Siragusas und die Shrimps

  13.08.2021 Gewerbe

Was Michael Siragusa in Rheinfelden produziert, verkauft Mama Erika an der Fischtheke in der Migros Langendorf-Ladedorf: Schweizer Crevetten. Eine Erfolgsgeschichte und eine besondere Familiengeschichte.

Es zappelt in Michael Siragusas Hand: «Dieser hier hat die richtige Grösse: lang wie ein Kugelschreiber, dick wie ein Daumen», erklärt der Produzent. Zack! Der Shrimp hüpft aus seiner Hand zurück ins Becken zu seinen 80’000 Kollegen. Mittendrin steht Siragusa mit dem Kescher. Seine Gummistiefel reichen bis zur Hüfte. Die tropische Hitze in der Rheinfelder Produktionshalle lässt den Schweiss auf Michael Siragusas Stirn perlen.

Szenenwechsel. In der Fischtheke der Migros Langendorf liegt ein Dutzend Shrimps drapiert auf Eis. Erika Siragusa nimmt ein Exemplar in die Hand. Kugelschreiberlang, daumendick, blauschimmernd. «Kennen Sie schon die Shrimps aus Rheinfelden?», fragt sie eine Kundin. «Die werden ganz ohne Antibiotika produziert.» Geht es um die Shrimps ihres Sohnes, dann verkauft Erika Siragusa mit noch mehr Leidenschaft.

Gegenpol zu importierter Massenware
Während des Chemiestudiums gründete Michael Siragusa gemeinsam mit seinem Kindergartenfreund Rafael Waber die Swiss Shrimp AG. Die Idee dazu kam vom Dritten im Bunde, dem leidenschaftlichen Taucher Thomas Tschirren. Während seiner Tauchferien hatte er dermassen abschreckende Shrimpsfabriken gesehen, dass er beschloss, in der Schweiz eine nachhaltige Zucht aufzubauen. In Luterbach fanden die drei ein grosses Gebäude, ersteigerten Kuhtränken auf Ricardo und bauten daraus Becken. «Unsere allerersten 2000 Shrimps zählten wir noch von Hand ab. Und am nächsten Tag waren sie alle weg», erinnert sich Siragusa an den traurigen Moment. Die Becken waren wohl nicht dicht genug.

«Wenn sich der Sohn gegen die Sicherheit und für eine Vision entscheidet, macht man sich als Mutter schon Sorgen. Aber ich habe gespürt, er wird das zu Ende bringen», erzählt die 63-jährige Erika Siragusa.

Aufgeben ist keine Option
Mit dem neuen Areal in Rheinfelden kam das Glück für die drei Firmengründer. Die Anlage befindet sich direkt neben dem Werk Riburg der Schweizer Salinen. So kann die Swiss Shrimp AG nicht nur die Abwärme der Saline nutzen, sondern von nebenan auch Salz beziehen. Denn die 40 Meter langen und 5 Meter breiten Becken sind mit Salzwasser befüllt. Seit 2018 ernten Siragusa und seine Kollegen Swiss Shrimps. «Aus dem Nichts haben wir etwas aus dem Boden gestampft. Heute führen wir die grösste Shrimpszucht in Europa.» Im Jahr 2021 möchten sie 32 Tonnen Shrimps verkaufen.

Von Rheinfelden via Schönbühl und Langendorf nach Selzach

Via Logistikplattform Schönbühl gelangt zweimal pro Woche eine Lieferung Shrimps in die Migros Langendorf. Erika Siragusa legt ein paar Crevetten auf die Eiswürfel. So bleiben die Krustentiere frisch. Sie isst die Shrimps auch selbst gerne. Einmal pro Woche bringt Sohn Michael (41) die Crevetten direkt aus der Produktionshalle zur Mama nach Selzach. Und dann gibt es die Shrimps gebraten in Olivenöl, mit Knoblauch, Petersilie, Peperoncini und etwas Zitronensaft. So mögen sie beide am liebsten.

Text: Pia Schüpbach
Foto: Anne-Camille Vaucher


Swiss Shrimp AG

In der Produktionshalle in Rheinfelden tummeln sich in 16 Zuchtbecken insgesamt über eine Million Shrimps in 48 Populationen. In den Becken wurden aus Kunststoff Strukturen und Rückzugsmöglichkeiten angelegt, die an Höhlen oder Schlingpflanzen erinnern. In der geschlossenen Salzwasser-Kreislaufanlage entwickeln sich die Postlarven innerhalb von fünf bis sechs Monaten zu ausgewachsenen Tieren. Mit einem Kescher (Netz) holen Mitarbeitende die benötigte Anzahl Shrimps aus dem Becken und geben sie in einen Behälter mit eiskaltem Wasser. Durch das Schockkühlen werden die Shrimps schnell getötet – eine von Tierschutzorganisationen anerkannte Methode. Vom Eisbad gelangen die Shrimps rasch in die Verpackung und wenig später zu den Fischtheken der Migros Aare. Seit März 2019 führt die Migros Aare die Shrimps im Sortiment. Durchschnittlich verkauft sie 55 Kilo pro Monat in den Filialen mit bedienter Fischtheke.


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