Markus Fäs und dieser Himmel auf Erden

  28.09.2021 Gemeinden, Möhlin, Politik

Der neue Gemeindeammann über den Sonntagmorgen, Bauchweh und die Realität

Am Ende war es ein klassischer Start-Ziel-Sieg: Die Möhliner wählen Markus Fäs (SP) als neuen Gemeindeammann. Die Gegenkandidaten, die sich erst später ins Rennen gebracht hatten, bleiben ohne Chance.

Ronny Wittenwiler

Vorgestern war ein schöner Tag für Markus Fäs. Politisch vielleicht gerade im siebten Himmel angekommen, freute er sich über zwei Glanzresultate: Fäs holte nicht nur die meisten Stimmen als Gemeinderat (2434), er wird auch der neue Gemeindeammann von Möhlin werden.

2130 Bürgerinnen und Bürger gaben ihm dafür ihre Stimme, seine beiden Herausforderer für das Amt als Gemeindeammann kamen nicht annähernd in diesen Bereich. Karl Eiermann (FDP) holte 335 Stimmen und verpasste sogar die Wiederwahl als Gemeinderat, der parteilose Peter Sägesser erzielte 213 Stimmen.

Unsicherheit am Wahlmorgen
Der Wahlausgang liess also an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig. «Ich kann nichts anderes sagen, als dass ich hocherfreut bin», gab Fäs zu Protokoll. Sein Resultat sei eine Bestätigung von vor vier Jahren, schon damals, bei den letzten Wahlen, durfte sich der Gymi-Lehrer als Klassenprimus im Gemeinderat feiern lassen. Dennoch hütete sich Markus Fäs davor, überschwänglich zu werden, als seine Parteikollegen und die vielen Unterstützer im Dorf im Restaurant Sonne die Gläser klingen liessen. «Als ich am Morgen meine Rede geschrieben habe, war ich ehrlich gesagt nicht sicher, ob es bei der Wahl zum Gemeindeammann nicht doch einen zweiten Wahlgang geben könnte. Aus meinem Umfeld gab es viele positive Feedbacks, doch es gibt eben auch viele Leute, die ich nicht kenne und dann war mir auch nicht ganz klar, wie viele es sind, die in Möhlin finden: Ein SPler als Gemeinderat, das ist okay – aber als Gemeindeammann?» Markus Fäs sollte sich täuschen, und zwar gehörig.

Vom Einordnen der Verhältnisse
Und so liess dieser künftige Gemeindeammann Fäs von der SP, der am 1. Januar nach sechzehn Jahren die Nachfolge des abtretenden Fredy Böni (SVP) antreten wird, sich dann eben doch politisch in diesen siebten Himmel katapultieren – nur, um dann im nächsten Moment wieder auf dem Boden der Realität zu erklären: «Insgesamt wird die Politik bürgerlich bleiben. Der Gemeinderat ist jetzt auch mit der Wahl der beiden neuen Gemeinderäte Loris Gerometta und Hans Metzger nicht plötzlich links. Das ist für mich aber okay, wenn es darum geht, zu versuchen, die Finanzen im Griff zu behalten.» Er wolle nun vor allem Dinge anpacken, die der Allgemeinheit zugutekommen, wie etwa die Aufwertung des Gemeindehausplatzes oder das Vandalismus-Problem beim Bahnhof. «Aber das ist noch lange keine linke Politik.»

Ein offenes Ohr
So gross die Freude über diese glanzvolle Wahl auch ist, so gibt der designierte Gemeindeammann unumwunden auch zu: Dieser riesengrosse Vertrauensbeweis der Möhlinerinnen und Möhliner, geschuldet offenbar auch seiner bisherigen Arbeit als Gemeinderat, mache natürlich auch ein wenig Bauchweh. «Ehrlich gesagt: ja. Das sind jetzt sehr unterschiedliche und hohe Erwartungen an mich. Und der Gemeinderat als Ganzes und der Gemeindeammann im Speziellen ist kein Selbstbedienungsladen, bei dem man einfach Wünsche deponieren kann und die dann erfüllt werden. Ich möchte mir weiterhin anhören, was an mich herangetragen wird und dann erklären, weshalb ich etwas nicht machen kann oder will, beziehungsweise möchte ich dafür kämpfen, dass Dinge umgesetzt werden können. Aber wie soll ich sagen: Der Himmel wird auch mit dieser Wahl nicht auf Erden kommen. Leider.» Sagts – und lächelt an diesem für ihn sehr schönen Sonntag.


Die FDP ist raus, zwei Neue sind drin

Möhliner Gemeinderatswahlen: Viel Bewegung für einen einzigen Sonntag

Mit Hans Metzger und Loris Gerometta sitzen neben dem Bisherigen Thomas Freiermuth künftig neu drei Parteilose im Möhliner Gemeinderat. Markus Fäs (SP) und Lukas Fässler (SVP) halten ihre jeweilige Parteifahne hoch. Karl Eiermann (FDP) verpasst die Wiederwahl deutlich.

Ronny Wittenwiler

Der Gemeinderat der Amtsperiode 2022/2025 schaut anders aus als der aktuelle: Die FDP ist nicht mehr im Gremium vertreten, die SVP verliert einen ihrer beiden Sitze und plötzlich sind die Parteilosen in der Überzahl. So in etwa lassen sich die Gemeinderatswahlen vom vergangenen Sonntag in Möhlin zusammenfassen.

