Forderung nach schneeweissen Blüten

  11.05.2021 Gipf-Oberfrick, Natur

Seit der Bluescht Anfang April reisst der Strom von Besuchern auf dem «Chriesiwäg» in Gipf-Oberfrick nicht ab. Manch einer reist mit naturfremden Erwartungen an und obwohl in diesem Jahr gemähte Flächen zum Verweilen einladen, wird noch immer durch Wiesen getrampelt.

Simone Rufli

«Ich habe den Eindruck, dass viele Leute, die zu uns ins Fricktal reisen, die Zusammenhänge in der Natur nicht mehr verstehen», sagt Gipf-Oberfricks Frau Gemeindeammann Regine Leutwyler und erklärend fährt sie fort: «Es gibt Leute, die reisen von weit her an, im Kopf ein Bild von schneeweissen Kirschenblüten und wenn dann die Natur ihren Vorstellungen nicht zu hundert Prozent entspricht, sind sie enttäuscht und beschweren sich.» Die Kirschenblüten seien in diesem Jahr aus gutem Grund nicht schneeweiss gewesen. «Die Kirschbäume haben sehr früh geblüht, dann kam der Schnee und mit der Nässe verfärbten sich die Blüten leicht. Das ist die Natur.»

Mit einem Stand, mit Hinweistafeln, ja selbst mit Erklärungen in englischer Sprache seien der Obstverband, der Jurapark und die Bauern bemüht, Erklärungen zu liefern und den Besuchern Einblicke in ihre Arbeit und in die Abläufe der Natur zu geben. «Das Interesse daran hält sich leider in Grenzen.»

Dass die Besucher einer Naturgewalt gleich über den «Chriesiwäg» hereinbrechen, bereite auch den betroffenen Landwirten nicht nur Freude. «In diesem Jahr haben die Bauern extra Flächen unter den Bäumen gemäht. Es stehen zudem an verschiedenen Orten Bänke und auch Tische zur Verfügung, es hat Grillstellen und genug Plätze zum Verweilen. Und trotzdem gibt es weiterhin Leute, die mit Picknick-Decken einfach mitten in die Wiesen hocken», ärgert sich Regine Leutwyler. Ähnlich Unerfreuliches ereigne sich bei den Stein- und Asthaufen entlang des Weges. «Kinder spielen in den Haufen, reissen sie auseinander und die Eltern lassen sie einfach gewähren.» Vermutlich sei es vielen auch gar nicht bewusst, dass es sich bei den Haufen um Lebensraum für Tiere handelt.

Auch für die Gemeinde sei der Ansturm mit immer grösserem Aufwand verbunden. So kämen etwa immer öfter Parkplatzanweiser zum Einsatz. Einheimische hätten zu gewissen Zeiten schlicht keine Chance mehr, im Dorfzentrum einen Parkplatz zu finden. Auch Gemeindeangestellte fänden immer seltener einen Platz beim Gemeindehaus und müssten nach einem Parkplatz in der weiteren Umgebung suchen.

Zunehmend unbefriedigend sei die Situation auch auf dem zweiten grossen Parkplatz, jenem hinter dem Volg-Laden. «Es gibt Tage, da finden Volg-Kunden kaum mehr einen Abstellplatz, weil alle Parkplätze von Besuchern des «Chriesiwägs» belegt sind. Wir werden buchstäblich überrannt und das, obwohl wir in diesem Jahr ganz bewusst keine Reklame mehr gemacht haben für den Weg.» Leutwyler lacht und bemerkt augenzwinkernd: «Inzwischen weiss auch Federico Hochreuter von der Gelateria im alten Postgebäude, was ich meine, wenn ich von ‹überrannt werden› spreche.»


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