tierisch mitgehört(h)

  16.02.2021 Kolumne

Eine grosse Verantwortung

Susanne Hörth

Eine Aufräumaktion auf dem Dachboden befördert so das eine oder andere Vergessene hervor. Bei mir war es ein kleines Ding, das von meinen heute erwachsenen Kindern einst so innig geliebt wurde und bei dem ich in der mir temporär auferlegten Verantwortung so unverzeihlich versagt habe. Weil ich gegen noch mehr Wunsch-Haustiere der Buben war, hat jeder von ihnen ein Tamagotchi erhalten. Das nur wenige Zentimeter grosse, eiförmige Plastikteil hat es wahrhaft in sich. Kaum in Betrieb genommen, schlüpfte auf dem winzigen Display ein virtuelles Küken. Es musste gefüttert und unterhalten werden. Es meldete sich unregelmässig, wollte gefüttert, auf die Toilette gebracht oder einfach unterhalten werden. Kam man diesen Wünschen nicht nach, drohte der Tod des Kükens. Tamagotchi-Besitzerinnen und Besitzer waren damals ganz viele Mädchen und Buben. Und weil die virtuellen Tierchen irgendwann den Schulunterricht so sehr störten, durften die Dinger nicht mehr in die Schule mitgenommen werden. Was wieder die Eltern, meist die Mütter, sehr in die Pflicht nahm. Für mich hiess es auf Anweisung der drei Buben, die sich ständig bemerkbarmachenden Küken zu unterhalten. Ein echter Fulltimejob, dem ich so nicht gewachsen war. Ein kleiner Trost war, dass es anderen Müttern ähnlich erging wie mir. Wir haben uns letztlich wahrscheinlich mehr um die virtuellen Haustiere der Kinder gesorgt, als es diese gesamthaft taten. Regelmässige Kontakte mit der extra eingerichteten Tamagotchi-Hotline inklusive.


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