«Es ist knallharte Knochenarbeit»

  12.09.2021 Persönlich, Rheinfelden

Die Coiffeurbranche liegt ihm am Herzen: Fausto Lucchesi

An seinem Beruf reizt ihn unter anderem das Kreative und dass er mit vielen unterschiedlichen Menschen in Kontakt ist. Fausto Lucchesi aus Rheinfelden hat sich 1997 als Coiffeur selbständig gemacht und führt je ein Geschäft in Arlesheim und in Basel.

Janine Tschopp

Schon ganz früh war für Fausto Lucchesi klar, dass er etwas Kreatives lernen wollte, wo Feinmotorik eine Rolle spielte. In Frage kamen die Berufe Goldschmied, Koch und Coiffeur. Als Goldschmied hat er keine Lehrstelle gefunden und Koch war von den Arbeitszeiten her unpraktisch, da er damals intensiv Fussball spielte.

So begann er, der bis zum 18. Lebensjahr in Möhlin aufgewachsen war und später in Basel lebte, eine Lehre als Coiffeur im Salon seines späteren Geschäftspartners Rolf Köhli. Während drei Jahren lernte er das Herrenfach. Anschliessend wechselte er zu einem anderen Geschäft und absolvierte während eineinhalb Jahren eine Ausbildung zum Damencoiffeur.

Fausto Lucchesi findet es schade, dass seit zehn Jahren die Berufe Damen- und Herrencoiffeur nur noch als Einheitsberuf angeboten werden. «Das war ein Rückschritt für die Branche.»

Er denkt zurück und sagt: «Ich würde wieder alles ganz genau gleich machen. Als Herrencoiffeur lernt man viel exakter zu arbeiten. Deshalb war es für mich der richtige Weg, zuerst mit dem Herrenfach anzufangen.»

Schon bei der Abschlussprüfung als Herrencoiffeur wurden Experten auf den damals 19-Jährigen aufmerksam und boten ihm eine Stelle an. Dass er einerseits den richtigen Beruf gewählt hatte und sich andererseits weiterentwickeln würde, war für ihn schon während der Lehre klar. Obwohl er selber Lehrling war, wurde er schon damals mit der Ausbildung von Lernenden betraut.

Nach seiner Ausbildung zum Damencoiffeur blieb er noch eineinhalb Jahre bei diesem Geschäft und wechselte schliesslich wieder in den Salon von Rolf Köhli. Sieben Jahre später eröffnete Fausto Lucchesi in Dornach einen eigenen Coiffeursalon und machte sich selbständig. Mit seinem ersten Ausbildner Rolf Köhli gründete er 2002 eine Firma und eröffnete in den folgenden Jahren unter dem Namen «Hairsign» zwei weitere Salons in Basel. Auch sein Salon in Dornach wurde unter diesem Namen weitergeführt. Am Spalenberg in Basel arbeiteten vor allem Lernende und Jungcoiffeure. Die Ausbildung von Lernenden lag Fausto Lucchesi und Rolf Köhli von Anfang an am Herzen. «Insgesamt habe ich schon etwa 100 Lernende ausgebildet», schätzt Lucchesi. Sein Geschäftspartner Rolf Köhli wurde vor einem Jahr pensioniert. Heute führt Fausto Lucchesi noch zwei Salons (an der Marktgasse in Basel und beim Bahnhof in Arlesheim) unter dem Namen «Hairsign».

Einstellung der Lernenden hat sich verändert
Bei der Einstellung der Lernenden hat Fausto Lucchesi in den letzten Jahren eine negative Entwicklung festgestellt. «Wir haben unsere Konzepte diesbezüglich immer wieder nach unten korrigiert. Irgendwann stimmte es für mich nicht mehr.» Aus diesem Grund hat der Coiffeurmeister in den letzten Jahren weniger Lernende angestellt, dafür mehr darauf geachtet, dass ihre Einstellung vollumfänglich stimmt. «Entsprechend habe ich die Anforderungen wieder einem höheren Niveau angepasst.»

Heute gebe es öfters Lernende, die ihre Ausbildung abbrechen. Es fehle an Durchhaltewillen. Lucchesis Erfahrung ist, dass heute immer mehr Jugendliche kein Ziel vor Augen haben. «Das belastet die ganze Branche.» Dazu komme, dass sich immer mehr junge Menschen zu spät um eine Lehrstelle kümmern. Der Coiffeurmeister bedauert: «Dienstleistungs-Berufe sind bei vielen Jungen nicht mehr so gefragt.» Er stellt auch fest, dass heute viele junge Menschen Mühe damit haben, sich Gelerntes zu merken. Das könne damit zu tun haben, dass sie sehr viel Zeit am Handy verbringen.

Fausto Lucchesi kämpft für seinen Berufsstand. «Mein Ziel ist es, so viele gute Coiffeurgeschäfte wie möglich zu unterstützen, damit der Berufsstand wieder an Ansehen gewinnt.» Das macht er einerseits, indem er sich als Franchising-Partner zur Verfügung stellt. Andererseits bietet er Networking und Seminare an. Viele seiner Berufskollegen seien sehr gute «Handwerker», tun sich mit administrativen Arbeiten aber schwer. So will er ihnen mit seiner Firma (Hairdresser Networking) in wirtschaftlichen, personellen und strukturellen Fragen sowie auch im Marketingbereich Unterstützung anbieten. Sein Beruf fasziniert den 51-Jährigen noch wie am ersten Tag. Unter anderem gefällt ihm das Kreative und dass er mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt kommt. «Als Coiffeur kann ich meine Kunden spüren. Es zählt nicht nur das Äussere. Der Gemütszustand der Person, die auf dem Stuhl sitzt, spielt eine grosse Rolle.» Entsprechend ist es für ihn auch kontrovers, seinen Beruf als oberf lächlich einzustufen. «Coiffeur zu sein ist knallharte Knochenarbeit, die haargenaue Kalkulationen erfordert», sagt der Mann, der die Bodenständigkeit in Person ist.

Sport ist sein Ausgleich
Wenn Fausto Lucchesi einmal nicht arbeitet, verbringt er, der seit 1996 in Rheinfelden lebt, gerne Zeit mit der Familie.

Zudem treibt er gerne Sport. Er spielt Fussball und engagierte sich bis vor ein paar Jahren als Trainer und Juniorenobmann beim FC Rheinfelden. In seiner Freizeit kocht er auch gerne oder ist joggend oder wandernd in der Natur unterwegs.

Als Sohn italienischer Eltern, die sechs Jahre vor seiner Geburt in die Schweiz gekommen sind, interessieren ihn seine Wurzeln. Einmal pro Jahr wählt er eine italienische Region, um diese für einige Tage auszukundschaften.


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