«Die Regierung nimmt ihre staatspolitische Verantwortung nicht wahr»

  25.04.2024 Aargau

Interpellanten unzufrieden mit Hinhaltetaktik in Sachen Mediengesetz 

Die Medien – auch im Aargau – sind von den Strukturveränderungen und der Digitalisierung stark betroffen. Dies kann die Qualität und Vielfalt der Medien bedrohen. Trotz Verfassungsauftrag will die Regierung dennoch weiter abwarten.  

Walter Herzog  

Zur Stärkung der Medienvielfalt und Sicherung der Qualität haben verschiedene Grossräte im Jahre 2021 einen Vorstoss eingereicht und die Aargauer Regierung zum Handeln aufgefordert. Der Regierungsrat stellt zwar in seinem Jahresbericht 2023 gegenüber den Zielen bei der Berichterstattung eine Zielabweichung («Unterversorgung») durch die Medien von 26 Prozent fest, «… aufgrund von Spar- und Abbaumassnahmen bei den Printmedien wegen des digitalen Wandels sowie des sich verändernden Mediennutzungsverhaltens …», sieht jedoch dennoch keinen unmittelbaren Handlungsbedarf.  

Die Interpellanten verlangen hingegen die Schaffung eines Mediengesetzes, wie es die Kantonsverfassung vorsieht. Es geht ihnen darum, die heute und in Zukunft erforderliche qualitativ hochstehende Informationsversorgung der Bürgerinnen und Bürger sicherzustellen und zu fördern. Da die aktuelle wirtschaftliche Situation bei vielen Medienunternehmen schwierig ist, mussten verschiedene Tageszeitungen bereits Stellen abbauen.  

Wie die Grossräte in ihrem Vorstoss schreiben, «gibt es im Kanton Aargau, im Vergleich zu vielen anderen Kantonen noch eine grössere Anzahl redaktionell gemachter Lokalund Regionalzeitungen. Insbesondere in unserem Kanton der Regionen haben diese Zeitungen eine wichtige Funktion. Auch diese Titel leiden unter den massiv sinkenden Werbeeinnahmen und unter schwindenden Zahlen von Abonnements. Es wäre höchst sinnvoll, mittels Mediengesetz Massnahmen zu finden, bevor es auch im Bereich der Lokal- und Regionalzeitungen zu grösseren personellen Abbaumassnahmen oder gar Einstellungen kommt.»  

Währenddem andere Kantone bereits Massnahmen ergriffen haben, schaut die Aargauer Regierung lieber nach Bern und wartet auf Entscheide aus dem Bundeshaus: «Der Regierungsrat erwartet, dass der Bundesrat angesichts der hohen Entwicklungsdynamik in der Medienwelt und des daraus resultierenden dringenden Handlungsbedarfs die übergeordneten strategischen medienpolitischen Herausforderungen rasch angeht und eine entsprechende Gesamtkonzeption entwickelt», schreibt sie in ihrer Antwort.  


Regierung spielt auf Zeit

Kritisches Votum von Grossrätin Colette Basler

Am Dienstag nahm die Sprecherin der Interpellanten, Grossrätin Colette Basler (SP, Zeihen), mit kritischen Worten Stellung zur Antwort des Regierungsrates: "Die Interpellantinnen und Interpellanten sind mit der Antwort der Regierung überhaupt nicht zufrieden. 2021 wurde eine Motion zur Schaffung eines Mediengesetzes eingereicht. Dies, weil es ein Verfassungsauftrag des Kantons ist und der Stärkung der Medienvielfalt und Qualität dienen würde. Mit dem Jahresbericht und der Jahresrechnung 2023 beantragt der Regierungsrat nun das zweite Mal eine Fristerstreckung für diesen Bericht. Ebenfalls ist dort zu lesen, dass das Ziel in Bezug auf die Berichterstattung um 26 Prozent verfehlt wurde. Gründe sind mitunter die sich in Krisenzeiten stärker verändernden Nachrichten- und Themenprioritäten der Medien, zunehmende Spar- und Abbaumassnahmen bei den Printmedien aufgrund des digitalen Wandels sowie das sich verändernde Mediennutzungsverhalten. Der Handlungsbedarf ist somit erwiesen und kann schwarz auf weiss nachgelesen werden. Verwiesen wird bei der Beantragung der Fristerstreckung zur Shaffung eines Mediengesetzes, wie auch bei der Beantwortung der Interpellation auf den Bund, auf die fehlende Studie des Forschungszentrums Öffentlichkeit und Geselllschaft der Uni Zürich (fög) und darauf, dass der Kanton allein nichts unternehmen könne. Indes werden die Zeitungen immer dünner, die Lokalberichterstattungen auch. Die Sparmassnahmen sind überall spür- und sichtbar. Qualitätsjournalismus und Vielfalt leiden zunehmend. Auf Nachfrage stellt das fög den Abschluss seiner Studie zur Medienvielfalt auf Sommer 2024 in Aussicht. Wir stellen also fest, dass der Regierungsrat auf Zeit spielt und die Fragen oberflächlich und dürftig beantwortet und das Geschäft am liebsten in der Schublade verschwinden lassen würde. Die Regierung nimmt ihre staatspolitische Verantwortung gegenüber der Aargauer Bervölkerung nicht wahr. So wie sie für die Sicherheit verantwortlich ist, muss sie auch für eine gute Informationsversorgung der Bürgerinnen und Bürger sorgen. Das ist ein Verfassungsauftrag. Eine gute Information ist ein elementarer Stützpfeiler unserer Demokratie. Offenbar ist die Regierung in dieser Sache hilf- und ratlos! Quasi wie ein Schiff auf hoher Seee im Sturm, ohne Kapitän und Steuermann. Wir sind unzufrieden und werden am Thema dran bleiben. Qualitativ guter und vielfältiger Journalismus ist uns wichtig, und zwar heute, nicht erst, wenn es zu spät ist. Nicht erst, wenn uns allen die Augen aufgehen wie der Kartoffel im Dreck." 


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