Rechts-Ratgeber

  03.12.2020 Ratgeber

Einkauf von 60 000 Franken in die Pensionskasse löst sich in Luft auf

Der 50-jährige Herr W. erhält eine Erbschaft über 100 000 Franken. Mit einem Teil davon, 40 000 Franken, wollen er und seine Ehefrau ihr Eigenheim sanieren. Auf Anraten eines Bekannten, der sich in Steuersachen auskennt, beschliesst das Ehepaar zudem, mit den restlichen 60 000 Franken einen Einkauf in Herrn W.’s Pensionskasse vorzunehmen – gestaffelt über die kommenden drei Jahre à je 20 000 Franken. Einerseits möchte sich Herr W. damit seinen Wunsch nach einer vorzeitigen Pensionierung erfüllen. Andererseits kann er mit diesen Einkäufen seine Steuern optimieren, da jeder dieser drei Einkäufe im jeweiligen Jahr steuerlich abzugsfähig ist, was in der Regel zu erheblichen Steuereinsparungen führt.

Mit 55 Jahren stirbt Herr W. völlig unerwartet. Seine Witwe wendet sich an die Pensionskasse ihres verstorbenen Gatten, um ihre Ehegattenrente (Witwenrente) zu beanspruchen. Zudem verlangt sie die Auszahlung/Rückzahlung der getätigten Einkäufe im Total von 60 000 Franken plus Zins gemäss Vorsorgereglement.

Die Pensionskasse gewährt die Witwenrente, lehnt jedoch weitere Ansprüche ab, mit der Begründung, dass ein Todesfallkapital im Reglement der Pensionskasse nicht vorgesehen sei, ebenso wenig wie eine Rückzahlung der Einkäufe. Auch verweigert die Pensionskasse – ebenfalls mit Verweis auf das Reglement – die Rückzahlung jenes Betrages, welcher die zur Finanzierung der Ehegattenrente nicht benötigte Summe übersteigt. Und damit handelt diese Pensionskasse absolut korrekt. Von Gesetzes wegen (Bundesgesetz über die berufliche Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenvorsorge, kurz: BVG) schuldet keine Pensionskasse ein Todesfallkapital und es besteht auch keine Verpflichtung der Pensionskassen, Einkäufe zurückzuzahlen, wenn ein Versicherter stirbt. Auf freiwilliger Basis können Pensionskassen ein Todesfallkapital oder die Rückzahlung von Einkäufen in ihren Vorsorgereglementen vorsehen (sogenannte überobligatorische Leistungen, da diese über die vom Gesetz vorgeschriebenen Minimalleistungen hinausgehen).

Die Pensionskasse verwendet die nicht zurückbezahlten Einkäufe von Herrn W. (im Fachjargon Mutationsgewinn genannt) zur Finanzierung anderer Leistungen. So hat diese Pensionskasse u.U. tiefere Risikobeiträge (für die Absicherung des Invaliditätsund Todesfalls), als eine andere Pensionskasse, welche eine Rückzahlung von Einkäufen an die Hinterbliebenen vorsieht.

Dieser nicht seltene Fall zeigt, dass eine umfassende Beratung unter Einbezug aller Aspekte (in diesem Fall nicht nur des steuerlichen) wichtig ist, um böse Überraschungen zu vermeiden. Hätte Herr W. um sein Schicksal gewusst, hätte er wohl unter dem auf ihn anwendbaren Pensionskassenreglement keine Einkäufe getätigt. Hätte sich Herr W. korrekt beraten lassen, wäre sich das Ehepaar zumindest des Risikos bewusst gewesen oder besser, Herr W. hätte sich resp. seine Frau mit einer Todesfallrisikoversicherung abgesichert.

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