Stefan Tschudi folgte in seinem Leben oftmals der inneren Berufung

  28.11.2020 Laufenburg, Persönlich

Eigentlich hätte Stefan Tschudi anfangs November in Laufenburg seine Heimatprimiz feiern wollen. Das Corona-Virus verhinderte dies und die Feier musste verschoben werden.

Dieter Deiss

Am 30. September dieses Jahres wurde Stefan Tschudi in der Solothurner St. Ursen-Kathedrale von Bischof Felix Gmür zum Priester geweiht. Auf der Homepage des Bistums Basel ist in einem Bericht über die Priesterweihe zu lesen: «Stefan Tschudis Weg zum Priesteramt schien unvorhersehbar.» Tatsächlich ist denn auch sein Werdegang bis hin zum Priester nicht gerade alltäglich. Dass ein 68-Jähriger die Priesterweihe empfängt, dürfte doch eher ungewöhnlich sein.

Der Ruf zum Diakon
Nicht ungewöhnlich ist dies freilich für Stefan Tschudi. Nachdem er während 18 Jahren als Diakon im Dienste der Kirche gestanden sei, habe er nach dem Tod seiner Frau den Ruf verspürt, Priester zu werden. «Dieser Ruf zum Priester war für mich selber sehr eindrücklich», führt er dazu aus. «Ich prüfte diesen neuen Weg und wurde im Entscheidungsprozess auch von Dritten unterstützt. «Letztlich liess ich mich von meinem Innern leiten und fand Hilfe im Gebet.» Die Frage, ob dies der Wille Gottes sei, konnte er mit einem klaren Ja beantworten. Auch Bischof Felix Gmür zeigte sich bereit, ihn zu weihen. Da er über ein abgeschlossenes Theologiestudium verfügte, war der Schritt zum Priester relativ einfach, benötigte er doch für die Priesterweihe lediglich noch die praktische Hinführung zu den Sakramenten der Eucharistie, der Versöhnung und er Krankensalbung.

Stefan Tschudi studierte Naturwissenschaften und unterrichtete viele Jahre Biologie und Chemie an der Kantonsschule Sursee. Auf einer Wallfahrt nach Agypten und Israel sei bei ihm anlässlich eines Gottesdienstes in der Wüste unverhofft der Ruf zum Diakon dagewesen. «Was ist überhaupt ein Diakon, welche Aufgaben hat er?» musste er zunächst abklären, denn er hatte damals von diesem Amt keine grosse Ahnung. Es standen ihm zwei Jahre nebenberuf liches Studium und zwei Jahre Vollzeitstudium bevor. Das Einverständnis seiner Frau zu diesem Weg sei für ihn unabdingbar gewesen, betont er.

Türen haben sich geöffnet
Mit einem eindeutigen Nein beantwortet denn auch Stefan Tschudi die Frage, ob es Mut brauche für diesen Schritt. Immerhin hatte er damals nebst seiner Frau auch für vier Kinder zu sorgen, ein fünftes kam dann später noch hinzu. Mit wirtschaftlichen Einschränkungen musste gerechnet werden. Während seiner vierjährigen Ausbildungszeit hätten sich stets wieder Türen geöffnet, welche für ihn und seine Familie hilfreich waren. Das «Sorget euch nicht» hatte er in dieser Zeit eindrücklich erfahren.

Von Seiten seines Kollegiums an der Schule kam etwa die Bemerkung: «Was willst du jetzt eine neue Ausbildung mit den damit verbundenen Risiken beginnen. Du bist ja glücklich in deinem Beruf als Lehrer.» Tatsächlich habe er seine Lehrtätigkeit sehr geliebt, trotzdem habe er Ja gesagt zum Diakon und blieb dieser Aufgabe treu. Die Berufung spielte im Leben Tschudis stets eine wichtige Rolle. Dazu meint er: «Die Menschen sollten grundsätzlich mehr auf ihre innere Stimme hören und dieser vertrauen.»

