Militär rammt Brückenpfeiler in den Rheingrund

  12.02.2021 Nordwestschweiz

Markantes Hindernis im Fluss für Pontonierwettkämpfe ersetzt

Eine nicht alltägliche und knifflige Aufgabe hatte ein Geniezug des Katastrophenhilfe-Bereitschaftsbattaillons im Rhein in Sisseln zu bewältigen: Es hat einen morschen «Brückenpfeiler» ausgebaut und einen Ersatz mit neuem Design in den Rheingrund gerammt. Nun steht das markante Hindernis für den nächsten grossen Pontonierwettkampf bereit.

Paul Roppel

SISSELN. Es kündigte sich Grosses an am Rheinufer in Sisseln. Schweres, klobiges militärisches Gerät und eine Schwimmbrücke waren bei der ARA abgeladen worden. Ein Ungetüm von einem Pneukran, der seinen Arm bis zu 40 Meter ausfahren und bis zu 55 Tonnen Last heben kann, unterstützte die Hebearbeiten. Auf dem Rayon schoben Militärpatrouillen Wache rund um die Uhr. «Wir brauchen eigentlich kaum bauliche Infrastruktur für unseren Sport», sagt Stefan Notz, der seit 33 Jahren das Pontonierhandwerk als Freitzeitbeschäftigung ausübt und damit als Neunjähriger bei den Jungpontonieren startete, zur NFZ. Aber eben, eine ausserordentlich dominante Infrastrukturbaute gehört genau so wie Übersetzboote, Ruder und Stachel zu den Pontonieren: Es ist ein unübersehbares Bauwerk in der Flussströmung, etwa 20 Meter vom Ufer entfernt, das kaum auf einem Wettkampfparcours fehlen darf.

Hindernis für Pontoniere im Fluss
«Dieses Hindernis im Fluss symbolisiert einen Brückenpfeiler oder es wird in der Umgangssprache auch ‹Felsen› genannt. Der muss möglichst knapp und ohne Berührung in einem Winkel von 45 Grad umfahren werden. Unmittelbar danach folgt eine punktgenaue Landung am Ufer», erläutert Notz den Zweck der Baute. Die Kunst des Steuermanns ist es, mit viel Erfahrung, Können und Fingerspitzengefühl Wind, Strömung und Widerwasser in sein Fahrverhalten einzukalkulieren. Das Militär stellt den Pontonieren die Boote für ihre ausserdienstliche Sporttätigkeit zur Verfügung. Das Milizsystem profitiert andererseits wiederum vom Know-how der Pontoniere, die sich in den militärischen Reihen befinden, so war Notz ehemals Offizier bei der Genietruppe für Schwimmbrücken. «Deshalb geht es zwischen Militär und Pontonieren Hand in Hand», bekräftigt Notz, der OK-Chef ist für die nächste Schweizermeisterschaft 2022 für rund 300 Jungpontoniere und für das Einzelwettfahren für 40 Sektionen mit 600 Wettkämpfern. Für diesen Anlass wird schliesslich der neue Pfeiler gebraucht.

Militär im Einsatz
Der bisherige wurde für die Schweizermeisterschaft der Pontoniere 2013 aufgestellt und ist inzwischen ziemlich morsch geworden. «Wir sind glücklich, dass der Abbau und das Aufstellen so unkompliziert abläuft», sagt Raphael Oberle, Präsident des 1881 gegründeten Pontonierfahrvereins, der rund 30 Aktive und ein Dutzend Jungpontoniere zählt und in den letzten 20 Jahren unter den erfolgreichsten Schweizer Fahrvereinen agiert. Die angeforderte Unterstützung diente Adjutant Alain Kohler, Berufsmilitär und Fachspezialist Wasser, der im Waffenplatzkommando Bremgarten stationiert ist, als Übungszweck. Die Vorbereitungen hatte er mit dem Sissler Pontonierfahrchef Raphael Bischof getroffen. 25 Durchdiener eines Geniezuges des Katastrophenhilfe-Bereitschaftsbattaillons unter der Einsatzleitung von Zugführer Samuel Keller hatten letzte Woche die Planungs- und Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen und schritten nun am engen Rheinuferweg zur Tat. Am Montag erfolgten die Installation des Bauplatzes und die Entkleidung des bestehenden Bauwerks, das bislang als gleichschenkliges Dreieck – auch bei Hochwasser – der Strömung stabil getrotzt hatte. Gleichentags folgte der Abbau der drei Pfeiler. Dazu stand am Ufer eine Forstmaschine, welche jeweils die mit Stahlseilen umwickelten Pfeiler durch gefühlsvolles Ruckeln im Rheinbett sukzessive lockerte und schliesslich rausziehen konnte.

Pfeiler mit neuem Design gesetzt
Die zugespitzten neuen und 14 Meter langen Fichtenstämme wurden mit dem aufgesetzten Rammgerät lautstark und sukzessive für zwei Meter in das vier Meter unter dem Wasserniveau liegende Rheinbett getrieben. «Je nach Bodenbeschaffung rammen wir mit 10 bis 40 Schlägen und mit bis zu einer Tonne Schlagkraft», sagt Keller. Schneller als geplant waren die Pfeiler bereits am Dienstagabend gesetzt und bis Ende Woche werden sie eingekleidet sein. Als gesicherte Arbeitsfläche im zügigen Fluss diente die aufklappbare sechsteilige Schwimmplattform aus Aluminium. Die kräftige Strömung, das eiskalte, nasse Wetter, die verlangte Präzision und die Zusammenarbeit wie auch die Kommunikation im Team, das sich aus drei Sprachregionen zusammensetzt, waren eine Herausforderung. Die Spezialisten meisterten dies alles mit Bravour. «Alle drei Pfähle in Serie hintereinander, das gibt ein anderes Strömungsverhalten und eine neue Wettkampferfahrung», begründet Notz das neue Design. Ihr fahrtechnisches Können auf dem Rheinparcours um den neuen Sissler Brückenpfeiler werden viele Pontoniere schliesslich in einem grossen Fest im August 2022 unter Beweis stellen.


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