Einmal mehr ein Bauchentscheid…

  21.11.2021 Rheinfelden

Vom Polizisten zum Beizer: Andi Probst aus Rheinfelden

Der langjährige Polizist Andi Probst wagte im April 2021 einen beruflichen Neustart. Zusammen mit seiner Schwester eröffnete er in Rheinfelden die Bistro-Bar «Dock 11».

Janine Tschopp

Wie für viele andere Menschen war der Lockdown im Frühjahr 2020 auch für Andi Probst eine Gelegenheit, um nachzudenken. Nachzudenken, ob man auf dem richtigen Weg ist, oder ob es vielleicht im Leben wieder einmal einen Richtungswechsel braucht.

Als er 25 Jahre zuvor die Ausbildung bei der Polizeischule angefangen hatte, wusste er, dass er angekommen war. Bald war für ihn klar, dass er zur Kriminalpolizei, in die Drogenfahndung, wechseln wollte. «Ich sehe schlecht aus in Uniformen», sagt er mit einem Schmunzeln. In die Personalführung kam er 2004 und war dort während über 15 Jahren im Einsatz. Im Laufe der Zeit begann es ihn zu stören, dass sich der Fokus immer stärker von seiner eigentlichen Kernaufgabe entfernte. Immer öfters erlebte er Tage, die von zahlreichen Sitzungen geprägt waren, und wo er sich in verschiedenen Arbeitsgruppen um viele regulative und administrative Themen kümmern musste.

Wichtiger Bauchentscheid an der Schifflände
Nach dem Lockdown, im Juni 2020, sass Andi Probst dann bei der Schifflände, einem seiner Lieblingsplätze in Rheinfelden, und es ging ihm immer wieder der Gedanke eines eigenen Restaurants durch den Kopf. «Es war genau an meinen 48. Geburtstag», erinnert er sich. Dann kam nochmals ein Schlüsselmoment, respektive ein weiteres Puzzleteil, welches seine beruf liche Zukunft prägen sollte. Ein paar Tage später las er in einem Inserat, dass das Gastro-Lokal an der Fröschweid zu pachten sei. Das war für ihn ein klares Zeichen.

Eine wichtige Voraussetzung für den Schritt in die Gastronomie war für ihn, dass seine Schwester Evi Wellauer mit im Boot ist. «Sie lernte ursprünglich Koch und verfügt über das Wirtepatent. Ohne Evi hätte ich diesen Schritt nie gewagt», sagt Andi Probst. Die beiden entschlossen sich kurze Zeit später für einen gemeinsamen beruf lichen Weg und eröffneten im April 2021 die Bistro-Bar «Dock 11» an der Fröschweid.

Von Kaiseraugst nach Rheinfelden
Andi Probst und seine Schwester sind in Kaiseraugst aufgewachsen. Was es bedeutet, in der Gastronomie tätig zu sein, wissen die Geschwister seit ihrer Kindheit. Als sie klein waren, arbeitete ihre Mutter im Kaiseraugster «Leuen» und im «Adler».

«Was jeder Bub will: Fussballprofi oder Sportreporter», lautet Andi Probsts Antwort auf die Frage nach seinem früheren Berufswunsch. Nach der Primarschule besuchte er in Rheinfelden die Sekundarschule. «Das war der Moment, als ich in Rheinfelden ‹Wurzeln schlug›». Ob Fussballclub, Kollegen, Ausgang: Von diesem Zeitpunkt an war Andi Probst häufig in Rheinfelden, wo er auch seit 1998 wohnt, anzutreffen.

Fussballprofi oder Sportreporter ist er nicht geworden, aber er absolvierte in Kaiseraugst eine Lehre als Bäcker/Konditor. «Wie alle meine Berufsentscheide, kam auch diese Entscheidung aus dem Bauch. Ich sah in Kaiseraugst immer wieder Menschen, die mit einem Lachen aus der Bäckerei kamen.» Nach der Lehre merkte Andi Probst aber bald, dass er lieber um halb vier ins Bett ging, als dann aufzustehen, um den Dienst in der Backstube anzutreten. Zudem bekam er eine Mehlallergie.

Nach der Lehre als Bäcker/ Konditor erlangte er ein Handelsdiplom und arbeitete anschliessend auf dem Bau. «Ich wusste nicht, wo ich beruflich hinwollte, bis ich aufgrund einer Werbung auf die Polizeischule aufmerksam wurde.»

Opferidentifikation in Thailand
Andi Probst erzählt von vier Wochen seines Lebens, die ihn stark geprägt haben. Im Rahmen seiner Mitgliedschaft beim DVI-Team Schweiz (Disaster Victim Identification), das unter anderem aus Spezialisten der Kriminaltechnik und der Rechtsund Zahnmedizin besteht, f log er am 29. Dezember 2004 nach Thailand. Drei Tage zuvor, am 26. Dezember, bebte im Indischen Ozean die Erde, was einen verheerenden Tsunami zur Folge hatte, der nicht nur die Region, sondern die ganze Welt bewegte. «Wir hatten dort die Aufgabe, einen Schadenplatz mit DVI-Teams aus vielen verschiedenen Nationen zu koordinieren», beschreibt Andi Probst. Er erzählt, wie eindrücklich es war, dass alle am gleichen Strick zogen. Es ging darum, auf dem Schadenplatz bei einer Tempelanlage 350 Leichen zu identifizieren. Beeindruckt war er auch, wie gut die Menschen in Thailand organisiert waren. «Sicher hat es auch mit ihrer Religion, dem Buddhismus, zu tun, dass einfach jeder jedem hilft.» Andi Probst erzählt: «In diesen vier Wochen in Thailand habe ich mehr gelernt denn je. Für mich war es eine sehr einschneidende Zeit.» Neben vielen sehr aktiven und intensiven Phasen im Leben braucht Andi Probst manchmal auch die Ruhe. So ist er beispielsweise schon alleine mit dem Velo durch Portugal gefahren oder hat zu Fuss eine Alpendurchquerung von Landquart bis Adelboden absolviert.

Mit diesem Rucksack voller Erfahrungen steckt der 49-Jährige schon im nächsten Abenteuer. Er ist glücklich, mit dem «Dock 11» den Schritt in die Selbständigkeit gewagt zu haben. Wie bei seinen bisherigen Tätigkeiten ist auch in der Gastronomie das Zwischenmenschliche sehr wichtig. «Ich habe Menschen extrem gerne», sagt Andi Probst. Seinen bisherigen Wegbegleitern habe er viel zu verdanken und mit der Hafenkneipe, welche er und seine Schwester im Frühjahr ins Leben gerufen haben, könne er ihnen einen kleinen Teil zurückgeben. Das passt zu Andi Probst. Einem Menschenfreund, der seinem Gegenüber, egal ob kriminell oder nicht, arm oder reich, klein oder gross, immer mit sehr viel Respekt und Einfühlungsvermögen begegnet.


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