tierisch mitgehört(h)

  17.11.2020 Kolumne

Geliebter Kratzbürstiger

Susanne Hörth

Ich war noch klein, Chou-Chou dafür umso grösser. Meine Grosseltern mochten mich wirklich gerne. Ich glaube aber, Grosspapa liebte Chou-Chou noch viel mehr als mich. Vielleicht weil Chou-Chou wunderschöne, flauschigseidene und schneeweise Haare hatte. Meines hingegen war braun und voller störrischer Kruselis. Chou-Chou bekam immer nur das Feinste vom Besten, direkt vom Metzger geholt und in mundgerechte Stücklis geschnitten. Ich bekam auch Feines, aber erst, wenn Grosspapa Chou-Chou bedient hatte. Und wehe, ich wollte über das seidenweiche, schneeweise Haar von Chou-Chou streicheln. Das tat gleich doppelt weh. Grosspapa signalisierte mit einem, zugegeben nicht wirklich schmerzvollen Klaps auf meine Hand, dass ich das lassen soll. Und Chou-Chou, und das tat mächtig weh, fauchte und fuhr seine Krallen aus. Heulte ich dann angesichts der Kratzer auf meiner Hand laut auf, war auch meine Grossmutter schnell zur Stelle. Mit Blick auf den riesigen Angora-Kater, der sich schnurrend auf dem frisch gemachten Bett zusammengerollt hatte und sie mit treuherzigen Augen anschmachtete, tröstete sie: «Ist doch alles halb so schlimm. Schlaf jetzt noch ein bisschen. Bald gibt es was Feines zum Essen.» Sie sprach mit Chou-Chou.


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