Mit einer gesunden Portion Sturheit zum Glück

  13.05.2021 Möhlin, Persönlich

Bald 30 Jahre lang ist Carolyn Metzger in der Keramikbranche tätig. Seit 1999 führt sie in Möhlin einen Laden mit Töpferei und Keramik-Atelier. Dabei mangelt es ihr weder an Aufträgen noch an kreativen Ideen.

Birke Luu

Das «CM» auf ihren Keramiken steht sowohl für Carolyn Metzger wie auch für «Chacheli-Macheri». Dieses Label sei angelehnt an die ehemalige Möhliner Steingutfabrik, die sich unweit ihrer Töpferei an der Riburgerstrasse befand. Die damaligen Arbeiter hätten gesagt, dass sie in der «Chacheli» schaffen würden. Und da Chachelis, also Schälchen, eine häufige Form von Carolyn Metzgers Handwerk sind, habe diese Bezeichnung für sie einfach gepasst.

Carolyn Metzger ist keine Quereinsteigerin, die ihr Hobby irgendwann zum Beruf gemacht hat, sondern begann mit 17 Jahren eine Keramikmaler-Lehre bei der Rheinfelder Keramik, wo sie insgesamt sechs Jahre lang arbeitete. 1999 machte sie sich dann selbständig, eröffnete einen Laden mit Geschenkartikeln, die zur Hälfte aus ihren Keramiken, zur Hälfte aus Zugekauftem bestanden. Im Laufe der Jahre verlagerte sie ihren Fokus, machte eine «reine Handwerksbude» daraus. Handwerk bei den Produkten wie auch Handwerk bei den Schränken und Regalen, welche von ihrem Mann Marcel, einem Schreiner, restauriert werden und ganz nebenbei ebenfalls zum Verkauf stehen. In dieser gemütlichen «Bündnerstube» fühlt sich die Naturverbundene wohl, holt etwas von ihren geliebten Bergen nach Möhlin und an ihren Arbeitsplatz.

Handwerkerin ja, Künstlerin nein
Mit 16 ging sie auf die Schule für Gestaltung in Olten. Doch diesen Bildungsweg brach sie nach einem Jahr ab, da sie sich völlig fehl am Platz gefühlt hatte. «Von Kunst verstehe ich nichts, ich interpretiere nichts in meine Produkte hinein, die müssen für sich selbst sprechen», erklärt sie ihre Distanzierung. «Künstlerin» habe einen etwas abgehobenen Beigeschmack, sie hingegen sei eine extrem bodenständige und natürliche Person. «Ich male alles an, nur nicht mich selbst», lacht die 45-Jährige. Ihre heutige Berufsbezeichnung ist Keramikerin, da sie neben ihrer ersten Ausbildung später auch noch das Drehen – bei Mathies Schwarze in Oeschgen – erlernte. Im Anschluss hieran fand der ganze Herstellungsprozess in ihrer Töpferei statt. Von der Idee bis zum fertigen Produkt. Ihre Spezialität? «Alles was man drehen kann. Sie sei eine typische Scheibendreherin, nur einzelne Arbeiten wie Türschilder erledige sie mittels Plattentechnik. «Das Drehen ist das produktivste Yoga, das man tun kann», schmunzelt Carolyn Metzger. «Es beruhigt und versetzt einen in einen völligen Flow» – dies erklärt, weshalb sie dabei oft das Klingeln ihrer Kundschaft überhört.

Das Faszinierende am Töpfern sei dessen unglaubliche Vielseitigkeit. Der Ton lasse sich in den verschiedensten Techniken formen und gestalten – egal ob man seinen Werken einen rustikalen, einen schlichten, einen klassischen oder «was auch immer für einen» Look verpassen will. Die Möglichkeiten dafür seien schier grenzenlos, selbst im Hochbrandbereich, in dem sie arbeite. Daher sei ihr Geschirr auch spülmaschinenfest und ihre Gartenkeramik winterhart.

Eine Maus geht viral
Na ja, vielleicht nicht wirklich viral, aber dennoch ist in diesen Corona-Zeiten Carolyn Metzgers «Apéro-Maus» der Hit und wird schweizweit verkauft. Das kreative Maus-Gefäss verhindert, dass alle Gäste mit ihren Fingern in dieselbe Schüssel fassen – stattdessen werden die Apéro-Nüsschen ohne Berührung direkt auf den eigenen (Hand-)Teller herausgeschüttet. Schon vor Corona kreiert, wurde die Maus durch Corona zum Verkaufsschlager befördert. Mitbeteiligt waren wohl auch Facebook und Instagram, auf denen die Keramikerin aktiv ist. «Dort kann ich schnell und unkompliziert Fotos hochladen und meine Arbeiten zeigen», erzählt sie. Dort bekäme man schnell ein Feedback, ob etwas Gefallen findet oder eher nicht. Selbst scrollt sie auch gerne auf Instagram herum.

Es sei fantastisch und genial zu sehen, was Keramiker weltweit so alles herstellen würden. Dabei lasse sie sich, wie sehr viele andere Berufskollegen weltweit, aus der Natur inspirieren, wo ja auch ihre Rohstoffe herkämen. In ihrem Möhliner Atelier sind nebst den Apéro-Mäusen auch die grossen Tassen und Krüge sehr gefragt sowie Gartenkeramik und personalisierte Gegenstände wie Kinderteller, Tiernäpfe und ja, auch Tierurnen. «Dass ich Auftragsar-beiten mache, hat sich in den letzten 22 Jahren wohl herumgesprochen. Anscheinend bin ich längst kein Geheimtipp mehr», lacht die Keramikerin.

Dass durch ihre Social Media Präsenz auch jüngere Menschen auf ihre Produkte aufmerksam würden, freue sie sehr. «Die Jüngeren wollen nachhaltig leben, entdecken so die alten Handwerke neu und lernen, dass viel Arbeit und Zeit in solchen Produkten stecken.»

Schlechte Verkäuferin
«Ich bin von Natur aus zurückhaltend und keine gute Verkäuferin», stöhnt Carolyn Metzger. Auch nach all den Jahren beherrsche sie kein «Storytelling», doch zum Glück sprächen ihre Keramiken für sich. So kaufe ihre Kundschaft tatsächlich aus eigener Überzeugung und das sei gut so. An Töpfermärkten unter freiem Himmel mitzumachen, findet sie hingegen toll. Das interessierte Publikum, die lockere Stimmung untereinander und die meist schöne Ambiance seien für sie und ihre Berufskollegen sehr verkaufsfördernd. Bald wird der nächste Markt endlich wieder stattfinden, eine grosse Freude während der andauernden Coronazeit.

Corona habe auch ihre Arbeit verändert: Keine Töpferkurse, keine Märkte, dafür deutlich gestiegene Online-Verkäufe – und das obwohl sie noch nicht mal eine Website hätte. Eine Welle der Solidarität sei ebenfalls über sie gekommen. Bestehende wie auch neue Kunden hätten sehr viele Bestellungen getätigt und ihr arbeitsame Monate beschert. Trotz all den Jahren im Keramik-Handwerk gebe es noch viel zu tun, wie Carolyn Metzger es ausdrückt. Ihr Ziel sei das Machen an sich, sprich immer weiter neue Dinge aus Ton entstehen zu lassen. Ideen habe sie mehr als genug: «Diese entwickeln sich immer wie von selbst weiter.» Man darf also gespannt sein, welche zukünftigen Kreationen entstehen werden, die die Chacheli-Macherin dann wieder mit ihrem «CM» versehen wird.


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