Während 18 Jahren arbeitete er als Diakon, zuletzt im Pastoralraum Oberer Sempachersee in der Pfarrei Neuenkirch. Auf die Hierarchie in der Kirche angesprochen, wo der Diakon hinter dem Priester steht, meinte Tschudi, dass er einen entspannten Umgang mit der Hierarchie habe. Dieses vermeintliche Zurückstehen habe durchaus auch Vorteile, indem man beispielsweise weniger Verantwortung übernehmen müsse. «Es war mir stets wohl als Diakon. Ich fühlte mich auch nie zurückgesetzt und genoss zudem die Freiheiten, nicht für Alles und Jedes in der Pfarrei verantwortlich zu sein.» Oft hörte ich von Gläubigen die Bemerkung: «Man spürt, dass ihr beide miteinander feiert!» Er habe denn auch während seiner ganzen Zeit als Diakon nie den Wunsch gehabt, Priester zu werden.

Wer ist Niklaus Wolf?
Vor drei Jahren wurde Stefan Tschudi pensioniert. Erkundigt man sich auf der Homepage der Kirchgemeinde Neuenkirch, wird er aktuell aufgeführt als «Vizepostulator Niklaus Wolf». Eine für Aussenstehende doch eher ungewöhnliche Bezeichnung. Dieser Niklaus Wolf wurde 1756 geboren und lebte auf dem Hof Rippertschwand, einem kleinen Weiler ausserhalb von Neuenkirch. Nachdem dieser in jungen Jahren politisch tätig war, zog er sich später zurück und widmete sich fortan seinem Glauben und insbesondere dem Gebet. Bekannt wurde er durch sein Charisma der Heilung und die damit verbundenen Wunder. Niklaus Wolf von Rippertschwand, oder kurz Vater Wolf genannt, verstarb 1832 und ist in der Wallfahrtskapellen unterhalb der Dorfkirche von Neuenkirch begraben.

Im Moment läuft der Prozess für die Seligsprechung durch den Papst. Hier spielt jetzt Vizepostulator Stefan Tschudi eine wichtige Rolle als Bindeglied zu den zuständigen Stellen in Rom. Die Seligsprechung sei ein kompliziertes Verfahren, so weise allein die Dokumentation über Niklaus Wolf rund 1000 Seiten auf, erzählt Tschudi, der übrigens überzeugt ist, dass das eingereichte Wunder die Voraussetzungen für eine Seligsprechung erfüllt. Niklaus Wolf bedeutet Stefan Tschudi sehr viel. Insbesondere während seiner Zeit als Diakon in Neuenkirch habe er sich mit dessen Leben und dessen Wirken intensiv auseinandergesetzt. Nebst der Aufgabe als Vizepostulator übt er auch die Betreuung von Wallfahrtsgruppen aus und organisierte Anlässe im Zusammenhang mit Vater Wolf.

Von jung auf mit der Kirche verbunden
Stefan Tschudi freut sich auf seine Heimatprimiz, die jetzt auf Sonntag, 2. Mai 2021, verschoben wurde. In Laufenburg ist er als Sohn von Alice und Oskar Tschudi aufgewachsen. Hier war sein Vater bis zu seiner Pensionierung Lehrer an der Primarschule. Die Beziehungen des neuen Priesters zu Laufenburg beschränken sich heute in erster Linie auf die Teilnahme an Jahrzeitmessen für seine Eltern und den Besuch deren Gräber auf dem Laufenburger Friedhof. Allerdings war Tschudi während seiner Jugendzeit bereits stark mit der katholischen Kirche verbunden, sei dies als Ministrant oder später als Lektor in den Gottesdiensten. Aktives Mitglied war er zudem in der damaligen Jungwacht Laufenburg, wo er später auch Verantwortung als Gruppenleiter und Scharleiter übernahm und einige Zeit gar Mitglied der Kreisleitung war.

Seit kurzem lebt Stefan Tschudi im Stift Beromünster, wo er demnächst auf Vorschlag des Bischofs und mittels Bestätigung durch den Regierungsrat des Kantons Luzern als Chorherr aufgenommen wird. Die aktuell sieben Chorherren und der Kaplan feiern täglich im Stift gemeinsam die Eucharistie und das Chorgebet. Sämtliche Chorherren sind pensionierte Priester und übernehmen in der Region auch seelsorgerische Aufgaben.


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