um den Berufsalltag hinter sich zu lassen. Ein Alltag, der in seiner grossen Bandbreite auch immer schwierige Situationen mit sich bringt. Gleichwohl oder vielleicht gerade der facettenreichen Aufgaben seines Berufs wegen, übt Bertschi ihn auch nach 26 Dienstjahren noch mit der gleichen Überzeugung und Freude aus. Dass er sich für diesen Beruf entschieden hat, ist letztlich eine logische Konsequenz. «Schon als Schulbub wusste ich, dass ich das werden will. Daran hat sich nie etwas geändert.»

Die Welt ein Stück besser machen, das war seine Triebfeder, ist es auch heute noch. Noch mehr aber stand und steht für ihn, helfen wollen im Vordergrund. Im Laufe der vielen Berufsjahre habe sich vieles eingespielt, man weiss mehr, hat an Erfahrungen gewonnen. Und auch gelernt, manches besser einschätzen zu können. Das eine oder andere ist auch zur gewohnten Routine geworden. Bei letzterem weiss Bertschi: «Routine birgt Gefahren. Deshalb hinterfragen wir auch regelmässig unsere internen Abläufe.» Absolut keine Routine bedeutet für Bertschi die Arbeit mit den Menschen. Als Polizist wie auch als Privatmensch setzt er auf die gleichen Werte. «Für mich sind Vertrauen und Respekt anderen Menschen gegenüber Grundvoraussetzungen.» Gegenseitige Toleranz gehört ebenfalls dazu. Das erwartet der Polizeichef von sich selbst, seinen Berufskollegen und stets auch von seinem Gegenüber.

 

Vom Bäcker zum Polizist

Dass er trotz klarem Berufswunsch nach der Schule zuerst eine ganz andere Richtung einschlug und später zusätzlich noch eine Militärkarriere anhängte, hat direkt mit der Polizei-Ausbildung zu tun. Eine abgeschlossene Lehre ist eine der Voraussetzungen, um überhaupt in den Polizeiberuf einsteigen zu können.

Ein breites Lachen überzieht das Gesicht von Werner Bertschi bei der Frage nach seinem Erstberuf. Ein Lachen, dass sich im Gespräch mit der Journalistin immer wieder zeigt. «Ich habe in Turgi eine Lehre als Bäcker und Konditor gemacht.» Und, trifft man ihn heute nach wie vor in der Küche an? «Nein, eigentlich nicht. Meist beschränkt sich das auf die Adventszeit.» Nach der Lehrzeit hat er sein Wissen noch während fünf Jahren in zwei anderen Betrieben vertieft. Um schliesslich mit 24 Jahren mit der Polizeiausbildung zu beginnen. 

Vermisst er etwas aus seiner Bäcker-/Konditorzeit? «Was mir manchmal fehlt, ist das direkte Ergebnis meiner Arbeit. Als Bäcker habe ich um halb zwei morgens zu arbeiten begonnen. Bei Sonnenaufgang konnte ich das warme Brot aus dem Ofen nehmen. Im Polizeiberuf kann das Erreichte nicht wirklich gemessen werden.» Er weiss, dass alleine durch die uniformierte Präsenz in den Dörfern vieles verhindert werden kann. «Wir schaffen für die Leute, die hier leben und wohnen. Unser Ziel ist es, Sicherheit zu produzieren.» Grosse Freude empfindet er, wenn Leute auf den Posten kommen und sich für die Arbeit der Polizei bedanken. Dankbarkeit erlebt das Polizeikorps aber auch immer wieder bei den Einsätzen. Der Polizeichef erzählt von dem Mann, bei dem der Bevölkerung aufgefallen war, dass man ihn schon länger nicht mehr gesehen hat. Nachdem sich die Polizisten Zutritt zur Wohnung verschafft hatten, fanden sie den älteren Herren in seinem Bett vor. Er war so geschwächt, dass er nicht mehr selbstständig aufstehen konnte. «Er sagte immer wieder „Danke Polizei, danke“», erzählt Werner Bertschi. «Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen.»

 

Sport, Natur und Musik

So gern er seinen Beruf ausübt, so sehr schätzt Werner Bertschi auch sein Privatleben. Er nutzt die Freizeit gerne auch für ein paar besondere «Steckenpferde». So schwingt er sich regelmässig auf den Sattel seines Mountain-Bikes und lässt sich auch von langen Bergtouren nicht abschrecken. Im Gegenteil: «Ich geniesse es und kann dabei auch meinen Kopf durchlüften.» Und immer hat er den Blick dabei auch immer offen für die schöne Landschaft. «Wenn ich alleine mit dem Velo unterwegs bin, gehen mir 1000 Sachen durch den Kopf, Gedanken kommen, gehen. Neue Ideen entstehen. Es ist wie ein offenes Fenster, durch das ganz viel frische Luft hereinströmt.» Bertschi empfiehlt solche Fenster auch seinen Kolleginnen und Kollegen. Er spricht damit die gerade im Polizeiberuf so wichtige «Psychohygiene» an. Das Erlebte muss verarbeitet und abgelegt werden können. Hier kommt neben dem Ausgleich in der Freizeit auch dem Team auf dem Polizeiposten eine wichtige Rolle zu. «Wer bei der Polizei arbeiten will, muss ein Teamplayer sein. Für mich ist das eine Voraussetzung. Jeder muss sich auf den anderen verlassen können. Als Einzelgänger wäre das nicht möglich.»

Eine weitere seiner Leidenschaften ist der HCD. Sofern es die Zeit zulässt, findet man den Siggenthaler so auch immer wieder in der Halle, um die Davoser Mannschaft auf dem Eis anzufeuern. Bei der Erwähnung eines weiteren Hobbys, der Musik, gerät der Vater dreier erwachsener Kinder ins Schwärmen: «Wenn ich an einem Coldplay-Konzert bin, vergesse ich alles um mich herum.» Die Musik ist es auch, mit der er noch einen Zukunftswunsch verknüpft: «Ich würde gerne Gitarre spielen lernen.» Am fehlenden Instrument liegt es nicht. Seit zehn Jahren steht bei ihm zuhause eine Gitarre. Der Repol-Chef lacht und nimmt es gelassen. Er weiss, auch hier wird sich irgendwann das benötigte Zeitfenster dafür auftun.

 

 


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