«Ich will den Beruf des Ofenbauers am Leben erhalten»

  08.02.2021 Wallbach

Simon Kaufmanns Herz brennt für ein «verlöschendes» Handwerk

Trotz dramatisch sinkender Lehrlingszahlen sieht Simon Kaufmann, 23, diverse Zukunftschancen für seine Zunft der Ofenbauer. Von heimeliger Wärme, Romantik und Liebhaberei über geringere Stromkosten und Klimapolitik bis hin zu modernsten Kombinationen mit anderen Geräten reichen seine Argumente.

Birke Luu

Auf einer privaten Baustelle in Wallbach herrscht derzeit viel Trubel, mehrere Gewerbe tummeln sich. Mit von der Partie ist Simon Kaufmann, seines Zeichens Ofenbauer mit Zusatzausbildung zum Plattenleger. Für den Laien vielleicht eine unvermutete Kombination, doch Simon Kaufmann erklärt: «Das war früher ein Doppelberuf, da beides mit Keramik und Naturstein zu tun hat und gleiche Arbeiten wie Verputzen, Mauern und Verkleiden ausgeführt werden.» Hingegen dürfe man nicht Ofenkacheln mit Platten gleichsetzen, dies seien komplett unterschiedliche Dinge. Selbstbewusst, freundlich und voller Sachkenntnis stellt sich der junge Handwerker den Zeitungsfragen. Sein überzeugendes Auftreten hat der erst 23-Jährige wohl in den diversen Dorfvereinen und Organisationskomitees erworben, wo der Wallbacher häufig anzutreffen ist.

Der Beruf des Ofenbauers liegt in Simon Kaufmanns Familie. Sein Vater gründete den Wallbacher Betrieb, in dem der Sohn schon als Jugendlicher in den Ferien mitarbeitete. 2017 schloss er seine Ausbildung ab und seitdem arbeitet er mit drei anderen Ofenbauern an «spannenden Projekten».

Individualität statt Routine
«Jede Anlage ist anders, die Kunden und ihre Wünsche sind sehr unterschiedlich.» Routine käme da nicht auf. Traditionell stamme der Beruf des Hafners, so die alte Bezeichnung, vom Kachelofen-Bau ab. Diese Ofen-Art sei heute sehr selten geworden, da nicht mehr so «in» und relativ teuer. Dennoch sei das heikle Setzen der handgefertigten Kacheln immer noch die Königsdisziplin dieses Berufs. «Die teuren Kacheln ohne Fugen perfekt aneinanderzupassen ist das Schwierigste und braucht viel Feingespür», schwärmt Simon Kaufmann. Folgerichtig war der Bau solch eines grossen, runden Kachelofens mit Kuppel, Simsen und Handbemalung sein bislang beeindruckendstes Projekt: «Da habe ich den Ofenbauer in mir so richtig rausgespürt.»

Weiterverbreitet als Kachelöfen seien heute jedoch Cheminées. Diese enthielten als Brennraum Einsätze in verschiedenen Ausführungen und Grössen, die den Ofenbauern fertig geliefert werden. Die Hafnerarbeiten konzentrieren sich damit auf die Gestaltung des Äusseren: rund, eckig, gemauert oder mit Nischen. Modern sei derzeit die Cheminée-Gestaltung als Raumteiler in Wohn-Esszimmern.

«Im Trend sind auch Schwedenöfen, sie werden fertig vom Hersteller geliefert und wir schliessen sie bei den Kunden dann fachgerecht an.» In kleinen Wohnungen mit guten Energiewerten würden diese Kaminöfen ihren Zweck erfüllen, meint der junge Fachmann.

Von Ästheten bis zu Funktionalisten
«Wir haben Kunden aus allen Gesellschaftsbereichen, die sich aus individuellen Gründen einen Ofen oder ein Cheminée von uns wünschen», erzählt Simon Kaufmann. Die grosse Spannweite reiche von Ästheten über Funktionalisten und Menschen, die von einer Holzheizung überzeugt seien, bis hin zu jenen, die das Cheminée als Statussymbol betrachteten.

Die Kunden würden generell das gemütliche Ambiente und den wohligen Charme eines sichtbaren Feuers sehr schätzen. Doch auch das Heizpotential ist für viele Käufer ein zentrales Thema. Eine beheizte Sitzbank, weniger Stromkosten und ja, auch die Klimapolitik spreche für Holz als nachwachsenden Brennstoff, argumentiert der angehende Ofenbauer-Meister engagiert. «Wenn die Kernkraftwerke abgeschaltet werden sollen, dann können nicht alle Haushalte mit Wärmepumpen, sprich Strom, heizen. In unseren Wäldern liegt viel ungenutztes Holz. Da sehe ich Chancen für unsere Zukunft.» Interessant sei in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass sich Kachelöfen und Cheminées mit anderen Dingen wie zum Beispiel einem Herd oder einer Wasserheizung (zur Wärmespeicherung) kombinieren liessen.

Und es gibt noch weitere Aspekte, die der junge Ofenbauer ins Feld führt – die gesunde Wärme beispielsweise. «Wenn man ein Haus mit nur einer Wärmequelle heizt, ist es nicht überall gleich warm. Dies stärkt das Immunsystem, da sich der Körper an die unterschiedlichen Temperaturen anpassen muss.» Weiterhin seien Kachelöfen für Liebhaber und Kunsthistoriker von Bedeutung. Da früher jeder Ofenbauer eigene Kacheln mit eigenen Designs hergestellt hätte, seien viele alte Öfen heute denkmalgeschützt. Sein Vater habe daher einige alte Kachelöfen abgebaut und gelagert. «Diese alten Kacheln kann man sogar in ein neues, modernes Projekt integrieren. Upcycling also statt nur Recycling», lacht Simon Kaufmann, wie auf dem Bild zu sehen ist.

Das Feuer schüren
Guten Nachwuchs zu finden, ist wohl in allen Firmen ein Thema. Bei den Ofenbauern jedoch malt Simon Kaufmann, der in ein paar Jahren den elterlichen Betrieb übernehmen möchte, ein sehr trübes Bild. «Die Lehrlingszahlen nehmen dramatisch ab, derzeit sind es schweizweit nur zirka zehn Lehrlinge pro Jahrgang.» Dies wirke sich auch direkt bei ihnen im Betrieb auf die Lehrlingssuche aus, zudem verzögere es seinen eigenen Meister-Abschluss. «Für meinen nächsten Kurs auf dem Weg zum Meister haben sich nur drei Teilnehmer angemeldet, so dass er abgesagt wurde.» Die Ausbildung zum Ofenbaufachmann und die Unternehmerschule seien bereits abgeschlossen, so dass der Weg für die Meisterprüfung freistehen würde. Für Simon Kaufmann ist das kein hinnehmbarer Zustand. Er möchte den elterlichen Betrieb übernehmen und ihn mit Leidenschaft erfolgreich weiterführen. Dafür brennt er, hat eine Zukunftsvision. «Ich möchte einerseits mehr Lehrlinge motivieren können und anderseits die gemeinsame Ausbildung mit den Plattenlegern stärken, damit der Beruf des Ofenbauers erhalten bleibt.» Über 100 Jahre würden ihre Öfen schliesslich halten, um diese müsse man sich auch in Zukunft noch kümmern. Doch genug geredet, das aktuelle Wallbacher Projekt verlangt Simon Kaufmanns Aufmerksamkeit. Und dieses Projekt ist, wohlgemerkt, ein echter Kachelofen, der aus alten Kacheln neugestaltet wird.


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