Gemeinsame Sprache braucht kein Rahmenabkommen

  03.08.2021 Laufenburg

Wegen des unsicheren Wetters wurde die Bundesfeier in Laufenburg in die von Volley Smash 05 und dem Förderverein Tourismus feierlich geschmückte Stadthalle verlegt.

Dieter Deiss

«Es ist schön, dass wir trotz der noch nicht vollständig überwundenen Corona-Pandemie wieder einmal gemeinsam zusammensitzen dürfen», meinte Stadtammann Herbert Weiss in seinen Begrüssungsworten. Gleichzeitig gab er der Hoffnung Ausdruck, dass bald wieder einmal die Normalität Einzug halte.

Eine begeisternde Rede
Höhepunkt des Abends war zweifellos die Festrede des deutschen Schriftstellers Markus Manfred Jung. Dieser übte 2019 drei Monate lang das Amt des Burgschreibers der beiden Laufenburger Städte aus. «Ich freue mich, dass ich als Deutscher am höchsten Feiertag der Schweiz hier sprechen darf», begann er in äusserst sympathischem Alemannisch seine Rede. Und zog damit die Zuhörerinnen und Zuhörer gleich von Beginn weg in seinen Bann. In feinfühligen Worten schilderte der in Zell im Wiesental aufgewachsene Jung zahlreiche persönliche Erlebnisse mit Leuten aus der Schweiz.

Als Kind hatte der 1954 geborene Schriftsteller bereits verwandtschaftl iche Beziehu ngen zu r Schweiz. Diese Begegnungen hätten in ihm den Eindruck erweckt, dass in der Schweiz alle reich sind. Man habe dies so zu begründen versucht: «Sie hatten keinen Krieg, sie haben keinen Krieg verloren, in der Schweiz lebt man deshalb im Paradies.» Die Unterstützung und das Zusammengehörigkeitsgefühl über die Landesgrenze hinweg habe den Leuten damals Mut gemacht.

Schweiz vor Berlin
«Als Alemanne fühle ich mich den Schweizern näher als den Berlinern», setzte er sich mit den Gemeinsamkeiten der Sprachen links und rechts des Rheins auseinander. In der Schweiz mache man sich oft lustig über die langsamen Berner. «Auch wir Alemannen denken schneller als wir schwatzen», was zweifellos vernünftiger sei als umgekehrt. In der Schweiz habe die Mundartliteratur noch einen hohen Stellenwert, meinte Jung, und lobte auch das kulturelle Engagement in der Schweiz: «Wo es bei euch fliesst, da tröpfelt es bei uns nur», führte er dazu bildlich aus.

Der Burgschreiber verschwieg aber auch nicht, dass auch in der Schweiz nicht alles bestens bestellt ist. So habe ihn dies schwer getroffen, als ihm ein schweizerischer Freund erzählte, dass er wegen Verweigerung des Militärdienstes ein Jahr im Gefängnis gesessen habe. Als weitere Tolggen im Reinheft führte er den Umgang mit Nazigold und nachrichtenlosen Vermögen an, oder die Fichenaffäre und Probleme mit Flüchtlingen.

Es stehe ihm als Deutschem freilich nicht an, die Schweiz zu kritisieren. Er habe alle Hochachtung vor seinem Nachbarland. Er staune immer wieder, wie hier die direkte Demokratie funktioniere und fügte abschliessend an: «Ich täte mir in Europa eine noch bessere Zusammenarbeit wünschen, so, wie man dies in den beiden Städten Laufenburg lebt.»

Umrahmt wurde die Feier von den Klängen der Stadtmusik Laufenburg. Die Musikantinnen und Musikanten zeigten sich ganz offensichtlich erfreut darüber, dass sie nach monatelanger, pandemiebedingter Absenz, endlich wieder einmal einen öffentlichen Auftritt haben durften. Mit dem Singen der Landeshymne fand die rund einstündige Feier ihren Abschluss.


Image Title

1/10

Möchten Sie weiterlesen?

Ja. Ich bin Abonnent.

Haben Sie noch kein Konto? Registrieren Sie sich hier

Ja. Ich benötige ein Abo.

Abo Angebote