Die Gewählten
Am Ende des Tages gab es fünf Kandidierende, die mit dem Ausgang der Wahl zufrieden sein konnten. Markus Fäs (SP), den die Möhliner zum neuen Gemeindeammann kürten, erzielte mit 2434 das beste Resultat, gefolgt von Lukas Fässler (SVP, 2298) und dem Parteilosen Thomas Freiermuth (2093). Nebst diesen drei Etablierten schafften mit Hans Metzger (2078) und Loris Gerometta (1659) neu jene zwei Parteilose den Sprung in die Exekutive, die im Wahlkampf als Doppelkandidatur aufgetreten waren. Von einem «sensationellen Resultat, das aber auch verpflichtet», sprach Metzger. «Das Volk erwartet, dass meine Politik, betrieben von ausserhalb des Gemeinderats, nun im Gemeinderat umgesetzt wird.» Es sei toll, ein solches Vertrauen aus der Bevölkerung zu erhalten, freute sich auch Loris Gerometta. Auch er habe, wie Kollege Metzger, bis zuletzt «gebibbert», ob es reichen würde. «Man kann sich bei Wahlen nie sicher sein.»

Die anderen
So gross die Freude bei Fäs, Fässler, Freiermuth, Metzger und Gerometta über das eigene Resultat war, so sehr machte auch Stephan Müller (SVP) kein Geheimnis aus seiner Gefühlslage: «Ich bin enttäuscht, dass es nicht gereicht hat. Gerne hätte ich mein Wissen eingebracht, insbesondere auch aus meiner Tätigkeit aus acht Jahren Schulpflege. Ich habe gedacht, dass ich mehr Stimmen holen werde. Trotzdem: Eine Welt bricht deswegen nicht zusammen.» Stephan Müller kam auf Platz sechs mit 1065 Stimmen, er verpasste damit das absolute Mehr von 1375 Stimmen – und die SVP kann damit ihren Sitz des nicht mehr zu den Wahlen angetretenen Fredy Böni nicht verteidigen. Darauf angesprochen, sagte der wiedergewählte Parteikollege Lukas Fässler: «Das Know-how, das Stephan Müller aus der Schulpflege mitbringt, wäre ein grosser Mehrwert für den Gemeinderat gewesen.»

«Habe jetzt wieder viel Zeit»
Doch während die SP mit Fäs und die SVP mit Fässler weiterhin in der Exekutive vertreten bleibt, scheitert die FDP mit Karl Eiermann deutlich an diesem Vorhaben. Nach nur einer Amtsperiode scheidet Eiermann mit seinen 946 Stimmen wieder aus dem Gemeinderat aus. Das Resultat kommentiert er so: «Das Dorf hat bekommen, was es verdient. Dafür haben wir die Demokratie. Nicht gut ist das Resultat für die FDP, das ist so. Aber es ist keine Tragik. Es geht weiter, und ich muss mir keine Vorwürfe machen. Die gute Seite: Ich habe jetzt wieder viel zusätzliche Zeit.» Noch am Wahlsonntag gratulierte die FDP mit ihrem Präsidenten Martin Frana in einem Communiqué allen Gewählten und hielt fest: «Wir bedauern, dass unser Kandidat Karl Eiermann die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger nicht überzeugen konnte.» Ebenso wenig eine Rolle spielen in der Entscheidung um die Sitzverteilung im Gemeinderat konnte Peter «Pit» Sägesser (parteilos); er kam als letzter und achter aller offiziellen Kandidaten auf 860 Stimmen.

Höhere Wahlbeteiligung
Bei den Wahlen vor vier Jahren lag die Wahlbeteiligung bei 39 Prozent. Vergangenen Sonntag lag sie bei 47,1 Prozent. Doch auch sonst war mächtig viel Bewegung im Spiel: die FDP ist raus, die SVP verliert einen Sitz und die Parteilosen sind in der Überzahl; obschon einer von ihnen, der wiedergewählte Thomas Freiermuth, sagt: «Ich bin sehr glücklich über mein Resultat. Ich habe aber auch gehofft, dass Stephan Müller die Wahl schafft.» Die Wahlen boten einiges an Drama und noch mehr Bewegung. Ziemlich viel für einen einzigen Sonntag.

Gewählt wurde am vergangenen Sonntag neben Gemeindeammann und Gesamtgemeinderat auch der Vizeammann. Lukas Fässler (SVP) wurde mit 2099 Stimmen für dieses Amt gewählt. Er ist bereits amtierender Vizeammann und war der einzige Kandidierende.


KOMMENTAR

Warum Fäs?

Ein, vielleicht zwei Stunden nach der Wahl brauchte man bloss einen Blick auf die Terrasse beim Restaurant Sonne zu werfen und schon offenbarte sich die Frage nach dem Warum.

Markus Fäs hatte zur Wahlfeier geladen, seine SP war dabei, Genossen und Genossinnen im Glück, so läuft das. Doch von all den Menschen, die es sich nicht nehmen liessen, mit dem frisch gekürten Gemeindeammann anzustossen, waren ebenso viele um die Tische versammelt, die bei weitem nicht in den Verdacht geraten, jeweils stramm links zu wählen. Das spricht für Markus Fäs. Sowas muss man sich zuerst einmal erarbeiten, der Grat ist schmal und das Anbiedern nicht weit.

Die Menschen hinter den 2130 Stimmen, die ihm am Sonntag als Gemeindeammann das Vertrauen schenkten, zeigen: Fäs umgibt ganz offensichtlich die Aura des Valablen bis weit ins bürgerliche Lager. Und dann steht er am Sonntag hin und erklärt: Natürlich bereite ihm das in ihn gesetzte Vertrauen auch etwas Bauchweh. Er kennt offensichtlich auch Demut und manchmal ist Wahltag Zahltag. Markus Fäs hat sich den Lohn für sein bisheriges Wirken als Gemeinderat und vor allem als Mensch abgeholt. Das ist eine gute Grundlage für ein Amt, das auch ihm einiges abverlangen wird.

ronny.wittenwiler@nfz.ch


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