Die «Laufeburger Leue» haben ausgebrüllt

  08.10.2015 Laufenburg, Musik, Oberes Fricktal, Tradition

Von Dieter Deiss

Es war anfangs 1978. Dort wo 1971 das ehemals stolze Laufenburger Hotel Solbad in die Luft gesprengt worden war, klaffte gegen den Rhein hin eine klägliche Lücke. Unkraut wucherte in der Grube, bereits sprossen die ersten kleinen Bäumlein zwischen den Steinen hervor. Doch jetzt, im Jahre 1978, zeichnete sich nach jahrelangem Ringen eine Lösung ab, ein mächtiges, in die Altstadt ein- und angepasstes Gebäude sollte das alte Solbad vergessen machen.

 

Einladung zum Spatenstich

Stadtammann Alfred Kuratle war hinter dem ganzen Vorhaben die treibende Kraft und machte sich deshalb auch rechtzeitig Gedanken über einen feierlichen Spatenstich. Zur Umrahmung dieses Anlasses trat er an die Stadtmusik heran mit der Bitte, eine kleine Formation zu bilden, welche die Feier würdig umrahmen könnte. Kuratle stiess auf offene Ohren, neun Musikanten taten sich zusammen und übten für den Spatenstich. Walter Marbot und Viktor Erhard, die beiden Vertreter der «Laufeburger Leue», beide von Beginn weg dabei, erinnern sich: «Wir marschierten vom Restaurant Warteck musizierend mitten in die Baustelle.» Der Erfolg sei überwältigend gewesen. Dies freilich war kein Zufall, denn in der Formation wirkten etliche Mitglieder der früher bei Tanzfreudigen gerne gesehenen «Well Boys» mit. Sie brachten die nötige Erfahrung des hier gefragten Musikstils ein. Als ehemaliges Mitglied der weit über die Region hinaus bekannten Band «Joe Hiltmann Group» hatte man mit Peter Erhard, dem späteren Dirigenten der Stadtmusik Laufenburg, zudem einen äusserst versierten Musiker an Bord.

Dass sich eine Band, die grösstenteils aus Ur-Laufenburgern, die zudem aus der Stadtmusik hervorgegangen sind, «Laufeburger Leue» nennt, liegt eigentlich auf der Hand. Dies habe nichts damit zu tun, dass der erste Auftritt anlässlich des Spatenstichs für das Hotel «Roter Löwe» gewesen sei. Damals hatte noch niemand eine Ahnung, wie das neue Gebäude dereinst heissen soll.

 

Jede Probe ein Fest

Nach dem Spatenstich wurde dann munter weitergeprobt, anfänglich wöchentlich einmal. Geprobt und gespielt wurde viele Jahre lang ohne jegliche Noten. Lange Zeit gab es weder Mikrofone, noch Verstärkeranlage. «Jede Probe war eigentlich ein kleines Fest», erinnern sich Marbot und Erhard: «Zuerst wurde eine Stunde gevespert, danach zwei Stunden lang musiziert.» Stets sei die Geselligkeit im Vordergrund gestanden. Im Hintergrund stand zudem immer Stadtammann Kuratle, ein grosser Förderer der «Laufeburger Leue».

Eine eigentliche Struktur kannte das Ensemble nie. Walter Marbot war für die Kasse und die Administration verantwortlich und Peter Erhard übernahm die musikalische Leitung und komponierte später etliche Stücke für seine Band. Dies habe dann dazu geführt, dass sie hie und da auch nach Noten spielten. «Wir waren aber stets eine lockere Gruppierung», meinen Marbot und Erhard. Das eingespielte Geld wurde nie verteilt, man gönnte sich damit schöne, gemeinsame Reisen oder ein gutes Essen.

