Zoff in der GLP – wilder Stadtratskandidat wird ausgeschlossen
04.05.2021 RheinfeldenStadtratswahlen Rheinfelden: Michael Derrer kandidiert gegen den Willen seiner Partei
Vier Bisherige und vier neue Kandidatinnen und Kandidaten treten bei den Rheinfelder Stadtratswahlen an. Wegen seiner Kandidatur wird Michael Derrer aus der GLP ausgeschlossen.
Valentin Zumsteg
Bei den Grünliberalen ist Feuer im Dach. An der Mitgliederversammlung im Februar hat die Partei ihren bisherigen Stadtrat Dominik Burkhardt für die kommenden Gesamterneuerungswahlen vom 13. Juni nominiert – als einzigen Kandidaten. Damit nicht einverstanden ist Michael Derrer, seit zehn Jahren ebenfalls Mitglied der GLP. Er möchte auch Stadtrat werden und wollte eigentlich für die Partei antreten – doch diese versagt ihm die Unterstützung. Davon lässt sich Derrer aber nicht abbringen, er kandidiert nun doch, allerdings als Unabhängiger.
«Hätte vor vier Jahren schon kandidiert»
«Ich hätte bei den letzten Wahlen vor vier Jahren schon für die GLP kandidiert, doch das erlaubte die lokale Parteileitung nicht. Um die Kandidatur eines potentiellen parteiinternen Konkurrenten zu verhindern, portierte sie sogar eine Person, die vorher nicht in der GLP war», erklärt Michael Derrer gegenüber der NFZ. Er betont, dass er eigentlich nicht die Absicht hatte, aus der Partei auszutreten, ihm jedoch von der Parteipräsidentin ein Ultimatum von 24 Stunden gesetzt wurde, entweder selbst zu gehen oder ausgeschlossen zu werden. Er liess diese Frist verstreichen. «In der lokalen GLP herrscht eine Art Feudalsystem. Parteipräsidentin Béa Bieber fördert ihre Vasallen. Ich habe andere Wertvorstellungen: Eine zu starke Machtkonzentration läuft unserer Demokratie zuwider», sagt Derrer, der für die Partei auch schon auf der Wahlliste für den Grossen Rat und den Nationalrat stand.
Wenig erfreut über das Vorgehen von Michael Derrer ist die Parteileitung. «Diese Kandidatur ist eine klare Missachtung von Abmachungen. Wir schliessen Michael Derrer aus der Partei aus. Das Vertrauensverhältnis ist nicht mehr gegeben», erklärt Béa Bieber. Die Partei habe sich klar für die Strategie entschieden, nur mit einem Kandidaten anzutreten. Die Wahl von Dominik Burkhardt vor vier Jahren habe der GLP und ihrer Strategie recht gegeben. Weiter betont sie, dass die Entscheide in der Partei breit abgestützt seien und von einem Feudalsystem keine Rede sein könne. «Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ», so Bieber. Dass Derrer nun als Parteiloser kandidiert, will Bieber nicht im Detail kommentieren. Nur soviel sagt sie: «Jeder ist frei zu tun, was er will.»
Der Parteiausschluss von Michael Derrer erscheint auch unter einem anderen Aspekt interessant: Seit 2013 ist er Bezirksrichter, von der GLP portiert. Ob er bei einer nächsten Richterwahl wieder auf die Unterstützung der Partei zählen kann, scheint unwahrscheinlich. Würde er hingegen als Stadtrat gewählt, müsste er das Richteramt sowieso abgeben.
«Für das Städtchen einsetzen»
«Ich möchte mich für das Städtchen einsetzen. Ich habe viele Ideen. Ich finde, das Gewerbe und die Kleinunternehmen sollten unterstützt werden», sagt Derrer (Jahrgang 1967) zur Motivation für seine Stadtratskandidatur. Beruflich ist er Dozent, Unternehmer und Bezirksrichter. Mit seiner Firma begleitet er Schweizer Unternehmen bei ihrer Expansion in osteuropäische Länder. Kultur, Soziales, Wirtschaftsfragen und Standortförderung sind Themen, die ihn kommunalpolitisch besonders interessieren. Bei den Wahlen rechnet er sich Aussenseiter-Chancen aus, wie er sagt.
Mit dieser Kandidatur sind nun acht Bewerberinnen und Bewerber für die fünf Sitze im Rheinfelder Stadtrat bekannt. Neben den vier Bisherigen Franco Mazzi (FDP), Walter Jucker (SVP), Susanna Schlittler (FDP) und Dominik Burkhardt (GLP) treten vier Neue an: Michael Derrer (parteilos), Claudia Rohrer und Tom Steiner (beide SP) sowie Claus Pfisterer (parteilos). Am vergangenen Freitag ist die offizielle Anmeldefrist für die Wahlen abgelaufen. Im ersten Wahlgang am 13. Juni kann aber jede in der Stadt Rheinfelden wahlfähige Person Stimmen erhalten.