«Es gab nur zu verlieren»

  18.07.2021 Wallbach/Mumpf, Persönlich

Der Weltklasse-Schwimmer Yannick Käser (29) spricht über seine Krebsdiagnose

Diesen Sommer hat sich der Mumpfer Weltklasse-Schwimmer Yannick Käser anders vorgestellt. Aus heiterem Himmel erhielt der Fricktaler vor gut zwei Monaten eine Krebsdiagnose. Die Möglichkeit, sich für die Olympischen Spiele in Tokio zu qualifizieren, ist in weite Ferne gerückt.

Janine Tschopp

Wenn ein eingeschriebener Brief von der Stiftung «Antidoping Schweiz» ins Haus flattert, ist das nie gut. Entsprechend hatte der Mumpfer Weltklasse-Schwimmer Yannick Käser ein schlechtes Gefühl, als er den Umschlag öffnete. Es wurde in der Tat eine positive Substanz in seiner Urinprobe gefunden. «Normalerweise wird man dann direkt gesperrt», weiss Käser. Es gibt auch die Möglichkeit, dass der Nachweis mit einer pathologischen Ursache zu tun haben könnte. Beim Sportler läuteten die Alarmglocken. «Es gab also nur zu verlieren. Entweder gab es tatsächlich eine Substanz in meinem Urin, die zu einer Sperrung führen würde, oder ich war krank.»

Die folgenden Untersuchungen beim Urologen bestätigten dann die zweite, noch schlechtere Variante. Es war vor gut zwei Monaten, als bei Yannick Käser Hodenkrebs festgestellt wurde. Das Positive: Die Computertomografie zeigte, dass der Krebs im restlichen Körper nicht gestreut hatte.

Trotz Krebsdiagnose Teilnahme an Europameisterschaften
Nachdem der Schwimmer den ersten Schock überwunden hatte, entschloss er sich, trotz seiner Krebsdiagnose an den Europameisterschaften in Budapest teilzunehmen. «Das war für mich die letzte Qualifikationsmöglichkeit für die Olympischen Spiele.» Den Operationstermin verschob er auf einen Tag nach seiner Rückkehr von Budapest. «Obschon ich mich körperlich wohlfühlte, lief es an der Europameisterschaft nicht gut. Vermutlich lag es an meiner mentalen Verfassung. Ich war im Kopf nicht frei.» Seither sind die Olympischen Spiele in Tokio für den Fricktaler kein Thema mehr.

Die Gesundheit steht im Vordergrund
Die Operation verlief gut, und die Krebszellen konnten entfernt werden. Therapien sind keine nötig, jedoch wird sich der 29-Jährige nun in einem zweimonatigen Rhythmus verschiedenen Kontrollen und Untersuchungen unterziehen müssen. Dass er in drei Jahren nochmals an den Olympischen Spielen dabei sein kann, glaubt er, der sich bereits seit zwölf Jahren im Spitzensport bewegt, derzeit nicht. Das ist jetzt auch nicht prioritär. «Nun steht die Gesundheit im Vordergrund.»

Der 40-fache Schweizermeister und zweifache Olympiateilnehmer, der auf 200 Meter Brustschwimmen spezialisiert ist, möchte weiterhin an Wettkämpfen mitmachen. Nur etwa vier Wochen nach seiner Krebsoperation schwamm er schon wieder an den Sommer-Schweizermeisterschaften in Basel. Bei der 100-Meter-Distanz wurde er Zweiter und bei der 50-Meter-Distanz Dritter. «Ich habe nur bei den kürzeren Strecken mitgemacht, weil mir die Ausdauer noch fehlte.» Um gute Resultate ging es ihm nicht. Hauptsächlich wollte er wieder in seinem sportlichen Umfeld sein und ohne Leistungsdruck einen Wettkampf absolvieren.

Zwei Standbeine
«Vom Schwimmen zu leben, ist in der Schweiz schwierig», sagt Yannick Käser. Entsprechend war er immer bestrebt, neben dem Sport ein zweites Standbein zu haben. Von 2012 bis 2016 absolvierte er in Amerika ein Bachelor Studium in Marketing und Management und arbeitete später neben dem Leistungssport bei verschiedenen Firmen. Derzeit ist er bei der Fluggesellschaft Swiss im Bereich Innovation und Digitalisierung tätig. Ab kommendem Herbst wird er ein Masterstudium an der HSG in St. Gallen in Angriff nehmen. Ausser direkt nach der Matur, als er ein Jahr lang nur auf die Karte Sport setzte, bestand sein Alltag immer aus Trainieren und Arbeiten in Kombination. «Vermutlich wäre es mir langweilig, wenn ich zwischen den Trainings nicht arbeiten würde», schmunzelt er.

Auch in Zukunft möchte Yannick Käser den Spitzensport mit Ausbildung und Arbeit unter einen Hut bringen. Bis die Saison wieder losgeht, wird er sich ein paar Wochen Ferien gönnen. Und eben: Das Wichtigste ist, dass er gesund bleibt. Natürlich war ihm immer bewusst, dass die Gesundheit das höchste Gut ist, aber dass er dies so schnell am eigenen Leib erfahren würde, damit hat er bis vor ein paar Wochen nicht gerechnet.


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