 

Auftritte in der ganzen Schweiz

Schätzungsweise 400 Auftritte hatte die Band in den 37 Jahren ihres Bestehens. Man spielte in der ganzen Schweiz, oft auch im südbadischen Raum, an Dorffesten, Hochzeiten, Geburtstagen und Firmenanlässen. Werbung benötigten sie praktisch keine. Selbstverständlich hatten sie in dieser Zeit unglaublich tolle Erlebnisse. So spielten sie am 9.9.1999 an einem Hochzeitsanlass in Merlischachen in Anwesenheit des Schweizer Fernsehens. Insgesamt hatten sie drei Fernsehauftritte und einen Radioauftritt, so unter anderem beim damaligen Mittwochjass auf dem Bahnhofplatz Laufenburg. Im deutschen Fernsehen SWR umrahmten  sie zudem musikalisch eine heimatkundliche Sendung. Als absoluten Höhepunkt bezeichnen beide die Feier des 15. Geburtstags der «Leue», wie sie der Einfachheit halber oft auch genannt werden. Die Eröffnung fand im Alten Zeughaus statt. Von dort ging es mit Ross und Wagen in die bis auf den letzten Platz besetzte Stadthalle. Unter anderem wurde damals die CD «Luschtig hämmers» mit Plattengotte Erika Kuratle getauft. Bereits 1987 gaben die Musiker übrigens eine Langspielplatte «Laufeburger Leue» heraus. Von beiden Aufnahmen sind noch Restexemplare erhältlich.

Auf Reisen ging die Truppe übrigens nie ohne ihre Instrumente. Da wurde denn auch immer wacker gespielt. Noch bestens in Erinnerung ist der Besuch in Zermatt. Nach dem feinen Nachtessen fand sich die Band kurz vor Mitternacht auf der Hoteltreppe zusammen und machte fröhliche Musik. Schnell waren rund 200 Zuschauerinnen und Zuschauer anwesend. Mit einem Elektromobil sei dann die Zermatter Polizei aufgefahren und hätte sie angewiesen, sofort aufzuhören. Durch die Buh-Rufe des Publikums angestachelt, hätten sie weitergespielt, so dass die Polizei letztlich beinahe handgreiflich werden musste.

Während die «Leue» heute in gewöhnlichen weissen Hemden und schwarzen Hosen auftreten, so waren sie in jüngeren Jahren durchaus chic gekleidet. Sie liessen sich dafür extra in einer St. Galler Firma Masshemden aus Seide in den Farben rot, violett und weiss samt dazu passendem Gilet anfertigen. Schelmisch lächelnd meint dazu Walter Marbot: «Wir haben halt alles Geld immer wieder in die <Wirtschaft> zurückgeführt!»

 

Abschied in der Musigbeiz

Nun heisst es Abschied nehmen von einer Tanz- und Unterhaltungsband, die in der Region und bis weit darüber hinaus so etwas wie einen Kultstatuts hat. Von den ursprünglich neun Mitgliedern hielten deren sechs bis heute durch. Bis 1998 habe man in praktisch unveränderter Formation gespielt, damals traten Klaus Erhard, Akkordeon,  und Leo Zumsteg, Susaphon, zurück. Man verzichtete ab da auf das Akkordeon und das Susaphon wurde durch eine Bassgitarre ersetzt. Fünf der «Leue» stehen unterdessen im Rentenalter oder kurz davor, die Häupter sind zumeist grauer und das Haar lichter geworden. Dies führte jetzt dazu, dass sie einen Schlussstrich unter die Ära «Laufeburger Leue» ziehen werden. «Es war eine schöne Zeit! Wir haben nur gute Erinnerungen!» meinen Walter Marbot und Viktor Erhard unisono. Noch einmal werden die sieben Musiker an der hela von Freitag bis Sonntag in der Musigbeiz für beste Tanz- und Unterhaltungsmusik und eine tolle Stimmung besorgt sein. Dann aber, am Sonntagabend, ist endgültig Schluss. Die Instrumente werden die meisten freilich nicht an den berühmten Nagel hängen. Als Mitglieder der Stadtmusik soll auch inskünftig ihre Liebe zur Musik nicht zu kurz kommen.

 


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